Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Denkerklause

Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 29.12.2011, 11:25   #1
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard Die Raben sprechen: Es bleibe Finsternis!

.
Die Raben sprechen: Es bleibe Finsternis!

In einer Welt aus Finsternis und Eis
verschlingen Raben alle unsre Träume,
hier irren Seelen durch die leeren Räume
und jede Wärme fordert ihren Preis.

Habt Acht: Hier gibt es alte Seelenfresser,
sie schleifen und polieren ihre Messer.
Sie gehen auf die Jagd. Wir sind die Beute.

Wir blicken ihnen täglich ins Gesicht,
nicht einmal, sondern viele, viele Male,
ergeben folgen wir dem Ruf: „Bezahle
mit deiner Seele für das Jenseitslicht!“

Habt Acht: Hier lauern wahre Ungeheuer,
sie lächeln und kassieren Seelensteuer.
Sie sagen dir: Der Tod, er ist das Leben.

Von wehenden Gewändern, ganz in Schwarz,
tropft Menschenblut, das schon seit alten Zeiten
für sie vergossen wird, denn sie begleiten
den Krieg mit Augen, kalt und leer wie Quarz.

Habt Acht: Hier singen Raben ihre Lieder,
sie krächzen jede Freiheit einfach nieder.
Unstillbar ist der Hunger dieser Meute.

Gesegnet werden Bomben und Gewehre,
gepriesen sei der Herr von Schmerz und Not,
ergebt euch und vermehrt euch sei Gebot;
verhungert, liebe Kinder, sagt die Lehre.

Habt Acht: Sie wandeln über rote Fluten
und predigen vom Schönen und vom Guten.
Sie trinken Wein, um uns den Durst zu geben.

Es gibt den Sonnenschein und auch das Licht,
es gibt die Menschlichkeit, es gibt die Wahrheit,
das Auge der Vernunft verschafft euch Klarheit:
Die dunkle Hand beschützt das Leben nicht.

Denn Raben fressen Aas. Sie lieben nicht.
.
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.12.2011, 13:09   #2
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
Standard

toll! was für ein spannendes formales schema, stimme,

das den inhalt sehr lebendig macht, und dennoch immer wieder passagen abschließt und zusammenführt!

der umarmende reim der strophen mit vier zeilen im wechsel mit den dreizeilgen, eingeschobenen strophen, deren reim erst übergreifend wiederum im wechsel mit einer zweiten eingeschobenen dreizeiler-strophen-gruppe eintritt, macht die sache wirklich spannend zu lesen.

vor allem, weil es so metrisch einwandfrei geschrieben ist, dass man schon im voraus weiß, der reim muss kommen. ihn dann erst weit hinten zu finden, wo er trotz weiten abstandes wirkt, zeugt von der gekonnten sprache und metrik sowie strukturierung.

wir haben also als aufbau:

abba

ccd

effe

ggh

ijji

kkd

lmml

nnh

oppo

o


dass die reimzeilen h und d erst in so großen abständen ihre entsprechung finden, fällt während des lesens nicht auf. der reim wird sofort und als logisch erkannt. ganz toll gemacht find ich das.

auch der versuch, durch alliteration den text klanglich zusammenzuhalten, ist voll geglückt.

die gewählte hebungszahl und metrik der einzelnen verse passt zur kritischen betrachtung der schwarzroben-"raben" und ihrer "religion", die sie verbiegen, wie sie sie brauchen.

die letzte strophe samt schlussatz finde ich klanglich ein absolutes highlight und somit einen würdigen abschluss!!!

lediglich eine einzige zeile ist mir aufgefallen, da sie in formulierung oder setzung leicht missverständlich ist:
Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit Beitrag anzeigen
ergebt euch und vermehrt euch sei Gebot;
gemeint sind, wenn ich es recht verstehe, zwei gebote: "ergebt euch" spwie "vermehret euch". so, wie es da steht, bin ich aber versucht, das "vermehrt" als adjektiv zum "sein" des gebots zu lesen, im sinne von

"ergebt euch und euch sei vermehrt (=besonders stark) das Gebot zu verhungern, liebe Kinder..."

ich erkenne die zwei separaten gebote im aktuellen satzbau so nicht.

