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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 19.12.2012, 11:05   #1
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
Standard Schwerelos

Schwerelos

Drehe dich auf deine Weise
Immer weiter, rund im Kreise,
Kleine Kugel drehe dich;
Um dein gold'nes Feuer tanze,
Strahle hell im Sonnenglanze
Blau und silberweiß für mich.

Hier in weiter Weltenferne
Sehe schweigen ich dich gerne,
Wie du heimatlich erstrahlst,
Wie du hell und doch bescheiden
In des Universums Weiten
Mir ein Bild des Friedens malst.

Hier schrumpft alles klein zusammen,
Not und Elend, Kriegesflammen
Brennen aus der Ferne nicht.
Unrecht, Knechtschaft, Diktaturen,
Ihre rohen Folterspuren
Spür' ich aus der Ferne nicht.

Satte, die von Gleichheit sprechen;
Hunger, Seuchen und Gebrechen
Seh' ich aus der Ferne nicht.
Kindertränen, Seelenschmerzen,
Grind auf frischvernarbten Herzen
Seh' ich aus der Ferne nicht.

Fern bin ich von allem Leide.
Frei bin ich in kalter Weite.
Fühle kaum dein blaues Licht.
Drehe Kugel, drehe leise
Immer weiter dich im Kreise.
Glücklich bin ich wahrlich nicht.

Könnte ich mich näher wagen,
Ohne gänzlich zu verzagen,
Käm' ich ganz zu dir zurück;
Doch mir fehlt seit fernen Zeiten
Kraft zur Freude und zum Leiden,
Kraft zu leiden und zum Glück.

Drehe dich im Lichte leise.
Sorge, dass du mir im Kreise
Immer heimatlich erstrahlst.
Immer leicht in fernem Tanze
Unbeschwert im Sonnenglanze
Mir ein Bild des Friedens malst.
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Alt 21.12.2012, 20:07   #2
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber Thomas,

als klangvolle Sprache in Strophen und Reime gefasst - einfach nur schön.
Die Welt aus dem weiten All betrachtet ist ganz sicher so, wie du sie verdichtet hast. Die "Kleinigkeiten" mögen sein, wie sie sind.

Ich gehe davon aus, dass du kein Wesen beschreibst, das es sich leisten kann, die Welt von "oben" zu betrachten, um sich für das "Nichtsichtbare" entschuldigen zu können.

Ich spüre eine Traurigkeit heraus, die sich diese Sichtweise aufgrund einer "Reife" angeeingnet hat, um zu ertragen. Gleichzeitig plagt die Reife eine Sehnsucht, die nicht erfüllt werden kann, weil ihr die Fähigkeit (Kraft) zur Freude und Leid fehlt. Um nah zu sein, sind diese Fähigkeiten Bedingung.
In der letzten Strophe wird aus der Sehnsucht ein Traum - aus der Ferne betrachtet ist er wunderschön.

Dein Schwerelos ist sehr gewichtig und macht nachdenklich.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.12.2012, 13:07   #3
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Thomas
 
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Liebe Dana,

vielen Dank für diesen einfühlsamen Kommentar, in dem ich genau die Situation wiederfinde, in der ich das Gedicht geschrieben habe.

Liebe Grüße
Thomas


P.S.: Es gibt übrigens ein Gedicht von Friedrich Schiller, welches es (typisch!) weniger traurig ausdrückt "Licht und Wärme". Ich füge es mal an:

Der beßre Mensch tritt in die Welt
Mit fröhlichem Vertrauen;
Er glaubt, was ihm die Seele schwellt,
Auch außer sich zu schauen,
Und weiht, von edlem Eifer warm,
Der Wahrheit seinen treuen Arm.

Doch Alles ist so klein, so eng;
Hat er es erst erfahren,
Da sucht er in dem Weltgedräng
Sich selbst nur zu bewahren;
Das Herz, in kalter, stolzer Ruh,
Schließt endlich sich der Liebe zu.

Sie geben, ach! nicht immer Gluth,
Der Wahrheit helle Strahlen.
Wohl Denen, die des Wissens Gut
Nicht mit dem Herzen zahlen.
Drum paart, zu eurem schönsten Glück,
Mit Schwärmers Ernst des Weltmanns Blick.


"Schwärmers Ernst" und "Weltmanns Blick" zugleich, das ist es!
Thomas ist offline   Mit Zitat antworten
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