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#1 | |
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Slawische Seele
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber eKy,
beim Lesen dieses Gedichtes wird man ganz vereinnahmt. Man kennt das Café, hört das Lautgewirr der Dutzend Münder und erkennt vor allem den alten Mann. Feinst beobachtet, eingefangen und noch feiner verdichtet. Diese alten Männer und Frauen beobachte ich manchmal auch. Ihnen begegnet man nicht, man sieht sie nur. Es wäre falsches Mitgefühl, sie anzusprechen. (Hab ich einmal getan.) Es ist, als brauchten sie die Umgebung, aber nicht im Einzelnen. Man erschreckt sie durch "Ansprechen", bzw. unterbricht sie im stummen Ton. Zitat:
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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#2 |
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TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Dana!
"...man unterbricht sie im stummen Ton" - Wunderbar gesagt! ![]() Vielen Dank für deine lobenden Worte! Als Alleinlebender weiß ich darum: Manchmal wird die Stille der Isoaltion zu übermächtig, dann braucht man zumindest etwas Kulisse: Ein laufender Fernseher oder ein Radio - bloß um die klangliche Illusion von Gesellschaft zu haben. Für manche Alten im Café ist es genau dasselbe, bloß mit mehr Realitätsfaktor. Wenn du sie ansprichst, ist es für sie, als fange ihr Radio oder ihr Fernseher an, mit ihnen zu plaudern... ![]() ![]() Das ist natürlich überspitzt formuliert, aber ich denke, darauf läuft es hinaus. Natürlich muss man sagen, dass die meisten Senioren sich im Café treffen, um sich auszutauschen und zu schwatzen - nicht dass jetzt jemand denkt, die Rentner und Pensionisten wären mehrheitlich so weltfern! Oft wartet so einer auch bloß auf seine Verabredung, während er abwesend ins Leere starrt... ![]() LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
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#3 |
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Gast
Beiträge: n/a
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Das Gedicht läßt mich genau mitbeobachten, es ist so als wenn man einen Tisch daneben sitzt und auch einen Kaffee trinkt.
![]() Letztens war ich in einem Cafe, und es war kein Tisch mehr frei. Ich fragte eine ältere Frau, geschätztes Alter über 60, ob ich bei ihr sitzen darf. Sie sagte spontan ja, und damit stand für sie fest, das sie mich an ihrem innerem Monolog teil nehmen läßt. Sie redete laut vor sich hin, und erzählte von der gegenüberliegenden Bank. Sie sagte, die sei von Juden erbaut worden, dabei trank sie genüßlich Kaffee. Sie erwartete keine Antwort und ging einfach mit dem Thema weiter. Die Frau berichtete, dass ihr Mann auch Jude gewesen sei, er ist jetzt schon länger verstorben, und das er als Kind auf einem Bauernhof an der Nordseeküste versteckt gewesen war. dabei fütterte sie Krümelreste an die Spatzen. Ihr Gesicht war entspannt, und es schien, dass sie sich viele solcher Geschichten selbst erzählt. ![]() Dein Gedicht nimmt einen mit, ich habe gerne am anderen Tisch gesessen und mitbeobachtet, und bin gerne abgeschweift ![]() ![]() ![]() Liebe Grüße sy |
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#4 |
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TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Sy!
Danke für dein Lob und die interessante Geschichte - da hat wohl fast jeder die eine oder andere zu erzählen! Bei dir könnte man ja noch sagen: Selbst schuld, wenn du dich dazusetzt! Penetranter sind jene, die sich - mit oder ohne Anfrage - ZU DIR setzen und frei von der Leber weg zu plaudern beginnen, so als könnte man es gar nicht anders wollen oder erwarten! ![]() Auf dezente Hinweise oder Einsilbigkeit der Erwiderungen reagieren sie gar nicht erst! Ist mir echt mal bei so einer Type passiert: Ich nahm meine Tasse und ging demonstrativ an einen anderen Tisch - und was soll ich sagen: Der Mann nahm seine Tasse ebenfalls und folgte mir, um weitererzählen zu können! Er hatte nicht im Entferntesten gefolgert, dass mein Ortswechsel womöglich an ihm liegen könnte. Darauf angesprochen meinte er, er hätte gedacht, dass es mir am ersten Tisch vielleicht zuviel gezogen hätte oder so. Hat man noch Töne... - Nun, ich nahm es mit österreichischem Humor und vergönnte mir auch noch den Rest seiner Geschichte. Soviel Eifer musste belohnt werden!![]() LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
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