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Alt 22.04.2011, 10:29   #1
Justin
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Hallo Faldi,

ich melde mich noch mal zurück mit einem interessanten Vergleich. Im letzten Kommentar schreibst Du über deine anregende Beschäftigung mit Goethes "Faust". Das scheint auf den ersten Blick eine schwer verdauliche Kost zu sein, die von den meisten gemieden wird. Aber ich verstehe es auch irgendwie. Denn Du wirst beim Dichten davon inspiriert und kleidest gewisse Wortschöpfungen in ein zeitgemäßes Gewand. Nicht nur Goethe hättest Du anführen können, sondern auch andere Klassiker. In diesem Sinne könnte man sagen: "Verachtet mir die Meister nicht".

Nun die andere Seite, die gestern in einem Zeitungsartikel offenbar wurde. Im Rahmen des Projektes "Zeitung in der Schule" hat sich unser Gymnasium bundesweit mit einer von ihr gestalteten Seite an die Spitze emporgearbeitet. Es werden Wettbewerbe ins Leben gerufen, umrahmt von entsprechenden Events. Ob das aber wirklich so förderlich ist, bleibe dahin gestellt. Es heißt dort u. a.: "Der deutschlandweit bei Poetry-Slams erfolgreiche Dominik Bartels will einer Klasse moderne Dichtkunst fern von Goethe und Schiller nahebringen". Das ist also eine klare Abkehr zu dem, was Du für hilfreich befindest. Den Schülern wird somit suggeriert, sich ganz anders zu orientieren. "Poetry-Slam" ist eine amerikanische Erfindung, und was von dort kommt, muß nicht immer nur bejubelt werden.

Ob Du von diesen Poetry-Slams so begeistert bist, halte ich für fraglich. Zumindest würdest Du nicht alles durchgehen lassen. Beim Lesen des Artikels habe ich sofort an Deinen Eintrag gedacht und der Vergleich hat sich geradezu aufgedrängt.

Liebe Grüße

Justin
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Alt 23.04.2011, 17:57   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Guten Abend Justin,

natürlich hätte ich noch andere Klassiker anführen können, doch warum sollte ich mich mit weniger zufrieden geben, als dem Besten?
Und das war nun mal Goethe...

Diese Poetry-Slams bereiten mir kein Kopfzerbrechen, weil sie einen anderen Zweck erfüllen und ein anderes Publikum anprechen.
Sie sind eine Modeerscheinung, wie übrigens die Musik auch.

Man kann sich durchaus für die eine oder andere Variante entscheiden, man kann auch beides praktizieren, keine Frage, ich bin jedoch ein Hardliner der gebundenen Metrik, weil sie in meinen Ohren am besten klingt und ich ganz einfach so am liebsten schreibe.
Und ich bin mir sicher, daß die klasische Lyrik alle Moden überstehen wird, genau wie die klassische Musik das bisher getan hat.

Es steht jedem frei, sich dem Neuen anzuschließen oder das Alte zu pflegen.
Es mag sein, nein, es ist wohl so, daß ich diesbezüglich erzkonservativ bin, zumindest was meine Texte angeht.
Nicht daß ich eine zeitgemäße Sprache ablehne, aber ich versuche dieser immer eine gebundene Form zu geben, wenn ich einen lyrischen Text verfasse.

Was den von dir angesprochenen Schülern suggeriert wird, bleibt letztlich egal, die Hauptsache ist doch, das jemand überhaupt dafür gewonnen wird.
Und derjenige, der sich wirklich für Lyrik interessiert, wird über kurz oder lang nicht an den klassischen Formen vorbei kommen.

Und wer weiß, vielleicht bleibt der ein oder andere ja auch hängen.
Das kann man nie wissen...


Liebe Grüße

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 24.04.2011, 00:23   #3
Justin
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Hallo Faldi,

Du kannst dich gut und gern "nur" an den Dichterfürst als Vorbild halten. Mit den Klassikern habe ich von einer Möglichkeit gesprochen, die hätte infrage kommen können. Was Deine Texte betrifft, gehst Du von einer erzkonservativen Haltung aus, öffnest Dich darüber hinaus aber auch der Avantgarde, kehrst dann aber am liebsten wieder zu den klassischen Ursrprüngen zurück.

Die Neigung, Texte so gut es geht, auf die Metrik hin auszureizen, hast Du zuletzt auch in unserer regen Diskussion bekannt. Im Gegensatz dazu sehen das fringilla/yoapharel (schwerer zu merken ) und ich weniger streng. Im Kompromiss erweist sich das trotzdem nicht als Bürde. Denn es geht uns hier um schöne Texte, die das eine wie andere nicht ausschließen und deshalb gegenseitige Zugeständnisse viel leichter machen. Ich möchte es mit einem Beispiel aus der Musik verdeutlichen: Es gibt Panflötisten, die beherrschen die Notensprache "gerade mal so", sind aber dennoch sehr musikalisch und geben Konzerte mit Profis. Von diesen Profis wäre es nun sehr vermessen, die Nase zu rümpfen, denn sie würden dann deren Musikalität verkennen, aus der sich ja immerhin noch eine viel bessere Notenkenntnis entwickeln könnte. So ähnlich verhält es sich, wenn wir über unser Thema reden.