Zitat:
"ergebet und vermehrt euch" sei Gebot
vielleicht kann man es ja mit anführungszeichen verdeutlichen, dass hier zwei gebote gemeint sind. durch das "sei", das ja die einzahl andeutet, bin ich eben auf die falsche fährte gelockt worden.


oh. die gäste sind da. ich muss aufhören.

lieber gruß,

fee
fee ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.12.2011, 18:06   #3
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Vielen Dank, liebe fee:

Zitat:
toll! was für ein spannendes formales schema, stimme,

das den inhalt sehr lebendig macht, und dennoch immer wieder passagen abschließt und zusammenführt!
Du kennst das sicher auch, dass du eine "Ursprungsidee" im Kopf hast (ich dachte an ein Sonett) und dann kommt etwas anderes dabei heraus. Hier saß ich bei der zweiten Strophe vor einem Paarreim, der mir aber gefiel; dann dachte ich, gut, mal sehen - und ein bisschen länger wurde es dann auch ...
Das ist wieder eines der Gedichte, das sich beim "Schreiben" aus"formt". Auch, was den Inhalt betrifft. Ich nenne es für mich selbst "eines von den Gedichten, die sich selbstständig machen".

Zitat:
der umarmende reim der strophen mit vier zeilen im wechsel mit den dreizeilgen, eingeschobenen strophen, deren reim erst übergreifend wiederum im wechsel mit einer zweiten eingeschobenen dreizeiler-strophen-gruppe eintritt, macht die sache wirklich spannend zu lesen.

vor allem, weil es so metrisch einwandfrei geschrieben ist, dass man schon im voraus weiß, der reim muss kommen. ihn dann erst weit hinten zu finden, wo er trotz weiten abstandes wirkt, zeugt von der gekonnten sprache und metrik sowie strukturierung.
Es freut mich sehr, wenn das gelungen ist. Man könnte sagen, das Gedicht besteht (gewissermaßen) aus "halben Sonetten", und ich nahm ein weiteres Quartett als letzte Strophe, die auch eine Art "Antithese" ist. Abgesehen von den Terzetten, in denen ich zuerst zwei Waisen hatte, aber im dritten feststellte, dass sich der dritte Vers mit dem letzten Vers des ersten Terzetts reimt und daraufhin auch das zweite und vierte Terzett mit einem "terzettübergreifenden" Reim enden ließ. Ansonsten ist der Inhalt, wie es bei mir in solchen Fällen immer ist, "in die Form geflossen". (Das ist bei mir "teil-teils" so, in anderen Gedichten ergibt sich die Form aus dem Inhalt.) Der letzte, einzelne Vers war ein "Impuls", ganz spontan, ich hatte das Gefühl, da "fehlt noch etwas".

Die Reimstruktur hast du sehr gut erkannt, bis auf eine Kleinigkeit: In der antithetisch angelegten letzten Strophe führen die Endreime zurück, also das "Licht" zum "Jenseitslicht" im 2. Quartett. Das Reimschema am Ende des Gedichts ist also:

eppe
e

Ansonsten sehr gut erkannt. (Wusste ich's doch. )


Zitat:
dass die reimzeilen h und d erst in so großen abständen ihre entsprechung finden, fällt während des lesens nicht auf. der reim wird sofort und als logisch erkannt. ganz toll gemacht find ich das.
Das hängt mit mehreren Faktoren zusammen, zum Teil, weil es ein durchgängiger Rhythmus ist, zum Teil, weil ein Sonett ein "Klanggedicht" mit einer bestimmten "Melodie" ist (was auch hier zutrifft), und zum Teil, weil die letzten Verse in den Terzetten 1 und 2 starke Zäsuren besitzen und so der Rhythmus deutlicher empfunden wird. Außerdem enthalten dort alle Endreime den Vokal "e" und sie besitzen auch identische Anfangs- bzw. Binnenreime, die auch gleichzeitig als Repetitio (Wiederholung) dienen - das Wort "sie": Sie schleifen, sie gehen, sie lächeln, sie sagen, sie krächzen, sie wandeln, sie trinken - mit "Unterbrechung", das verhindert "Eintönigkeit". "Unstillbar" sowie "und predigen" sind ohne "Sie" (beginnen aber mit "un..."), und alle diese Verben enden mit "en". Wobei auch das Wort "hier" in den Terzetten gewollt wiederholt ist.

