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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 02.06.2009, 22:53   #1
Chavali
ADäquat
 
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Standard Zeit im Flug




Die letzte Uhr auf dieser Welt
verkündet mit dem Glockenschlag
die Zeit, die uns noch bleibt, und hält
in ihrer Hand den einen Tag,
der irgendwann im Licht vergeht
um nie mehr aufzuwachen

Die letzte Stunde dieser Welt
verweht gleich einem Flügelschlag,
der träg sich aus den Federn schält,
wenn auch der Morgen vor uns lag
und jedes Tor weit offen steht,
um Feuer zu entfachen


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© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

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Geändert von Chavali (24.06.2009 um 21:24 Uhr)
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Alt 04.06.2009, 16:00   #2
ginTon
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liebe chavi,

ich weiß gar nicht so recht wie ich düs anfangen soll, anfangs dachte ich zunächst an einen roman den ich vor langer zeit las, der herr der uhren, hieß der oder ähnlich, vile mir aber nur als überschrift sozusagen ein...

die letzte Uhr die schlägt hat irgendetwas, von nutze die Zeit richtig und gut, als überschrift würde mir wieder etwas einfallen, ohne jedoch einen bezug dazu zu haben, hemingways, wem die Stunde schlägt, obwohl dies damit auch nichts zu tun hat...worauf dein werk jedoch hinaus will ist höchstwahrscheinlich, dass nutze die Zeit oder die Stunde...gerade der "Glockenschlag, V1Z2" erinnert stark daran diese Stunden in Freiheit zu verbringen, wahrscheinlich in höchster Freiheit, die einem Menschen zu Teil werden kann, seinen Traum zu leben "nie mehr aufzuwachen, V1Z6"

die zweite Strophe hört sich an wie eine Wiedergeburt oder eine Neugeburt o.ä. der Schritt zum Glockenschlag wurde gegangen und die stunde trägt sich "träg" ins neue, um wieder aufzufliegen...

das Werk lässt viel platz für Interpretation was mir sehr gut gefällt....gerne gelesen

liebe grüße basse
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Geändert von ginTon (04.06.2009 um 16:02 Uhr)
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Alt 04.06.2009, 16:35   #3
Medusa
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Liebe Chavali,

mich beeindrucken das Versmaß und die Reime, die sich in den Strophen wiederholen, seeeehr gut gelungen!

Inhaltlich ist es ein wenig düster, zeigt aber schöne und zarte Bilder. Ganz besonders gefällt mir dies:
Die letzte Stunde dieser Welt
verweht gleich einem Flügelschlag,


Jaja, mit jedem Glockenschlag nähern wir uns dem letzten Flügelschlag; nicht wirklich erheiternd!

Mal wieder an unsere Endlichkeit erinnert grüße ich Dich herzlich,
Medusa.
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Alt 04.06.2009, 17:04   #4
Kajn Kokosknusper
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Krek-krek,

Zitat:
Zitat von Chavali Beitrag anzeigen
der träg sich aus den Federn schält,
wenn auch der Morgen vor uns lag
und jedes Tor weit offen steht -
um Feuer anzufachen
Den ersten Tempuswechsel kann ich noch in ein System bringen, beim zweiten wirds unmöglich.
Der Text ist vielschichtig. Hier kann die Erderwärmung thema sein, eine Sucht, ein übler Charakter (a la Dickens Weihnachtsgeschichte), die negative Seite des Kapitalismus (hoch aktuell). Ich denke, jeder kann sich selbst etwas herausnehmen. So mag ich Lyrik. Auch mir gefällt die Antithese Glocken-(hart)/Flügel-(weich)schlag. Allerdings denke ich hier weniger an ein barockes Memento Mori, ein gradlinieges bis-zum-Tode. Das sagen mir weder der Titel noch der letzte Vers, wenn sie im Kontext gelesen werden.
Wobei mir der Titel auch nicht zusagt, der ist mir zu platt...

liebe Grüße
Kajn
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Klio riss aus einem Traume
sich, von einem Lindenbaume:
"Wow, hast Du nen großen Stamm!
Ob ich dich besteigen kann?"


Ich würde nur an einen Gott glauben, der zu tanzen verstünde.
aus: Also sprach Zarathustra, Friedrich Nietzsche
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Alt 04.06.2009, 17:43   #5
Chavali
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Lieber basti,
Zitat:
das Werk lässt viel platz für Interpretation
Genau und deshalb will ich mich auch nicht auf eine Sichtweise festlegen.
Hab Dank für deine Replik, hab mich sehr gerfreut!

Liebe Medusa,
Zitat:
mich beeindrucken das Versmaß und die Reime, die sich in den Strophen wiederholen,
seeeehr gut gelungen!
Na das ist ja schön, freut mich! 'Die Zeit' ist ein Thema, das mich immer wieder interessiert und inspiriert.
Hab lieben Dank!

Hi kajn,

der Tempuswechsel war schon letztens ein Thema, wie soll ichs erklären?
Ich kann dir nicht sagen, warum ich es so geschrieben habe, ich meine, es passt - wenn sich auch die Zeiten abwechseln.
Hab ichs doch des Reimes wegen gemacht...?
Zitat:
Der Text ist vielschichtig.
Dieses Fazit gefällt mir und so war es auch gedacht.
Zitat:
Wobei mir der Titel auch nicht zusagt, der ist mir zu platt...
Mir eigentlich auch, aber es hat sich noch niemand daran gestört.
Hast du eine Idee? Bei Gefallen wird sofort geändert!
Danke dir!

Liebe zeitlose Grüße an euch alle,
Chavali





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Alt 05.06.2009, 12:48   #6
Kajn Kokosknusper
Närrisches Fieber
 
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Krek-krek,

also bei der Titelsuche fragst Du den Falschen. Ich hasse das auch jedesmal: der Text ist fertig und dann soll ein Titel her, der a.) nicht zu viel verrät, b.) den Leser aufmerksam macht, c.) trotdem etwas verrät und d.) nicht zu anspruchslos ist.
Ich bin ja kein Prinzipienreiter, aber dennoch sind es wohl Prinzipien, die mich davon abhalten, Titelvorschläge zu machen.

So, und jetzt das mit dem Tempus. Daher Vorsicht!, der Kajn probiert wieder, etwas grammatisch und semantisch zu erklären.

Zitat:
Die letzte Stunde dieser Welt
verweht gleich einem Flügelschlag,
der träg sich aus den Federn schält,
das ist eine Aussage über die Gegenwart*. Die "letzte" Stunde der Welt verweht. Dieser Zustand ist nicht mehr rückgängig zu machen.
Zitat:
wenn auch der Morgen vor uns lag
Die Konjunktion "Wenn" leitet hier einen fiktionalen Gedanken ein, der in der Vergangenheit verortet ist. Sprich: Damals gab es noch die Hoffnung auf Veränderung. Das ist aber Geschichte, Pech gehabt.
Zitat:
und jedes Tor weit offen steht -
Das Bindewort "Und" kann sich nur auf den fiktionalen Gedanken beziehen. Bezieht sich also auf die Wendung: "Wenn auch...". Was auch logisch ist, weil wir ja schon festgestellt haben, dass die letzte Stunde verweht, es also keine Chance mehr für die Rettung der Welt gibt. Hier kann es also keine "offenen Türen" mehr geben; die gab es, als es noch die Fiktion eines Morgens gab. Daher gehört auch das in die Vergangenheitsform.

Hui, ungefähr halbwegs verständlich ausgedrückt?


liebe Grüße
Kajn


*in meiner Interpretation lese ich die Gegenwart in Verbindung mit dem Titel zwar als Fiktion, die durch ihre Vergegenwärtigung Wirkung erzielt, aber das sollte man an dieser Stelle aussen vor lassen
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Geändert von Kajn Kokosknusper (05.06.2009 um 12:49 Uhr)
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Alt 06.06.2009, 17:30   #7
Chavali
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Hallo Kokosknusper
Zitat:
bei der Titelsuche fragst Du den Falschen
ok, dann musss ich wohl selber nachdenken...
Zitat:
jetzt das mit dem Tempus. [...] der Kajn probiert wieder, etwas grammatisch und semantisch zu erklären.
Das ist ok so und mir auch ja eigentlich klar.
Nur - wenn ich das beachte (was wohl sinnvoll wäre), dann muss ich den Text an der Stelle umstricken
und mich auch von den liebgewordenen Reimen trennen...
Zitat:
Hier kann es also keine "offenen Türen" mehr geben;
die gab es, als es noch die Fiktion eines Morgens gab. Daher gehört auch das in die Vergangenheitsform.
So bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als den Text umzuändern und zwar doch ganz erheblich *seufz*

Ok, ich danke dir nochmals für dein genaues Hinsehen und die logischen Schlussfolgerungen.


Lieben Gruß,
Chavali

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Alt 07.06.2009, 13:43   #8
a.c.larin
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liebe chavali,

ich empfinde dein gedicht sehr stimmungsvoll, düster nur, wenn man die zeit als das maß aller dinge ansieht. aus einer überzeitlichen perspektive heraus betrachet würde das verklingen bestimmter ereignisse nicht weiter aufregen.

wie wärs mit dem titel : " von letzten dingen" oder auch so, fast fragend:
"letzte dinge"

ich sinniere auch über die schlusszeile:
obwohl "anzufachen" ganz symmetrisch gebaut ist wie "aufzuwachen",
gefiele mir die wendung "feuer zu entfachen" trotzdem besser, woran das liegt, weiß ich selber nicht. liegts an der metrik?

liebe grüße
larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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Alt 07.06.2009, 14:12   #9
Leier
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Liebe Chavali,

ein sehr mystisches Gedicht, das allein durch die Form schon besticht.
Lese ich es mehrmals, kommen mir leider gedankliche Schlüsse-Rückschlüsse in die Quere.
Aber vielleicht denke ich auch sehr quer.
Ich zeige Dir, was ich meine:



Die letzte Uhr auf dieser Welt
verkündet mit dem Glockenschlag
die Zeit, die uns noch bleibt und hält (das "und " ohne vorheriges Komma schmeckt mir nicht sehr. "Die Zeit, die uns nocht bleibt, und hält" oder "Die Zeit, die uns noch bleibt. Sie hält..")
in ihrer Hand den einen Tag,
der irgendwann im Licht vergeht -
um nie mehr aufzuwachen (da hakelt es bei mir besonders stark. Vergeht der Tag mit dem Vorsatz, dem Wunsch, dem Drang "nie mehr aufzuwachen"? Ist es nicht eher eine Folge des vergehenden Lichtes, daß der Tag nicht mehr aufwacht? - Das "um zu" hat eine strenge Regel m.E.)

Die letzte Stunde dieser Welt
verweht gleich einem Flügelschlag,
der träg sich aus den Federn schält, (das ist wunderschön, aber in meinen Augen irgendwie falsch... aus den Federn schält sich doch nichts, oder?
"Der träg sich durch die Zeiten quält"..? ---- ich sinnierte lange darüber und bin noch zu keimem Schluß gekommen)
wenn auch der Morgen vor uns lag
und jedes Tor weit offen steht - (Nicht doch lieber ein Komma?)
um Feuer anzufachen



Mit den "Zeiten" habe ich überhaupt keine Schwierigkeiten.

Aber mit dem Gedicht muß ich mich noch mehrmals beschäftigen.
Es haftet.


Lieben Gruß vorerst
von
cyparis
Leier ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.06.2009, 10:31   #10
ruhelos
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Registriert seit: 24.03.2009
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hallo chavali,

ein eher ernstes, düsteres, zum Nachdenken anregendes Gedicht. Es liest sich flüssig und das Reimmuster passt gut zum Inhalt. Es kommt ein wenig wie ein Weltuntergangsgedicht rüber. In den letzten Zeilen dann der Aufruf etwas zu ändern. Ich hätte es eher in die Rubrik Denkerklause oder Finstere Nacht gestellt.

Viele Grüße
ruhelos
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Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen. (Mark Twain)
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