Ich wußte, daß du gegen diese Poetry-Slams nicht gerade wettern würdest, die klassische Variante aber immer Dein Ideal bleibt. Wie Du richtig sagst, läßt sich die Klassik nicht durch Modeerscheinungen verdrängen. Aber ich denke, da müssen wir schon ein bißchen relativieren. Denn neben der Klassik gibt es ja - um es im Vergleich mit der Musik zu verdeutlichen, noch Schlager und den Jazz. Auch diese konnten und können sich behaupten. Als Modeerscheinung kommen eher diese Poetry-Slams infrage. Wie in der Musik ist es dann wohl so wie bei den ehemaligen Hootennanys, die eines Tages wieder in der Versenkung verschwanden und lediglich noch in der Statistik registriert werden. Und möglicherweise wird es früher oder später auch dem Karaoke-Singen so ergehen.

Ich möchte klarstellen, daß auch ich die Poetry-Slams nicht verteufele. Meiner Meinung nach wäre es aber besser gewesen, diese Richtung nicht einseitig zu propagieren. Wenn Schüler für die Lyrik gewonnen werden, ist das lobenswert, aber keiner weiß, ob später das angedachte Umdenken wirklich stattfindet...

Liebe Grüße

Justin

Geändert von Justin (24.04.2011 um 10:38 Uhr)
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Alt 24.04.2011, 19:02   #4
Falderwald
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Moin Justin,

daß mit "nur" Goethe war ein Spaß, den ich mir erlaubt habe.
Ich gebe zu, ich mag den "Faust", ja, er fasziniert mich, aber auch der "West-oestliche Divan" ist ein herausragendes lyrisches Werk.

Selbstverständlich könnte ich noch viele andere Dichter hier aufführen.
Hugo von Hofmannsthal, zumindest die Gedichte seiner Jugendzeit (später schrieb er ja fast ausschließlich Dramen), möchte ich stellvertretend hier nennen.
Schiller, Heine, Hesse, Storm, Fontane, C.F.Meyer, Roth, Novalis, Droste-Hülshoff, Gernhardt und viele mehr standen und stehen selbstverständlich auch auf meinem lyrischen "Speiseplan".
Das muss ich mir neben Kant, Schopenhauer und meiner täglichen wissenschaftlichen Lektüre einfach geben, zur Auflockerung sozusagen.

Ich habe, zugegebenermaßen, etwas Probleme mit den Texten von z. B. Ringelnatz, ich lese wirklich lieber gebundene Lyrik, metrisch korrekt und dadurch mit dem Reim auf den Punkt kommend. Das ergänzt sich meines Erachtens bestens und erzielt, zumindest auf mich, die schönste und erhebendste Wirkung.
Aber wie schon an anderer Stelle erwähnt, muss jeder Dichter für sich selbst entscheiden, welche Wege er geht. Das kann einem niemand vorschreiben.
Für mich bleibt es aber ein Fakt, daß Gedichte, die keine klare metrische Struktur aufweisen, nicht zur gebunden Lyrik gehören, weil ein nachvollziehbarer Rhythmus hier einfach fehlt.
Das erinnert mich an die klassische französische Lyrik, die ausschließlich auf Reime setzte und die Metrik dabei vollkommen außen vor ließ, bis die Franzosen dann merkten, daß es auch anders geht.
Mir ist, ehrlich gesagt, in einem lyrischen Text eine einheitliche Metrik ohne Reime lieber, als umgekehrt.
Ich kann das auch nicht begründen, vielleicht bin ich zu "mathematisch-logisch" angehaucht, es ist eben so.

Ich kann fast jeder Musikrichtung etwas abgewinnen, wenn sie denn "gut" (ich weiß nicht, wie ich das anders definieren soll) gemacht ist, doch an "Free Jazz" z.B. komme ich überhaupt nicht ran.
Das ist mir zu konfus, ich sehe keine klare Linie mehr im improvisierten Zusammenspiel der Musiker, es trifft mich nicht, es berührt mich nicht einmal.
Der später daraus aufkommende "Avantgarde Jazz" hingegen spricht mich schon wieder mehr an weil dort (außer in den freien Passagen) Rhythmus und Tempo wieder regelmäßige Strukturen aufweisen, also (für mich) nachvollziehbar sind.