Das ist mit der Grund, warum ich schon mit Blankversen gearbeitet habe - über Reimstrukturen und deren Wirkung kann man viel lernen, wenn man sich darin übt, zu "reimen ohne zu reimen". Konsonanten, Vokale, rhetorische Stillmittel - so, wie in modernen Gedichten ebenfalls , hat alles seine "Wirkung". Da gibt es mehr "Gemeinsamkeiten", als häufig gedacht wird, sofern man mal die "Unterschiede" aus dem Fokus nimmt.

Zitat:
auch der versuch, durch alliteration den text klanglich zusammenzuhalten, ist voll geglückt.

die gewählte hebungszahl und metrik der einzelnen verse passt zur kritischen betrachtung der schwarzroben-"raben" und ihrer "religion", die sie verbiegen, wie sie sie brauchen.
Der fünfhebige Jambus ist ein sehr flexibles Versmaß, das sich gut für den "Transport" unterschiedlichster Inhalte eignet. Ich habe zwar schon ein lustiges Sonett geschrieben, aber im Nachhinein festgestellt, dass das so ziemlich das Einzige ist, wofür sich dieses Versmaß nicht "wirklich" gut eignet.

Ich arbeite sehr gerne mit Alliterationen, wobei es überhaupt nicht stimmt, wie ich schon öfters las, dass sie automatisch "heiter" wirken. Es kommt auf das "Maß" an, Übertreibung ist natürlich nicht das Wahre. Auch rhetorische Stilmittel haben klassische und moderne Dichtkunst "gemeinsam".

Ja, die "Raben". Weißt du, ich habe ein persönliches Problem mit Religionen und deren "Organisationen"; mit Hierarchien, Machtmissbrauch, Dogmen, emotionaler Erpressung, dem "Zuckerbrot und Peitsche-Prinzip" und deren "Machtinhabern" bzw. "(Stell)vertretern" - nicht mit dem Glauben des Einzelnen. Gegen solche "Herrschaftsstrukturen" ziehe ich durchaus mit meiner "Feder ins Feld" - dabei fließt kein Menschenblut.

Zitat:
die letzte strophe samt schlussatz finde ich klanglich ein absolutes highlight und somit einen würdigen abschluss!!!
Gewollte Wiederholungen besitzen eine "verstärkende" Wirkung und ja, sie unterstützen den Klang, du hast ein gutes "Lesegehör", mein Kompliment.

Hier handelt es sich um ein Stilmittel namens "Anapher": Es gibt ..., es gibt ..., es gibt ... . Die Vokale sind etwas, das selten Beachtung findet, aber auch sie üben, meist ganz "unbemerkt" eine starke Wirkung aus. In der letzten Strophe in den Versanfängen, in der Anapher und in den Endreimen sind es e und i, abgesehen von der Ausnahme "das Auge der Vernunft", das aber eine Antithese zu den "kalten, leeren Quarzaugen" im 3. Quartett darstellt. Ich ordne also durchaus die Form auch dem Inhalt "unter" und unterbreche hier das "Vokalisationsmuster".

Zitat:
lediglich eine einzige zeile ist mir aufgefallen, da sie in formulierung oder setzung leicht missverständlich ist:

Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit
ergebt euch und vermehrt euch sei Gebot;
gemeint sind, wenn ich es recht verstehe, zwei gebote: "ergebt euch" spwie "vermehret euch". so, wie es da steht, bin ich aber versucht, das "vermehrt" als adjektiv zum "sein" des gebots zu lesen, im sinne von

"ergebt euch und euch sei vermehrt (=besonders stark) das Gebot zu verhungern, liebe Kinder..."

ich erkenne die zwei separaten gebote im aktuellen satzbau so nicht.


