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Alt 27.01.2012, 13:10   #1
Chavali
ADäquat
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.009
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Hallo Faldi,
Zitat:
Bei einer freien Interpretation lese ich aber auch noch einige unausgesprochene Dinge zwischen den Zeilen.

Ich sehe eine Frau, die (u.a.) alte Liebesbriefe noch einmal anschaut und beschlossen hat, sie zu vernichten.
Warum?
Vernichten? Das lese ich aber gar nicht daraus.
Ich denke eher, sie ordnet. Wichtiges von Unwichtigem.
Herausgefordert vom Ausspruch der Ärztin: Ordnen Sie Ihre Angelegenheiten.
Vermutlich fragt sie sich, was sind Ihre Angelegenheiten?
Zitat:
Vielleicht sollte der Sohn nichts von dieser "Liebschaft" erfahren, weil diese nicht sein Vater war.
Das ist natürlich rein spekulativ, aber der Gedanke kam mir spontan beim Lesen.
Wenn ein Text zum Spekulieren (Nachdenken) anregt, dann hat ja der Verfasser alles richtig gemacht.
Der Bezug zum Sohn ist in dieser Phase nur entfernt wichtig - es geht bis dahin immer noch um ihre Angelegenheiten.
Dieses Wort lässt sie nicht los und dauernd kreisen ihre Gedanken darum, bis sie erkennt, was ihr wirklich wichtig ist.
Zitat:
Für das Glück des Kindes wäre es kein großer Preis, dieses Geheimnis mit ins Grab zu nehmen.
Das war ja auch ein Teil ihres Lebens und ihres Strebens, ihr ganz persönliches Schicksal.
Vielleicht eine zwischenzeitliche Liaison oder aber gar die wahre, die große Liebe.
Was mit den Papieren geschieht, sei mal dahin gestellt.
Vielleicht will sie auch einfach nur den ganzen Kram nicht dem Sohn oder wem auch immer hinterlassen...
Aber es ist vieles möglich.
Zitat:
Manchmal ist es besser, etwas nicht zu wissen.
Es schadet nicht
Stimmt. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. (Man lebte oft stressärmer )
Zitat:
Auf jeden Fall ist der Text sehr anrührend.
Danke, Faldi. Ein schönes Fazit, über das ich mich sehr freue!

Lieben Gruß,
Chavali







__________________
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© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

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Alt 27.01.2012, 16:42   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.947
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Hi Chavi,

ich will noch mal kurz war richtig stellen.

Natürlich war nirgendwo von "vernichten" die Rede.
Da habe ich mich ungeschickt ausgedrückt.
Setze es synonym mit "beiseite schaffen". Wie auch immer...

Noch etwas.
Nicht alles war reine Spekulation.
Ich bin z. B. auf "Sohn" gekommen, weil es im Text die "Kindergartenszene" gibt, wo von einem Jungen die Rede ist.

Den Bezug zu diesem Sohn habe ich eigentlich bei den abschließenden Zeilen, die ein kleines Fazit zu enthalten scheinen, gefunden (die hatte ich ja auch schon zitiert).

Es war von den wenigen Briefen die Rede, die er (hier als IHM, sogar groß geschrieben) ihr geschickt hat.
Und dann von einem Brief mit der Offenlegung der Triebfeder ihres Lebens.

Nach nochmaligem Lesen habe ich den Doppelpunkt entdeckt.
Diesen Brief hatte sie gar nicht IHM geschrieben, sondern in jenem Moment für ihre Nachwelt, stimmts?

Und ich hatte das zuerst anders verstanden und zwar sah ich einen alten Brief an IHN, den nicht näher definierten Mann.

Ok, das glaube ich jetzt richtig kapiert zu haben.

Aber du siehst, daß diese Stelle zu Missverständnissen im Text führen kann.


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 28.01.2012, 07:51   #3
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
Standard

hallo chavali,

auch wenn der text fiktiv ist, vermittelt er mir doch beim lesen eine unheheure authentizität und ausdrucksstärke.
man spürt die emotionale keule, die den ich-erzähler getroffen hat und weiß: ja- so oder so könnte es gewesen sein!

stünde ich selber vor dieser zu ordnenden schachtel, so wüsste ich wahrscheinlich nicht, was ich davon "entsorgen" oder "behalten" sollte.
(eine entschiedung, die man ja gemeinhin beim ordnen so trifft)
aber "behalten" -angesichts des todes: das ist eine glatte ironie!

wahrscheinlich würde ich es doch der nachwelt überlassen, was sie mit den sehr persönlichen dingen anstellen will.
kann sein, dass man zuletzt das bedürfnis hat, noch einmal alles zu erklären, um wenigstens posthum richtig verstanden zu werden.
ich zweifle mittlerweile, ob das auch möglich ist.

irgndwann mal hörte ich jemanden gescheiten sagen:

wahrscheinlich hat jeder mensch in sich so einen punkt oder wesenszug, wo er den anderen immer ein rätsel und geheimnis bleiben wird.

wie dem auch sei:
zumeist müssen die nach uns ordnen, was wir ihnen hinterlassen ( oder auch nicht hinterlassen) haben - damit ihr leben in ordnung kommt / bleibt!


liebe chavali, du hast einen sehr ehrlichen und berührenden text geschrieben - da stimmt einfach jedes wort! toll gemacht!


lg, larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.01.2012, 15:21   #4
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.009
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Hallo Faldi,
Zitat:
Nach nochmaligem Lesen habe ich den Doppelpunkt entdeckt.
Diesen Brief hatte sie gar nicht IHM geschrieben, sondern in jenem Moment für ihre Nachwelt, stimmts?
ja, so hätte ich die Aussagen des LyrI auch verstanden.
Zitat:
Aber du siehst, daß diese Stelle zu Missverständnissen im Text führen kann.
...aber nur, wenn man den Doppelpunkt nicht als solchen erkennt

Schön, dass du Unklarheiten geklärt hast. Freut mich.
So wird ein Text richtig verstanden. Danke dir!



Liebe larin,
Zitat:
auch wenn der text fiktiv ist, vermittelt er mir doch beim lesen eine unheheure authentizität und ausdrucksstärke.
man spürt die emotionale keule, die den ich-erzähler getroffen hat und weiß: ja- so oder so könnte es gewesen sein!
Das habe ich gehofft und bin sehr zufrieden über dein Verständnis und freue mich darüber.
Zitat:
wahrscheinlich würde ich es doch der nachwelt überlassen,
was sie mit den sehr persönlichen dingen anstellen will.
Ja, würde ich auch tun, zumindest bei den Dingen, wovon man weiß, dass es die Nachwelt nicht belastet.
Ich glaub schon, dass es dem LyrI unerträglich wäre, würden sich die Hinterbliebenen mit der Entsorgung quälen.
Zitat:
wahrscheinlich hat jeder mensch in sich so einen punkt oder wesenszug,
wo er den anderen immer ein rätsel und geheimnis bleiben wird.
Man kann oder möchte auch gar nicht alles enträtseln, glaube ich.
Zitat:
wie dem auch sei:
zumeist müssen die nach uns ordnen, was wir ihnen hinterlassen ( oder auch nicht hinterlassen) haben -
damit ihr leben in ordnung kommt / bleibt!
Das ist eine interessante Sichtweise. Du meinst, sie würden das Ordnen und Sichten brauchen, um abzuschließen?
Zitat:
du hast einen sehr ehrlichen und berührenden text geschrieben - da stimmt einfach jedes wort! toll gemacht!
Danke! Deine Einschätzung freut mich sehr.



Liebe Grüße an euch beide,
Chavali





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