Was die Basslinie (unterstützt vom Schlagzeug) in der Musik ist, ist die Metrik für mich in einem Gedicht.
Fehlt die regelmäßige Linie, so tue ich mich sehr schwer damit.
Ich will weder dem einen, noch dem anderen die Kunst absprechen, ich akzeptiere das und jeder soll auf seine Art glücklich werden, es gehört nur nicht zu meinen bevorzugten Stilrichtungen.

Was die Einseitigkeit angeht (von der ich mich ja auch nicht ganz freisprechen kann), so sage ich, daß dies jeder für sich selbst entscheiden muss.
Das gehört eben zur individuellen Weltanschauung, ist also vergleichbar mit dem Glauben, den ein Mensch "glaubt zu glauben", wobei ich persönlich dann Free Jazz noch allen Religionen (mit Ausnahme von Teilaspekten des Buddhismus') vorziehe.
Da würde ich mir lieber ein solches Konzert anhören, als die Hirngespinste und das dumme Geseiere in den Predigten aller Sorten von Pfaffen in irgendwelchen Tempeln und Kirchen aller möglichen Glaubensrichtungen.

Das aber ist wohl ein anderes Thema.


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Alt 26.04.2011, 14:10   #5
Justin
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Hallo Faldi,

Du hast dir die Mühe gemacht, den Reigen der Dichter und Schriftsteller aufzulisten, die Dir besonders nahestehen. Die ganze Abhandlung habe ich mit Freude gelesen. Unter den Auserwählten stehen auch bei mir einige der genannten Autoren im Bücherregal: Hesse, Storm, Fontane, Meyer und natürlich Gedichte von Goethe. Du bist viel zu belesen, um Dich nur mit dem Dichterfürsten zufrieden zu geben, doch diese besondere Vorliebe für ihn hat natürlich auch ihre guten Seiten.

Bei mir ist es nicht anders, daß ich mich am liebsten der gebundenen Lyrik hingebe. Ich lasse vielleicht kleine Abstriche an der Metrik gelten, wenn eine zurechtgelegte innere Melodie das zuläßt und man sich ein Gedicht sangbar vorstellen kann. Im großen und ganzen sollte aber der Rhythmus schon stimmen und nicht zu sehr durcheinanderpurzeln.

Du sprichst weiterhin vom Weltbild, das Du dir zurechtgelegt hast. Da verstehe ich Dich schon, wenn lediglich eine Teilannäherung an den Buddhismus erfolgt. Denn es ist die einzige Religion, die niemals Kriege geführt hat. Eine frei gewählte Musikrichtung ist noch vernünftiger, als sich mit vollendetem Pathos einer Religion unterzuordnen. Auch mir schlägt das Geseire, das von der Religion ausgeht, sehr aufs Gemüt. Damit konnte man sich die Welt schon immer so zurechtbiegen, wie man sie haben wollte. Sogar das schlimmste Leid von Menschen wird so auf eine unerträgliche Weise zerredet, weil wir ja alle in der Liebe des Herrn stehen und im Jenseits auch die Benachteiligten für das Ungemach auf Erden belohnt werden. In diesem Sinne erfolgt dieses Gerede, das mir sauer aufstößt und mit viel Zynismus durchmischt ist.

Ich komme noch mal auf die Poetry-Slams zurück, von denen ich Dir sagte, daß ich im Grunde genommen nichts dagegen einzuwenden habe. Diese Modeerscheinung wird wahrscheinlich aber nicht so langlebig sein wie die "Estrade", zumal sich dieser Begriff in der Vorstellungswelt besser halten konnte. Es ist eine Darbietungsform vor großem Publikum, wie sie vor allem von Jewgeni Jewtuschenko geschätzt wurde. Als bekannte Persönlichkeit konnte er sich das aber auch leisten. Bei den Poetry-Slams, die als Wettbewerb ausgetragen werden, läuft es anders. Und hier sehe ich durchaus auch Nachteile. Ganz ähnlich wie bei "DsdS" könnte letzten Endes der Phänotyp, die Art und Weise, wie man sich verkaufen kann, in der Bewertung mit ausschlaggebend sein. Und es ginge irgendwie nicht mit rechten Dingen zu.

Erst neulich hat eine Schreiberin der Vermutung widersprochen, wonach sie womöglich ihre Gedichte laut vor sich hersagt, und das Bekenntnis abgelegt, daß sie, ganz im Gegenteil, ihre Gedichte meist nur verinnerlicht. Ein namentlich nicht genannter Meister wurde zitiert, der das als größte Liebe zu den Gedichten bezeichnet hat. Und wie ich zugeben muß, ist das genau auch meine Anschauung...

Liebe Grüße

Justin

Geändert von Justin (26.04.2011 um 15:06 Uhr)
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