Zitat:
"ergebet und vermehrt euch" sei Gebot
vielleicht kann man es ja mit anführungszeichen verdeutlichen, dass hier zwei gebote gemeint sind. durch das "sei", das ja die einzahl andeutet, bin ich eben auf die falsche fährte gelockt worden.
*Kopfkratz* Jetzt bringst du mich ins Grübeln, denn eigentlich hast du ja recht. Ich dachte, dass das Bindewort "und" genügt, um den Inhalt erkennbar zu "zweiteilen", also gewissermaßen jedes Gebot zu "separieren". Ich dachte mir das so:

ergebt euch [...], sei Gebot; (als ein Gebot)
vermehrt euch, sei Gebot; (als ein Gebot)

"verbunden und getrennt" durch das "und", das ja auch (theoretisch) durch ein Komma "ersetzt" werden kann - was hier natürlich das Versmaß nicht zulässt. Ich wollte das "Gebot" als Endreim. Wobei ich auch wieder etwas "gegenüberstellte und rückführte", denn im 2. Quartett ist "ergeben" eher im Sinn von "resignieren" gedacht, während "ergebt euch" hier eher in Richtung "Drohung" impliziert ist. Das jetzt zu ändern, stellt mich vor ein echtes Problem ...

Aber wenn der "Einzelbezug" nicht ersichtlich ist, muss ich darüber noch einmal gründlich nachdenken. Im Moment stehe ich da nämlich "auf dem Schlauch", denn ich muss eine zumindest ähnliche Alternative finden, die vielleicht mit einem anderen Teil des vorhergehenden Textes "korrespondiert". Ich werde also etwas Zeit brauchen, bis ich eine mögliche Alternative vorschlagen kann.

Zitat:
oh. die gäste sind da. ich muss aufhören.
Ich hoffe, du hattest einen schönen Tag mit deinen Gästen.

Vielen Dank für deinen aufmerksamen Kommentar und für dein Lob!

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.



Geändert von Stimme der Zeit (29.12.2011 um 18:46 Uhr) Grund: Kleine Änderung.
Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.12.2011, 14:55   #4
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Hallo liebe Stimme,

wie kommst du ausgerechnet auf Raben?
Weil ich sie nicht so negativ besetzt (literarisch) in Erinnerung habe, zog ich Wikipedia zu Rate
Unter Mythologie ist zu lesen, dass alte Götter und Könige ihre Weisheit, Intelligenz und Flugfähigkeit genutzt haben.

Allerdings wurde der Rabe im Mittelalter zum Galgenvogel oder zum Unglücksraben.

Literarisch ist die Bedichtung des Raben als Metapher immer ein Highlight.
Das ist auch dir gelungen.

Mir gefällt sehr, welche Dramatik diese Verse erzeugen.

Natürlich habe ich auch fees Kommentar und deine Antwort darauf gelesen.
Das ist ja fast ein abendfüllendes Programm
Es wurde schon vieles gesagt und angesprochen, so dass für Kritik (falls es welche gab) kein Raum mehr bleibt.

Was Form und Inhalt betrifft:
Mir geht das ganz oft so, dass sich beides verselbständigt.
Aus einer Idee oder einem Anfang können mehrere Endprodukte ( ) werden,
sprich mehrere Gedichte in jeweils anderen Formen und Inhalten entstehen.

Mir gefällt jedenfalls sehr, was ich da gelesen habe und das ist (für mich) das Wichtigste.
Ein Gedicht muss klingen, die Sprache muss berühren - das ist was für mich.


Lieben Gruß,
Chavi







__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.12.2011, 19:16   #5
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Liebe Chavi,

Zitat:
wie kommst du ausgerechnet auf Raben?
Weil ich sie nicht so negativ besetzt (literarisch) in Erinnerung habe, zog ich Wikipedia zu Rate
Unter Mythologie ist zu lesen, dass alte Götter und Könige ihre Weisheit, Intelligenz und Flugfähigkeit genutzt haben.

Allerdings wurde der Rabe im Mittelalter zum Galgenvogel oder zum Unglücksraben.

Literarisch ist die Bedichtung des Raben als Metapher immer ein Highlight.
Das ist auch dir gelungen.
Ich bin in der nordischen Mythologie (z. B. Odins "Raben") noch nicht sehr bewandert, weiß aber, dass sich im Laufe der Zeit - bedingt durch die christliche Religion - das "Bild" des Raben zum Negativen "gewandelt" hat. So war es ja auch mit Pan - dessen "Bocksfüße" und "Hörner" dem "Teufel" zugewiesen wurden. So wurden aus Odins Begleitern, aus Symbolen der Weisheit, "Unglücksraben" und "Galgenvögel", wie du es so treffend ausgedrückt hast. Von dem "Rabenbild", das die Kirche diesen Vögeln zugewiesen hat ausgehend, fand ich es ganz angemessen, es gewissermaßen wieder "zurückzuführen" ...

