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Der Tag beginnt mit Spaß Humor und Übermut

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Alt 24.12.2011, 09:59   #11
Stimme der Zeit
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Guten Morgen, Timo,

ich bin mir jetzt nicht sicher, ob ich deinen Kommentar "richtig" verstehe, aber - nein, ich "höre" dich nicht heraus, falls du das damit meinst. Hast du das Gedicht und die Kommentare vielleicht etwas falsch verstanden? Ich dachte, ich hätte einen ganz bestimmten "Typus" doch recht deutlich charakterisiert.

Mir geht es nicht um Fehler, sondern um die "Einstellung" mancher Forenschreiber. Fehler mache ich ebenfalls, so viel ist sicher! Ich wollte lediglich den Typus "Dichterfürst" darstellen. Ich war Mitglied in 4 Lyrikforen, jetzt nur noch hier. Allerdings lese ich auch in anderen Foren, und manchmal, da sträuben sich mir die Haare. Es geht nicht um "Fehlerlosigkeit". Es geht um ganz etwas anderes.

Mal ein paar Beispiele. Ich las neulich in einem dieser Foren in einem Faden. Der betreffende Text war wirklich voller Rechtschreib- und Grammatikfehler. Es erfolgte ein ganz sachlicher, höflicher Kommentar seitens eines anderen Mitglieds, der lediglich darauf hinwies. Worauf die Antwort erfolgte, dass der Schreiber als Dichter es nicht nötig habe, Rechtschreibregeln zu beachten! Nun - warum sollte mir da nicht "der Hut hochgehen"? Noch dazu, wenn der Autor selbst darauf hinwies, es wäre sein erstes Gedicht?

Es geht auch um das Motiv: Selbstdarstellung oder Liebe zur Lyrik? Ich bin Ersterem schon zu oft begegnet ...

Beispielsweise: Ich weiß, dass Legasthenie eine wirkliche Krankheit ist. Nur habe ich mittlerweile Probleme, das zu glauben, wenn es als "Rechtfertigung" angeführt wird. Das liegt einfach daran, dass ich nicht glauben kann, in den Lyrikforen wären so viele Legastheniker unterwegs, wie ich demnach glauben müsste. Weißt du, wann ich es glaube? Wenn Korrekturen vorgenommen werden - egal, in welchem Umfang. Ich sehe es als vielgebrauchte Ausrede, wenn das nur verwendet wird, um sich jede Art von "'Textarbeit" zu ersparen, und der Unterschied zeigt sich mit der Zeit auf jeden Fall. Es gibt auch die beliebte "Krankheitsausrede". Nun: Wer bitte glaubt, dass ein Schreiber in der Lage ist, wirklich täglich ein "Machwerk" zu schreiben und es in einem halben Dutzend verschiedener Foren zu posten - aber aufgrund seiner "gesundheitlichen Probleme" nicht in der Lage ist, auch nur ab und zu mal einen kurzen Kommentar zu schreiben? Was den Betreffenden aber auch nicht hindert, auf Kommentare zu eigenen Werken zu antworten? Also bitte ...

Hinzu kommt, dass es wirklich eine Menge Texte gibt, denen deutlich anzumerken ist, dass sie "lieblos" und ohne jede Bemühung geschrieben wurden. Schau, in deinen Werken (zum Beispiel) merke ich, dass die "Einteilung" durchdacht ist, dass du dir über das, was du schreibst und dessen Ausdruck und Form Gedanken gemacht hast. Ich begegne aber immer wieder Texten, wo ich sofort erkenne, dass dem nicht so ist. Das ist auch einfach zu unterscheiden: Die Zeilenumbrüche sind völlig willkürlich und stimmen mit dem "Inhalt" nicht überein. Da wurde nicht überlegt, sondern einfach die "Enter-Taste" nach Lust und Laune zum "Zerhacken" verwendet, damit es wie ein Gedicht aussehen soll. Und der Inhalt ist unstimmig, es gibt entweder keinen "roten Faden", dem ein Leser folgen könnte oder es ist generell "zusammenhanglos". Eben einfach "hingeschrieben, was durch den Kopf ging" und fertig - oder häufig auch beides.

