Zitat:
Zitat von Erich Kykal
Hi Romantiker!
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Zum Gedicht: Auch ich bin Katzenfan! Vier Gräber musste ich schon ausheben, aber sie wurden alle alt, mein Ältester sogar 22, die andern 19 und zweimal 17 Jahre! Zur Zeit hält mich Katerchen Mischa auf Trab, er ist heuer 3 ...
Zum von Koko erwähnten Umstand des "Steifen" - das entsteht durch die Brüche in der Sprache.
Diese wiederum entstehen durch Verkürzungen ("Aug"), harte Wortenden, Bindestrich- oder Kommapausen, kurze Vokale bei vielen Konsonanten, davon wiederum viele Verschluss- oder Zischlaute ("stolze").
Weiche lyrische Sprache beachtet nicht nur den zu transportierenden Inhalt, sondern auch die glatt fließende Sprachmelodie und den Wortklang.
Hier ist der obstruktive Aufwand beim Sprechen ein guter Gradmesser: Je mehr "Zungenakrobatik" und allgemeine Bewegung im Mundraum erforderlich ist, um eine Satzmelodie zu artikulieren, desto "härter" klingt diese dann im Vortrag.
Wichtig sind also die Vermeidung von Konsonantenprall zwischen Worten, besonders hart klingenden Worten, Brüchen oder Pausen sowie Konsonatenhäufungen und zu vielen "schrillen" Vokalen wie "i" oder (weniger) "e".
Zu suchen sind "weiche" Wortverbindungen, welche die Sprache fließen lassen, sowie "dunkle" (und wenn möglich lange) Vokale wie "a,o,u".
Du hast hier in S1 wirklich viel von allem verwendet, was ich oben unter "zu vermeiden" aufzählte, daher handelt dein Inhalt zwar von diesen geschmeidigen, weichen Tieren, aber die Satzmelodie holpert ob der Einschübe und Bindestriche, und der Wortklang ist hart ob der kurzen Worte wie der kurzen Vokale darin. Darum passt die Sprachmelodie hier nicht zum kolpertierten Thema, und diese Diskrepanz fällt dem sensiblen Leser auf.
In S2 ist es nicht so deutlich, aber auch hier haben wir grundsätzlich dasselbe Symptom: Die abgesetzte, zwar klar artikulierte, aber eben harte Satzkonstruktion. Hier sind es vor allem der Einschub in Z1 und das "zu sein" in Z4.
Auch die durchweg männlichen Kadenzen an den Versenden ("harte" Endung auf betonter Silbe) machen das Werk zusätzlich "steif".
Weich verhaftet im Entrückten
schaut dein Auge jenes Wesen,
will mit durch den Blick verzückten
Sinnen seine Tage lesen.
Bis dich, plötzlich wendend, starr,
seine Augen, sonderbar
treffen wie ein Sternenstrahl,
dem ein Gott sich anbefahl.
LG, eKy
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Danke Erich, für Deine umfassende Betrachtung zu den Versen. - Es ist so, dass ich dichte wie es mir "eingegeben" wird: Deine Analyse suggeriert, dass Dichtung ein Handwerk sei, jedoch trifft das nur zum Teil zu. - Grundmechanismen sind natürlich zu beachten, dennoch sehe ich z.B. metrische Vorgaben nicht als ein korsettähnlich imperatives Konstrukt an. - Ich bin für Freihei, auch beim rhythmischen Dichten. - Der Maler Renoir sagte einmal:
“Ich habe mein ganzes Leben versucht, zu malen wie ein Kind – ohne etwas zu wissen und ohne zu denken.”
Das meint eben, was wirkliche Kunst ausmacht: aus der Apperzeption ( im Stadium der sinnlichen Wahrnehmung ) heraus zu schöpfen und jenes, was auftaucht, möglichst verlustfrei in das Werk zu füllen. - Das Herz ist quasi der Ingenieur, während der Verstand lediglich sein Hilfsarbeiter ist.
Und so ist auch "Die Katze": ehrlich und ursprünglich, nicht durch dengeln und
stutzen verfälscht, sondern eben Kunst, die sich niemals rechtfertigen muss.
Ergänzend noch ein paar Worte von John Keats:
Sicher bin ich mir nur der Heiligkeit der Neigungen des Herzens und der
Wahrheit der Imagination. Was die Imagination als Schönheit ergreift,
das muß Wahrheit sein, ob es zuvor existiert hat oder nicht, denn ich
habe von allen unseren Leidenschaften dieselbe Auffassung wie von der
Liebe; durch ihre Sublimierung bringen sie die Essenz der Schönheit
hervor...Die Imagination kann man mit Adams Traum vergleichen, er
erwachte und erkannte sie als Wahrheit. Ich lasse mich um so weniger von
dieser Sache abbringen, als ich noch nie erfassen konnte, wie man irgend
etwas durch folgerndes Denken als Wahrheit erkennen kann, und doch muß
es das geben. Hätte wohl selbst der größte Philosoph jemals sein Ziel
erreichen können, ohne sich über mannigfache Einwände hinwegzusetzen?
Wie auch immer - oh, alles für ein Leben der Empfindungen statt der
Gedanken!
Herzliche Grüße, Holger