Zitat:
Literarisch ist die Bedichtung des Raben als Metapher immer ein Highlight.
Das ist auch dir gelungen.

Mir gefällt sehr, welche Dramatik diese Verse erzeugen.
Ich schätze literarisch auch Tiermetaphern. Wir Menschen projizieren ja bestimmte Charaktereigenschaften auf bestimmte Tiere, bewerten diese als gut oder schlecht, und wenden sie dann auch wieder "umgekehrt" an: Der dumme Esel, der tollpatschige Bär, der schlaue Fuchs, der böse Wolf, die diebische Elster - mit denen wir uns gerne "titulieren" ...

(Fridolin hat hier im Forum eine Fabel von Christian Morgenstern eingestellt: Das Vermächtnis - lesenswert.)

Zitat:
Natürlich habe ich auch fees Kommentar und deine Antwort darauf gelesen.
Das ist ja fast ein abendfüllendes Programm
Es wurde schon vieles gesagt und angesprochen, so dass für Kritik (falls es welche gab) kein Raum mehr bleibt.
Doch, es gab eine, und ich bin immer noch "ohne zündende Idee" für den betreffenden Vers. Aber ich denke, es wird mir noch etwas einfallen, es ist nur ein besonders "kniffliger" Fall. Ich weiß, dass ich nur noch sehr selten einen "technischen" Fehler mache, aber "Schwachstellen", oder wie hier, ein "Singular-/Plural-Bezugsfehler", solche unterlaufen mir da schon (in Relation gesehen) öfter.

Zitat:
Was Form und Inhalt betrifft:
Mir geht das ganz oft so, dass sich beides verselbständigt.
Aus einer Idee oder einem Anfang können mehrere Endprodukte ( ) werden,
sprich mehrere Gedichte in jeweils anderen Formen und Inhalten entstehen.

Mir gefällt jedenfalls sehr, was ich da gelesen habe und das ist (für mich) das Wichtigste.
Ein Gedicht muss klingen, die Sprache muss berühren - das ist was für mich.
Das finde ich jetzt ungemein faszinierend, denn es war bei mir noch nie der Fall, dass aus einer Idee mehrere Gedichte wurden. So interessant wie die Tatsache, dass die Reihenfolge "Titel/Werk" bei uns beiden genau "andersherum" verläuft. Allerdings scheinen wir alle (nicht nur Stimme der Zeit und Chavali) zu erleben, dass ein Text sich "unterwegs selbstständig macht".

Ich freue mich sehr, wenn du Gefallen daran finden konntest und wenn dich Sprache und Klang berührt haben. Das ist ein sehr schönes Kompliment, vielen, lieben Dank dafür.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.12.2011, 21:01   #6
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Liebe Stimme,

so zwischendurch: Gelobt sei deine Schaffenskraft!
Verstehe richtig: Nicht im Sinne der Raben, , weil gelobt so ganz in ihrem Sinne ist.

Ich habe mir heute per TV, während der "Erholungsphase" vom Weihnachtsstress, teilweise den Rückblick auf das letzte Jahrundert angesehen.
Dazu muss ich gestehen, dass ich die "schwarzen Raben" als die exekutive Gewalt sehe. Die legeslative sind andere Vögel und Farben.
Gerade darin konnte man die Anliegen und die Macht jener sehen und hören - und staunen, dass sie trotz "Moderne" an nichts verloren haben.

Für mich ist es ein einziges Gedicht, das dem Gefühl der Judikative des Autors entsprungen ist.

Der Schlussvers ist für mich bezeichnend und wahr: "Sie lieben nicht."
Sie lieben nicht und bauen "gehirnwäschig" auf Liebe auf.
Liebe berührt und bewegt - sie wird als "Köder" benutzt. Weil Liebe auf Erden oft enttäuscht, Schmerz bereitet, haben sie sich diese für ein Versprechen im Jenseits erdacht und an Bedingungen geknüpft. Bedingungen, die ihre eigene Gier auf Erden befriedigen - über die Saat der Hoffnung, die sie in die Massen der Menschheit säen - bis heute.

Wann? Wann werden diese Zeilen Weltreligion?

Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit
Es gibt den Sonnenschein und auch das Licht,
es gibt die Menschlichkeit, es gibt die Wahrheit,
das Auge der Vernunft verschafft euch Klarheit:
Ich will, trotz aller Geschehen, daran glauben.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.12.2011, 22:27   #7
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Liebe Dana,

Zitat:
so zwischendurch: Gelobt sei deine Schaffenskraft!
Verstehe richtig: Nicht im Sinne der Raben, , weil gelobt so ganz in ihrem Sinne ist.
kein Gedanke, ich verstehe das schon richtig. Dankeschön! "Gelobt" - ja, das ist auch so eine Sache. Die Raben machen nicht einmal vor Worten "Halt", die sinnvoll und richtig sind. Das Wort "Liebe" ist dafür das schlimmste Beispiel. Weißt du, was schlimmer ist als jede Lüge? Die Pervertierung der Wahrheit ...

Zitat:
Ich habe mir heute per TV, während der "Erholungsphase" vom Weihnachtsstress, teilweise den Rückblick auf das letzte Jahrundert angesehen.
Dazu muss ich gestehen, dass ich die "schwarzen Raben" als die exekutive Gewalt sehe. Die legeslative sind andere Vögel und Farben.
Gerade darin konnte man die Anliegen und die Macht jener sehen und hören - und staunen, dass sie trotz "Moderne" an nichts verloren haben.

Für mich ist es ein einziges Gedicht, das dem Gefühl der Judikative des Autors entsprungen ist.
Ja, die Welt ist bunt. Allerdings scheinen die "Farben" verloren zu gehen, da sich in Sachen Legislative wohl allmählich ein "Einheitsgrau" durchzusetzen scheint. Was das Schwarz der Exekutive betrifft: Nun, es gilt, nicht zu vergessen, dass Schwarz keine wirkliche Farbe ist - wo uns etwas schwarz erscheint, da fehlt das Licht ...

Nun ja, im Irakkrieg wurden emsig Waffen und amerikanische Soldaten gesegnet: Gehet hin und tötet. Gepriesen sei der Herr! („Ite, missa est!“ - lateinisch, davon stammt das Wort "Messe", es bedeutet: Gehet hin in Frieden, wörtlich: Gehet hin, es ist die Aussendung (Mission).) Amen. Ich fühle mich keineswegs als Schelm, und erlaube mir, hier Schlechtes zu denken.

Ja, das ganze Gedicht entstammt meiner Judikative: "Quis custodiet ipsos custodes?" (Wer bewacht die Wächter?), ein Zitat von Decimus Iunius Iuvenalis (Juvenal). Wobei es hier weit schlimmer ist, denn diese "Wächter" haben sich lediglich selbst dazu ernannt. Und behaupten, ihr Gott habe das gesagt, es sei dessen "Wille" - Pfui Teufel.

Zitat:
Der Schlussvers ist für mich bezeichnend und wahr: "Sie lieben nicht."
Sie lieben nicht und bauen "gehirnwäschig" auf Liebe auf.
Liebe berührt und bewegt - sie wird als "Köder" benutzt. Weil Liebe auf Erden oft enttäuscht, Schmerz bereitet, haben sie sich diese für ein Versprechen im Jenseits erdacht und an Bedingungen geknüpft. Bedingungen, die ihre eigene Gier auf Erden befriedigen - über die Saat der Hoffnung, die sie in die Massen der Menschheit säen - bis heute.
Es ist ja so, dass laut Bibel Jesus gesagt haben soll: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Hm. Das hat für mich schon immer einen "Beigeschmack" gehabt. Ich kann mich schätzen, ich kann mich mögen, ich kann mich akzeptieren, mit mir zufrieden sein - aber ich kann mir irgendwie nicht so recht vorstellen, mich "selbst zu lieben". Ich bin ja kein Narzisst! Irgendwie eine perverse Logik: Ein Gebot des Narzissmus, denn die Religionsvertreter sind Narzissten, die glauben, wenn sie "andere Seelen" retten, retteten sie automatisch - was wohl? - die eigene natürlich. Motiv: Selbstsucht. Und die ist eng "verwandt" mit "Selbstliebe". Stünde da: Liebe deinen Nächsten mehr als dich selbst - dann ergäbe es wenigstens einen Sinn, den ich nachvollziehen könnte. Nun ja, es ist alles stark zu bezweifeln, was überhaupt "geschrieben" steht.

