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Alt 08.11.2010, 17:28   #1
Galapapa
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Mitten zwischen wilden Rosenhecken
steht so mächtig groß ein Birnenbaum,
überragt Gebüsch und Ackersaum,
schon von weit her kann man ihn entdecken.

Äste, die sich in den Himmel strecken,
so, als rührten sie den Weltenraum,
und man sieht die bunten Vögel kaum,
die im Blätterwerk ihr Nest verstecken.

Vaters Vater war es, der ihn setzte,
heute stehe ich davor, der Letzte,
der die alten Zweige grüßt im Abendwind.

Traurig feucht die Augen, als ich schweige,
ehrfurchtsvoll mich vor dem Freund verneige.
Kühlen Schatten gab er mir einst schon als Kind.
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Alt 09.11.2010, 20:59   #2
Walther
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Lb. Galapapa,

Dein Sonettversuch hat einige Schwächen. Daher knapp aufgelistet, was ein Sonett zu einem solchen macht:

(1) Ein Sonett ist in vier-, fünf- oder sechshebigen Jamben gestaltet.
(2) Es ist dialogisch aufgebaut. Die Strophen stehen im Gespräch zueinander. Evtl. ist das letzte Verspaar die "Moral von der Geschicht" (Shakespeare Sonett).
(3) Die deutsche Reimform sieht so aus: abba cddc ded ede. Es sind auch Abwandlungen zulässig.
(4) Die Reime sind abwechselnd in männlichen (X) und weiblichen Kadenzen (Xx) gestaltet.

Ein fünfhebiger Jambus sieht übrigens so aus: xXxXxXxXxX(x) (X= betonte Silbe, x = unbetonte Silbe).

Ich rege an, daß Du unter Dein Werk das Silbenbild legst. Danach wird Dir sicherlich klar, wo Dein Text rein metrisch klemmt. Der Inhalt ist dann das nächste Projekt, wobei aus den obigen Hinweisen auch schon meine Einschätzung hergeleitet werden kann, daß der Text auch inhaltlich den Formkriterien nicht so ganz entspricht, um es einmal vorsichtig zu formulieren, was übrigens nichts zum Text selbst aussagt, den ich durchaus als erzählens- und berichtenswert empfinde und der auch sprachlich seine Reize hat.

LG W-
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Alt 10.11.2010, 00:17   #3
Galapapa
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Hallo Walther,
hab herzlichen Dank für Deine kritischen Worte! Haben sie mich doch wieder auf den Boden der Tatsachen heruntergeholt. Wenn man's nicht richtig weiß, soll man die Finger davon lassen.
Dass es der Jambus ist, der hier hergehört und nicht der Trochäus habe ich nun gelernt; ich dachte, da wäre beides möglich. Fünfhebig hätte ja gestimmt.
Der Aufbau war von mir so gedacht: Die Quartette sollten den Baum in seiner Schönheit und Größe beschreiben, die Terzette seine Bedeutung für das lyrische Ich darstellen.
Bei der Reimform hatte ich die Ausführungen von Professor Dieter Burdorf, Jena, im Gedächtnis und ich erlaube mir, hier wörtlich zu zitieren: "...In den beiden Quartetten werden die Reime wiederholt, für sie setzte sich gegenüber dem von Petrarca benutzten Kreuzreim schon früh der doppelte Blockreim (abba abba) durch; in den Terzetten ist die Reimfolge freier, in der italienischen Dichtung meist cdc dcd oder cde cde, in der französischen ccd ede oder ccd eed..."
Was die Silbenzahl angeht, bin ich so vorgegangen: 10-9-9-10 bei den Quartetten und 10-10-11 in den Terzetten. Dass auch dafür so strenge Regeln gelten, war mir nicht klar.
Mein Grundirrtum war einfach, dass das Sonett in seiner Gestaltung wesentlich freier wäre und ich bin froh, dass Du mich hier als Experte, für den ich Dich halte, eines Besseren belehrt hast.
Wie ich immer sagte, ich bin Anfänger und experimentiere. Ein Pommesbudenbetreiber sollte kein Gourmet-Menue anbieten! Von Sonetten werde ich die Finger lassen, nachdem ich begriffen habe, wie komplex die Regeln sind. Es stellt sich mir in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob ich mir dieses Korsett überhaupt anziehen soll.
Eigentlich hätte ich Lust, den Text löschen zu lassen. Als Lehrstück und Negativbeispiel lasse ich ihn aber stehen.
Nochmals danke und einen herzlichen Gruß an Dich!
Galapapa
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Alt 10.11.2010, 19:49   #4
Walther
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Lb. Galapapa,

so "dramatisch" ist es nun auch wieder nicht. Schließlich sind wir hier alle nur Übende (und keine echten Dichter, naja, vielleicht andere außer uns beiden). Das Gedicht muß ja kein Sonett sein. Es kann auch ein fünfhebiger Trochäus sein, der mit etwas Umarbeitung sicher ganz flott daherkommt.

Versuch es doch einmal mit der Umarbeitung. Es lohnt sich, Du wirst es sehen.

LG W.
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Alt 06.01.2011, 18:54   #5
a.c.larin
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hallo galapapa,

also mir pesönlich ists egal, ob ein gedicht formal ein sonett oder ein waschbrett ist - hauptsache, das bauchgefühl dabei kommt rüber!
bei deinem gedicht ist das so: die grundstimmung und das bild dahinter brauchen keine lange erklärung und interpretation - man nimmt sie sofort wahr, gewissermaßen "intravenös".

mir ist noch etwas anderes dazu eingefallen.
ich finde, der beginn "mitten zwischen" ist ein doppel -moppel, ebenso das "mächtig groß".
was hältst du denn davon:

Mächtig zwischen wilden Rosenhecken
spannt die Krone weit ein Birnenbaum.....

dann geht es wundervoll schwingend weiter, bis zur letzten zeile, die durch die vielen einsilbigen wörter trotz passender silbenzahl für mich einfach nicht zu einem ganz runden klang kommt.
(ich weiß schon: am schluss wirds manchmal verdammt schwer, die bremse zu ziehn. geht mir auch oft so.)

vielleicht würds ja nützen, die beiden zweisilbigen wörter etwas mehr in die mitte zu rücken?

Traurig feucht die Augen, als ich schweige,
ehrfurchtsvoll mich vor dem Freund verneige,
denn er gab mir kühlen Schatten schon als Kind.


mitten im winter so ein schönes sommer-baumgedicht zu lesen und zu kommentieren: das hat mir doch wirklich freude gemacht!

lg, larin
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Alt 17.02.2011, 09:35   #6
Galapapa
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Hallo larin,
herzlichen Dank für Deinen Kommentar zu meinem Text!
Bitte entschuldige, dass meine Antwort so lange auf sich warten ließ. Es war mir eine Zeit lang nicht möglich, mich mit dem Forum wieter zu beschäftigen.
Über Dein Lob habe ich mich sehr gefreut! Das mit dem Sonett war mehr die Herausforderung, das auch mal den Regeln entsprechend richtig hinzubekommen.
Nun zu Deinen Vorschlägen: "Mitten zwischen" finde ich nicht doppelt gemoppelt.
Es könnte auch "am Rand zwischen" heißen. Den Baum gibt es wriklich und er steht tatsächlich in jener Hecke mittendrin, was ich auch ausdrücken wollte. Das wäre sogar eine Aternative, "Mitten drin in wilden Rosenhecken", klingt mir aber nocht so wohlklingend wie das Original.
Nicht ganz verstanden habe ich Deine Anmerkung zum letzten Vers. Ich finde, der runde Klang hängt doch mehr davon ab, wie der Text gesprochen wird, als davon, wieviele Silben die Wörter haben. "Einst schon" und "als Kind" unterscheiden sich im Klang, wenn man nicht abgehackt liest, nicht von mehrsilbigen Wörtern. Zudem bin ich mit der Lehrzeit etwas hypersensibel gegenüber grammatikalischen "Verdrehungen" geworden, so dass ich es lieber so dastehen lassen möchte.
Vielleicht habe ich Deine Anregung auch falsch verstanden jedenfalls danke ich Dir nochmals fürs Lesen und Kommentieren!
Mit einem herzlichen Gruß an Dich!
Galapapa
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