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#1 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi Thomas!
Deiner "Moderne" in der letzten Zeile fehlt ein "n". Viele Kluge Worte (originär von dir oder zitiert?), denen ich mich hauptinhaltlich anschließen kann. Nur über den Wert der "gottlosen, sinnlosen Leere" bin ich anderer Ansicht. Ich umarme diese, da ich sie für wertiger und eines gereifteren Verstandes würdiger erachte als das verzweifelte Glauben an selbsterdachte Götter oder Sinnkonstrukte, die ein schwaches Ego stützen, eine Gemeinschaft oder Kultur definieren sollen (Je größer der diesbezügliche Minderwertigkeitskomplex, desto fanatischer die Auswüchse solcher "Gottesdiener" - siehe beispielsweise die rigiden Regeln und das zugleich unterwürfige wie selbstgefällige Gottesdienertum des wahabitischen Islam). Keine Bedürftigkeit dafür mehr zu empfinden, halte ich sogar für die logische nächste Stufe der Evolution des menschlichen Geistes. Von daher ist es kein "Verlust", wie in deinem Text postuliert wird, wenn man ohne Gott und Seinsgrund selbstdefiniert leben kann, sondern eine Erweiterung der intellektuellen Möglichkeiten. Auch wahre Moral und ethisches Handeln werden nicht über starre Gesetze oder religiöse Regelwerke definiert, sondern erzieherisch über Vorbildfunktion vermittelt, zum Teil aber auch im jeweiligen Charakter mitgeformt durch Erlebnisse, Lebensumstände und emotionale Reifungsprozesse. Denkt man den Prozess logisch zu Ende, steht am Ende die Überwindung der geistigen Unselbstständigkeit, der Bedürftigkeit nach diviner Vater- und Leitfigur und beruhigende Sinnstiftung, für deren Akzeptanz man zumeist jede Menge Universum ignorieren oder verdrängen muss, damit es Sinn ergibt. Will sagen: Je mehr wir über alles lernen, desto unwahrscheinlicher erscheint die Existenz von Göttern und einem größeren Plan, der Sinn verleiht. Wer weiter glauben will, muss also das Lernen verweigern oder die Erkenntnisse ignorieren, um nicht mit der marginaler werdenden Wahrscheinlichkeit zu kollidieren. Ich glaube, der nächste Schritt sollte die Überwindung der Bedürftigkeit nach Göttern und Sinn sein. Eine solche Existenz erachte ich nicht als leer - sondern als befreit und bereit, sie selbstbetimmt mit allem zu füllen, was ich mir selbst an Sinn verleihe oder an Freude erlaube, ohne damit andere zu beschädigen oder zu unterwerfen. Als Beweis soll gelten, dass ich aus meiner angestrebten "Leere" heraus durchaus wertige Lyrik zu verfassen in der Lage bin. Frei von Gott und Sinn bedeutet ja nicht, damit zugleich frei von Meinung oder Moral zu sein. Sehr gern gelesen! ![]() LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (10.12.2019 um 01:54 Uhr) |
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#2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Lieber Erich,
es freut mich, dass du meine seltsamen Texte nicht nur liest, sondern sogar deine Meinung dazu sagst. Ganz stimmen wir nicht überein, aber ich verstehe, was du meinst, denn ich habe auch ähnlich gedacht. Mir wurde jedoch klar, dass der Verstand nicht für die universelle Erkenntnis ausreicht (er wird i.A. überschätzt) und der Begriff Vernunft bereist etwas enthält, was ursprünglich mit Gott ausgedrückt wurde, oder kosmischer Ordnung. Wie man es nennt, ist egal. Man kann sich meiner Meinung nach jedenfalls nicht mit dem Zufall als "Motor" der Evolution nicht erklären. Es muss eine Art Gesetzmäßigkeit, nicht Kausalität!, geben. Und die Metaphern unseres kreativen Denkens und Dichtens ist ein passendes Abbild dafür, denke ich. Liebe Grüße Thomas
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
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