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Alt 07.02.2013, 09:06   #1
marzipania
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Don Juan, alternd

2. Version

Don Juan (alternd)

Noch findet oft sich eine Mädchenhand,
aus Neugier mehr als auf des Eros Blick,
damit sie weich und warm und unverwandt
dir Trost und Ruhe bringt in dein Geschick,

berühren Frauenschultern, müde, dich -
ein Mund, von deinen Küssen mild geraut,
an die dein Schönlingshaupt fast flehend sich
bald anschmiegt, seine Träume anvertraut

und hofft, sie werden jener Pein gewahr –
vielleicht nicht ganz, jedoch zu jenem Teil,
der sich vergleicht in deinem Augenpaar
mit all der Scham. Denn du warst niemals heil.

Du lebst dir feindlich, suchend, wie verrannt,
verlässt der Frauen Obhut eben dann,
wenn sie aus deiner Stirn die Qual verbannt,
wie Liebe nur und Ewigkeit das kann.

Verraten hast du tausend Mal (den Grund
nicht fassend, deines Schicksals irren Plan)
noch jede Nacht, noch jeden Zufallsfund
mit einem schiefen Lächeln abgetan. -

Nur letztlich fühltest du dich etwas schwer
und fasstest hin und spürtest einen Stein
wo vorher Herz war – kälter als bisher.


1. Version
Noch findet oft sich eine Mädchenhand,
aus Neugier mehr als auf des Eros Wink,
damit sie weich und warm und unverwandt
dir Tröstung ist und dich zur Ruhe bring,

berühren Frauenschultern, müde, dich,
ein Mund, von deinen Küssen mild geraut,
an die dein Schönlingshaupt fast flehend sich
bald anschmiegt, seine Träume anvertraut

und hofft, sie werden jenen Schmerz gewahr –
vielleicht nicht ganz, zumindest doch zum Teil,
der spiegelt sich in deinem Augenpaar
mit all der Scham. Denn niemals warst du heil.

Du lebst dir feindlich, suchend, wie verrannt,
verlässt der Frauen Obhut eben dann,
wenn sie aus deiner Stirn die Qual verbannt
wie Liebe nur und Ewigkeit das kann.

Verraten hast du tausend Mal (den Grund
nicht fassend, deines Schicksals irren Plan)
noch jede Nacht, noch jeden Zufallsfund
mit einem schiefen Lächeln abgetan. -

Nur letztlich fühltest du dich etwas schwer
und fasstest hin und spürtest einen Stein
wo vorher Herz war – kälter als bisher.


© marzipania
[/I]

Geändert von marzipania (09.02.2013 um 09:38 Uhr)
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Alt 07.02.2013, 18:32   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.910
Standard

Hallo marzipania,

der "klassische" Don Juan, der Archetypus des Frauenhelden und eigentlich eine spanische Sage, gab ja schon die Vorlage für viele künstlerische Bearbeitungen, dramatische, wie musikalische und gipfelte schließlich in Mozarts Meisterwerk "Il dissoluto punito, ossía Don Giovanni".

Nun altert dieser Protagonist unweigerlich irgendwann auch einmal und wird somit nun die Kehrseite der Medaille, die ihm das geführte Leben bescherte, kennen lernen.

Es gibt viele kleine Don Juans und Herzensbrecher und wenn jene nicht irgendwann einmal hängen geblieben sind, dann könnte sich das im Alter durchaus mit kalter Einsamkeit rächen.
Wer dann noch den Stein in seiner Brust spürt, der weiß, daß er sich selbst im Weg stand und kommt vielleicht darüber ins Nachdenken, wer weiß ?

So weit, so gut.

Aber jetzt möchte ich noch etwas kritisch anmerken.

Deine Satzkonstruktionen erscheinen mir persönlich als etwas zu gewagt.
Die Sprache selbst ist dem klassischen Thema durchaus angepasst, aber der normale Sprachfluss, bzw. die Verknüpfung verschiedener Satzteile ist nicht leicht in Übereinklang zu bringen.
Ich konnte dem Bild zwar folgen, musste aber deine Aussagen sozusagen entflechten.

Ganz krass ist mir das im Übergang des Satzes von der ersten in die zweite Strophe aufgefallen.
Das habe ich jetzt mindestens fünf Mal gelesen und kann beim besten Willen keine logische Überleitung dort entdecken, ich kann dem Satz als solchem nicht folgen.

Ebenfalls hadere ich diesbezüglich mit Strophe 5 und das liegt nicht an der eingeschobenen "Klammeraussage", da fehlt einfach etwas.

Metrisch und reimtechnisch (Wink/bring ) ist eigentlich alles tiptop, die Idee ist auch herüber gekommen, die Conclusio gefällt mir ebenfalls sehr gut und dieser einsame Stein ist zweifelsohne ein armer Reimwaise und somit als Metapher doppelt gut gelungen.

Aber an der Sprach- und Satzführung solltest du m. E. noch einmal arbeiten.

Das würde sich bei diesem Text lohnen...