Was da gemauschelt, geändert, herausgenommen und hineingesetzt wurde, in dieses "Buch der Bücher", das ist unglaublich. Ein Beispiel:

Matthäus 5:3
- Selig sind die, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.

- Voll Freude sind all die, die sich Gott überlassen, denn ihnen gehört das Himmelreich.

- Glücklich sind die, die sich ihrer geistigen Bedürfnisse bewußt sind, da das Königreich der Himmel ihnen gehört.

- Selig sind die geistig Armen, denn das Himmelreich ist ihr.

- Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

- Freuen dürfen sich alle, die nur noch von Gott etwas erwarten und nichts von sich selbst, denn sie werden mit ihm in der neuen Welt leben. (Die "neueste" Version.)

(Eine "Stelle". Sechs "verschiedene" Texte mit sechs verschiedenen Aussagen. Ja - wat denn nu, bitte? )

Das ultimative Versprechen ist das Versprechen der ewigen Liebe, der ewigen Seligkeit. Das ist das "Zuckerbrot". Die "Peitsche" manifestiert sich in Hölle und ewiger Verdammnis. Die Erpressung funktioniert ganz simpel, auch hierfür ein Beispiel: Wenn ich nicht in der Kirche bin, darf ich mein Kind nicht taufen lassen - das ist "Bedingung". Wenn es nicht getauft ist, kommt es in die Hölle. Dafür wurde eigens der Begriff der "Erbsünde" erfunden. Gleichzeitig wird behauptet, durch das "Opfer" Jesu wäre die Welt von der Erbsünde befreit. Der "Trick": Befreit sind nur die, die getauft sind. Simpel, erpresserisch, hinterhältig und - funktioniert hervorragend. Es ist nachgewiesen, dass Angstempfinden die kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigt. Dann kommt hinzu, dass bei "Religionsabhängigen" ohnehin - ach, es ist ein Kreuz.

Die Motive sind Machthunger und Habgier - die zwei "Grundübel" im menschlichen Wesen, meines Erachtens nach. Denn sie sind es, die hierarchische Strukturen, kranke Ideologien und religiöse Systeme hervorbringen. Wobei ich behaupte, dass diese Begriffe im "Kern" Synonyme sind.

Zitat:
Wann? Wann werden diese Zeilen Weltreligion?

Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit
Es gibt den Sonnenschein und auch das Licht,
es gibt die Menschlichkeit, es gibt die Wahrheit,
das Auge der Vernunft verschafft euch Klarheit:
Nein, liebe Dana. Das wäre ein fataler Fehler. Keine "Religion", niemals. Nenne es eine "Weltphilosophie", bitte. Sonst würde der Beelzebub den Teufel austreiben. "Vernunft" ist diametral zur Religion, beide haben absolut nichts miteinander gemeinsam. (Ich weiß, wie du es meinst, aber das kann ich so nicht "stehenlassen", verzeih. )

Zitat:
Ich will, trotz aller Geschehen, daran glauben.
Ich will nicht nur, sondern ich glaube wirklich daran, dass Wahrheit und Vernunft existieren. Und alle Religionen, die waren und sind, haben es nicht geschafft, sie auszulöschen, trotz all ihrer jahrtausendelangen Bemühungen. Sie konnten sie nur ständig bekämpfen und sie "schwächen". Sprechen wir religiösen Institutionen nicht mehr "Macht" zu, geben wir ihnen nicht mehr "Respekt", als sie verdienen - und sie verdienen überhaupt nichts.

(Wobei ich hier noch ganz bewusst darauf hinweise: Wir Menschen glauben alle. An irgendetwas. Wir glauben an irgendwelche "Werte". Wir glauben sogar an "etwas", wenn wir sagen, dass wir an "nichts" glauben - weil allein durch diese Aussage "nichts" zu "etwas" wird, denn "nichts" ist "nichts", daran könnte man nicht glauben. Und zu sagen "Ich glaube nicht an nichts" - das "funktioniert" auch nicht. Das ist damit nicht gemeint. Der Glaube "endet", wo eine Religion "beginnt".)

Danke für deinen wunderbaren Kommentar!

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu

Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Vom Sprechen gebrochen Walther Experimentelles 0 23.05.2011 09:55
Landvoocht bleibe hadd! Carlino Der Tag beginnt mit Spaß 3 02.10.2009 09:09


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 23:34 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg