Gedichte-Eiland

Erich Kykal · 07.02.2017, 11:14

Taufe, Nacht, mich mit Verlangen
nach der Tiefe deiner Falten,
tilge mich mit den Gewalten,
die, von Finsternis verhangen,
sich erheben aus der Seele.
Hebe mich aus meiner Schale
dumpfen Schlafes an die Male,
denen ich mich anbefehle:
Wunde Blumen meiner Träume
ohne Halt und ohne Schranken,
und erlebter sei mein Danken
im Verschweigen ihrer Säume.

Inspiriert von Laie's "Riese": http://gedichte-eiland.de/showthread...9959#post99959

07.02.2017, 12:40

Hallo eKy,

Schon das zweite herausragende Gedicht, was heute geboren wurde.

Ich bin nicht so der Analytiker der Sinn spricht für sich.
Aber ich bin auch hier hin - und weg

, weil es sprachlich außergewöhnlich ist.

Liebe Grüße sy

Laie · 07.02.2017, 16:10

Hallo eKy,

das ist großartig! Eine wunde Seele, die sich nach der Gnade der Nacht sehnt und er hofft auf Träume im Schlaf, auch wenn diese nicht perfekt sind. So verstehe ich es jedenfalls

Gefällt mir sehr.

Gruß,
Laie

Erich Kykal · 07.02.2017, 18:22

Hi Sy!

Vielen Dank für die Blumen(wiese!)!

Hi Laie!

Das Gedicht wurde - wie ich oben darunter schrieb (du hast es vielleicht übersehen) - von deinem Werk "Riese" inspiriert.

Es geht - als weiterführender und erweiternder Gedanke zu deinen Zeilen - darum, dass man im Traum ausleben darf, was einem die Konventionen der wachen Welt verbieten. Und dass man, wie die Conclusio rät, besser darüber schweigen möge, wozu man sich im Traum versteigt, wo es keine moralischen, ethischen und soziokulturellen Schranken und Hemmungen gibt und somit ALLES möglich ist, was wir ausleben wollen oder müssen - in der wirklichen Welt aber sehr wohl, und dort wird nur zu gern ge- und verurteilt!
Das Ausleben der Schatten auf der Traumebene kann auch durchaus gesund sein, solang man weiß, dass es dort zu bleiben hat - in den Träumen!

Leider sind viele durch religiöse Dogmen oder moralische Selbstansprüche derart gehemmt, dass sie es nicht mal dort fertigbringen, sich manchen Begehrens zu entschlagen - die stauen das dann auf und explodieren irgendwann - in der realen Welt! Dann gibt es meist Opfer und Greueltat - oder Suizid, zuweilen erweitert.
Oder wenn sie schon mal "schwächeln" und sich so einen Erfüllungstraum erlauben, so schieben sie hinterher wochenlang ein schlechtes Gewissen, laufen zur Beichte, kasteien sich mit Selbstverachtung - oder gar mit Selbstverstümmelung oder Selbstgeißelung!

Mal ehrlich - wenn du diese beiden Seiten der Medaille vergleichst - wer ist wohl der kaputtere von den beiden?
Wer nie gelernt hat, auch seine Dunkelheit zu umarmen und als Teil seines Selbst zu akzeptieren, in dem wird sie schwären und gären, bis sie ihn irgendwann überwältigt und verschlingt!

LG, eKy

Laie · 07.02.2017, 18:38

Hallo eKy,

jetzt, wo ich deine Erklärung gelesen habe, ist mir auch alles klar. Danke dafür

Jeder Mensch hat so seine dunkle Seite. Und ich kann es in gewisser Weise nachvollziehen, wenn sich manche dafür schämen und es unterdrücken wollen, um nur den sozial-bürgerlichen Erwartungen zu entsprechen. Man weiß, dass es dumm ist, aber man kann sich dem schlechten Gewissen nicht erwehren und versteckt sich weiterhin. Bei extremen Phantasien (Gewalt, Pädophilie,...) sollte natürlich jeder so klug sein und sich therapeutische Hilfe suchen.
Ansonsten wäre es eine schöne Sache, wenn jeder ohne weiteres luzid träumen könnte. Da wäre vll einigen geholfen

Ein tolles Gedicht!

Gruß,
Laie

Erich Kykal · 07.02.2017, 18:56

Hi Laie!

Nochmals Dank!

Nicht umsonst lautet mein Untertitel in den Foren "Tenebrae"!

LG, eKy

***Dana*** · 08.02.2017, 19:23

Lieber eKy,

natürlich las ich nach Deinem Hinweis auch Laie's "Riese". Beide Gedichte als auch die Kommentare zeigen die schönste Seite eines Forums auf.

Das kann nicht immer so funktionieren und muss es auch nicht. Nur die Tatsache, dass es das auch gibt, ist schon ein spannendes und schönes Ergebnis - wobei auch die dunkle Traum-Seite ihren Wert erhält.
Damit komme ich zu Deinem Gedicht.
Die Schlussverse zeigen in ihrer Verdichtung Deine Erklärung in nur einem Satz auf. Das ist Lyrik: Kunst, Freude und Spannung.
Sehr, sehr schön.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal · 08.02.2017, 20:44

Hi Dana!

Vielen Dank für deine Ehrung unserer Konversation wie unserer Werke. Laie's Version gefällt mir besser, er kommt ohne Dunkelheit aus, seine Zeilen fassen und machen Mut.
Ich hatte immer schon einen deutlichen Hang zum Schatten, zur Welt jenseits der Konventionen ...

LG,eKy

***Falderwald*** · 10.02.2017, 16:12

Servus Erich,

auch ich finde diesen Text äußerst gelungen.

Ebenso denke ich, dass das Erleben und das Verschweigen bestimmter Träume durchaus relevant sein kann, um vielleicht auch Verletzungen oder Demütigungen zu vermeiden, und zwar auf allen Seiten.

Ich habe keine Ahnung, wie Träume entstehen oder was ihre Auslöser sein könnten, aber unzweifelhaft sind sie immer sehr privat und so muss ihr "Eigentümer" auch selbst entscheiden, wie viel er davon preisgibt.

Und solange "das Erlebte" in den Träumen bleibt, kann es auch Privatsache bleiben.

Sehr schöner, wenn auch ein wenig dunkler Text, der sich mit dem Unterbewussten auseinandersetzt. Dort sind wahrscheinlich manchmal auch noch Urinstinkte abrufbar.

In diesem Sinne gern gelesen und kommentiert...

Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal · 10.02.2017, 16:42

Hi Faldi!

Schön auf den Punkt gebracht, worauf ich hinaus wollte!

LG, eKy

07.02.2017, 11:14	#1
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Traumgeboren Taufe, Nacht, mich mit Verlangen nach der Tiefe deiner Falten, tilge mich mit den Gewalten, die, von Finsternis verhangen, sich erheben aus der Seele. Hebe mich aus meiner Schale dumpfen Schlafes an die Male, denen ich mich anbefehle: Wunde Blumen meiner Träume ohne Halt und ohne Schranken, und erlebter sei mein Danken im Verschweigen ihrer Säume. Inspiriert von Laie's "Riese": http://gedichte-eiland.de/showthread...9959#post99959 __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

07.02.2017, 12:40	#2
juli Gast Beiträge: n/a	Hallo eKy, Schon das zweite herausragende Gedicht, was heute geboren wurde. Ich bin nicht so der Analytiker der Sinn spricht für sich. Aber ich bin auch hier hin - und weg, weil es sprachlich außergewöhnlich ist. Liebe Grüße sy

07.02.2017, 18:22	#4
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi Sy! Vielen Dank für die Blumen(wiese!)! Hi Laie! Das Gedicht wurde - wie ich oben darunter schrieb (du hast es vielleicht übersehen) - von deinem Werk "Riese" inspiriert. Es geht - als weiterführender und erweiternder Gedanke zu deinen Zeilen - darum, dass man im Traum ausleben darf, was einem die Konventionen der wachen Welt verbieten. Und dass man, wie die Conclusio rät, besser darüber schweigen möge, wozu man sich im Traum versteigt, wo es keine moralischen, ethischen und soziokulturellen Schranken und Hemmungen gibt und somit ALLES möglich ist, was wir ausleben wollen oder müssen - in der wirklichen Welt aber sehr wohl, und dort wird nur zu gern ge- und verurteilt! Das Ausleben der Schatten auf der Traumebene kann auch durchaus gesund sein, solang man weiß, dass es dort zu bleiben hat - in den Träumen! Leider sind viele durch religiöse Dogmen oder moralische Selbstansprüche derart gehemmt, dass sie es nicht mal dort fertigbringen, sich manchen Begehrens zu entschlagen - die stauen das dann auf und explodieren irgendwann - in der realen Welt! Dann gibt es meist Opfer und Greueltat - oder Suizid, zuweilen erweitert. Oder wenn sie schon mal "schwächeln" und sich so einen Erfüllungstraum erlauben, so schieben sie hinterher wochenlang ein schlechtes Gewissen, laufen zur Beichte, kasteien sich mit Selbstverachtung - oder gar mit Selbstverstümmelung oder Selbstgeißelung! Mal ehrlich - wenn du diese beiden Seiten der Medaille vergleichst - wer ist wohl der kaputtere von den beiden? Wer nie gelernt hat, auch seine Dunkelheit zu umarmen und als Teil seines Selbst zu akzeptieren, in dem wird sie schwären und gären, bis sie ihn irgendwann überwältigt und verschlingt! LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

07.02.2017, 18:56	#6
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi Laie! Nochmals Dank! Nicht umsonst lautet mein Untertitel in den Foren "Tenebrae"! LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

08.02.2017, 19:23	#7
*Dana* Slawische Seele Registriert seit: 07.02.2009 Ort: Inselstadt Ratzeburg Beiträge: 5.637	Lieber eKy, natürlich las ich nach Deinem Hinweis auch Laie's "Riese". Beide Gedichte als auch die Kommentare zeigen die schönste Seite eines Forums auf. Das kann nicht immer so funktionieren und muss es auch nicht. Nur die Tatsache, dass es das auch gibt, ist schon ein spannendes und schönes Ergebnis - wobei auch die dunkle Traum-Seite ihren Wert erhält. Damit komme ich zu Deinem Gedicht. Die Schlussverse zeigen in ihrer Verdichtung Deine Erklärung in nur einem Satz auf. Das ist Lyrik: Kunst, Freude und Spannung. Sehr, sehr schön. Liebe Grüße Dana __________________ Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen, ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei)

07.02.2017, 16:10	#3
Laie Erfahrener Eiland-Dichter Registriert seit: 17.11.2015 Ort: Oberpfalz Beiträge: 539	Hallo eKy, das ist großartig! Eine wunde Seele, die sich nach der Gnade der Nacht sehnt und er hofft auf Träume im Schlaf, auch wenn diese nicht perfekt sind. So verstehe ich es jedenfalls Gefällt mir sehr. Gruß, Laie

07.02.2017, 18:38	#5
Laie Erfahrener Eiland-Dichter Registriert seit: 17.11.2015 Ort: Oberpfalz Beiträge: 539	Hallo eKy, jetzt, wo ich deine Erklärung gelesen habe, ist mir auch alles klar. Danke dafür Jeder Mensch hat so seine dunkle Seite. Und ich kann es in gewisser Weise nachvollziehen, wenn sich manche dafür schämen und es unterdrücken wollen, um nur den sozial-bürgerlichen Erwartungen zu entsprechen. Man weiß, dass es dumm ist, aber man kann sich dem schlechten Gewissen nicht erwehren und versteckt sich weiterhin. Bei extremen Phantasien (Gewalt, Pädophilie,...) sollte natürlich jeder so klug sein und sich therapeutische Hilfe suchen. Ansonsten wäre es eine schöne Sache, wenn jeder ohne weiteres luzid träumen könnte. Da wäre vll einigen geholfen Ein tolles Gedicht! Gruß, Laie

08.02.2017, 20:44	#8
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi Dana! Vielen Dank für deine Ehrung unserer Konversation wie unserer Werke. Laie's Version gefällt mir besser, er kommt ohne Dunkelheit aus, seine Zeilen fassen und machen Mut. Ich hatte immer schon einen deutlichen Hang zum Schatten, zur Welt jenseits der Konventionen ... LG,eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

10.02.2017, 16:12	#9
*Falderwald* Lyrische Emotion Registriert seit: 07.02.2009 Ort: Inselstadt Ratzeburg Beiträge: 9.947	Servus Erich, auch ich finde diesen Text äußerst gelungen. Ebenso denke ich, dass das Erleben und das Verschweigen bestimmter Träume durchaus relevant sein kann, um vielleicht auch Verletzungen oder Demütigungen zu vermeiden, und zwar auf allen Seiten. Ich habe keine Ahnung, wie Träume entstehen oder was ihre Auslöser sein könnten, aber unzweifelhaft sind sie immer sehr privat und so muss ihr "Eigentümer" auch selbst entscheiden, wie viel er davon preisgibt. Und solange "das Erlebte" in den Träumen bleibt, kann es auch Privatsache bleiben. Sehr schöner, wenn auch ein wenig dunkler Text, der sich mit dem Unterbewussten auseinandersetzt. Dort sind wahrscheinlich manchmal auch noch Urinstinkte abrufbar. In diesem Sinne gern gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald __________________ Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software Neu: Mein YouTube Kanal

10.02.2017, 16:42	#10
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi Faldi! Schön auf den Punkt gebracht, worauf ich hinaus wollte! LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

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