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)




Geändert von Falderwald (08.02.2013 um 16:23 Uhr) Grund: Rechtschreibefehler korrigiert
Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.02.2013, 09:13   #3
marzipania
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Mmh, Falderwäldler,
ich warte mal ab, was die anderen meinen und bewege deine Kritik inzwischen im Hirn. - Eine Überarbeitung wäre hier nicht ganz einfach, weil ich, wie du richtig bemerkst, versucht habe, einer verflossenen Sprache gerecht zu werden.
Bis dahin liebe Grüße
marzipania
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Alt 08.02.2013, 19:13   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Marcy!

Sehr lyrisch, sehr "rilkiesk" - gefällt mir!

Ein paar Kleinigkeiten:


Zitat:
Zitat von marzipania Beitrag anzeigen
Noch findet oft sich eine Mädchenhand,
aus Neugier mehr als auf des Eros Winken,
damit sie weich und warm und unverwandt
dich ruhen lässt und in ein Trösten sinken,Sauberer Reim, runde Metrik.

berühren Frauenschultern, müde, dich - Besser Bindestrich hier, sonst zuviele Kommas!
ein Mund, von deinen Küssen mild geraut,
an die dein Schönlingshaupt fast flehend sich
bald anschmiegt, seine Träume anvertraut

und hofft, sie werden jener Pein gewahr – Genitiv: jenes Schmerzes gewahr, aber das passt leider metrisch nicht.
vielleicht nicht ganz, jedoch zu jenem Teil, Klingt melodischer, runder und führt den roten Faden deutlicher weiter.
der sich vergleicht in deinem Augenpaar Unschöne Inversion.
mit all der Scham. Denn du warst niemals heil. So rum fügt es sich besser in die Satzmelodie.

Du lebst dir feindlich, suchend, wie verrannt,
verlässt der Frauen Obhut eben dann,
wenn sie aus deiner Stirn die Qual verbannt, Komma.
wie Liebe nur und Ewigkeit das kann.

Verraten hast du tausend Mal (den Grund
nicht fassend, deines Schicksals irren Plan)
noch jede Nacht, noch jeden Zufallsfund
mit einem schiefen Lächeln abgetan. -

Es war ein glühendes, ein unerhörtes Sein. Ich mag keine offenen Enden, daher dieser Vorschlag als Reim zu "Stein".
Nur letztlich fühltest du dich etwas schwer
und fasstest hin und spürtest einen Stein
wo vorher Herz war – kälter als bisher.


© marzipania
Ein ausgesprochen schönes Gedicht, schon von Sprachhabung und Satzmelodie her. Auch inhaltlich kein Leichtgewicht - alles vermag zu überzeugen! Wunderschön und daher allergernst genossen! Ich hoffe, du kannst mit meinen Tipps was anfangen. Nimm, was dir brauchbar erscheint.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (08.02.2013 um 19:21 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.02.2013, 10:00   #5
marzipania
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Lieber Erich,
vielen Dank für dein Lob.
Und: Wie schön, dass es hier einen so versierten Reimkünstler gibt. Deine Vorschläge sind stets hilfreich und regen zum Nachdenken an.

Zitat:
Noch findet oft sich eine Mädchenhand,
aus Neugier mehr als auf des Eros Winken,
damit sie weich und warm und unverwandt
dich ruhen lässt und in ein Trösten sinken,
Sauberer Reim, runde Metrik.
Das hört sich zwar sehr schön an, doch zeigen alle anderen Verse stumpfe Kadenzen, so dass ich dem Vorschlag nicht folgen möchte.
Die Änderungen der Satzzeichen übernehme ich gern.
Zitat:
und hofft, sie werden jener Pein gewahr – Genitiv: jenes Schmerzes gewahr, aber das passt leider metrisch nicht.
vielleicht nicht ganz, jedoch zu jenem Teil, Klingt melodischer, runder und führt den roten Faden deutlicher weiter.
der sich vergleicht in deinem Augenpaar Unschöne Inversion.
mit all der Scham. Denn du warst niemals heil. So rum fügt es sich besser in die Satzmelodie.
Da stimme ich dir 100%ig zu.
Zitat:
Es war ein glühendes, ein unerhörtes Sein. Ich mag keine offenen Enden, daher dieser Vorschlag als Reim zu "Stein".
Nur letztlich fühltest du dich etwas schwer
und fasstest hin und spürtest einen Stein
wo vorher Herz war – kälter als bisher.
Hier möchte ich dir nicht folgen. Denn ich liebe offene Enden, Waisen und kleine Brüche in Gedichten.
Ich danke dir aus vollem Herzen und bin froh, dass es in diesem Forum möglich ist, meine "Reimkünste" zu vervollkommnen (eigentlich entstamme ich ja dem anderen Lager). ---
Vielleicht ist jetzt auch der Falderwäldler zufrieden?
Manchmal müssen nur ein paar Kleinigkeiten verändert werden ...
Liebe Grüße an euch2
marcy

Geändert von marzipania (09.02.2013 um 10:04 Uhr)
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