Und ich unterscheide auch zwischen jemandem, der gerade erst anfängt; zwischen jemandem, der bereit ist dazuzulernen, um sich weiterzuentwickeln - und jemandem, der einfach glaubt, er müsse das gar nicht: "Ich bin ein Dichterfürst, ich habe so etwas nicht nötig, ich bin der Größte, weil ich Ich bin. Und alle anderen sind dumm, weil sie das nicht sofort erkennen." Auch die freundlichsten Hinweise und Ratschläge werden "gnadenlos abgeschmettert". Diese "Terdichtfürßten" erwarten als "Selbstverständlichkeit" jede Menge Respekt - sie selbst aber respektieren niemanden. Das zeigt sich deutlich in den Antworten - wobei sich manche nicht einmal dazu "herablassen". Diese "Fürsten" kommentieren auch so gut wie nie, posten aber dafür einen eigenen Text nach dem anderen. Wenn sie dann doch mal die "Gnade" eines Kommentars erweisen, dann hauptsächlich, um den Anderen "in den Boden zu stampfen".

Niemand ist frei von Arroganz oder Eitelkeit, ich auch nicht, das ist klar. Aber es kommt auf das "Ausmaß" an. Und auf das Motiv, Gedichte zu schreiben. Ich lüge nicht, wenn ich sage, dass mein Motiv echte Liebe zu etwas Wunderschönem ist: Lyrik, vor allem in der Form "Gedicht". Deshalb lerne ich, was ich nur irgend lernen kann, weil ich der Ansicht bin, dass weniger als "alles zu geben, was ich kann" dieser Schönheit nicht gerecht wird - was auch der Grund dafür ist, dass ich ständig lerne, übe und nach Verbesserung strebe. Wirklich gerecht werden kann ich dem sicher nie - aber ich kann mein Bestes geben und immer weiter dazulernen. Weniger wäre mir nicht genug. Das ist allerdings nur meine ganz persönliche Einstellung dazu, ich erwarte das gar nicht von anderen. Lediglich Eines möchte ich: Ein wenig Respekt vor der Lyrik und der "Kunst der geschriebenen Sprache" in Form von Gedichten.

Und vermurkste, lieblos geschriebene und in ein Forum "geklatschte" Texte seitens solcher "Dichterfürsten" sind meilenweit davon entfernt.

Wenn ich "arrogant" bin, dann als "Stellvertreterin" für die Lyrik - die sich selbst ja nicht "wehren" kann ...

Liebe Grüße

Stimme
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Alt 24.12.2011, 21:12   #12
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Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit Beitrag anzeigen
... Ich begegne aber immer wieder Texten, wo ich sofort erkenne, dass dem nicht so ist. Das ist auch einfach zu unterscheiden: Die Zeilenumbrüche sind völlig willkürlich und stimmen mit dem "Inhalt" nicht überein. Da wurde nicht überlegt, sondern einfach die "Enter-Taste" nach Lust und Laune zum "Zerhacken" verwendet, damit es wie ein Gedicht aussehen soll. Und der Inhalt ist unstimmig, es gibt entweder keinen "roten Faden", dem ein Leser folgen könnte oder es ist generell "zusammenhanglos". Eben einfach "hingeschrieben, was durch den Kopf ging" und fertig...

ich weiß, was du meinst und zu recht kritisierst, liebe stimme,

aber machst du es dir hier nicht doch vielleicht ein wenig zu einfach? ich würde nicht wagen, zu beurteilen, wer sich wie viel überlegt oder nicht überlegt hat bei einem text, den er - außer, wenns eindeutig ein vorwand für trollige tätigkeit ist - in ein forum stellt. auch das "lieblos" möchte ich so nicht ohne weiteres unterschreiben.

ebensowenig die (vielleicht ja nur für mich nicht ersichtlichen gründe für) zeilenumbrüche, den (sich mir nicht erschließenden) roten faden.

"einfach hingeschrieben, was durch den kopf ging" - großes "ja" von mir dazu. ich glaube nur, dass man es nicht mit lieblosigkeit verwechseln sollte, nur, weils ev. nicht so umgesetzt ist, wie es die "ernsthafter bemühten" schreiberlinge machen würden. denn die meisten derart "veräußerten" gedanken sind ja durchaus intime gedanken, liefern eine innenschau eines autors - sind somit sicherlich nichts, woran derjenige nicht hängt. damit auch nicht "lieblos". da wär ich vorsichtig.

das heißt noch lange nicht, dass es im akademischen sinne "gut gemacht" ist, was dabei herauskommt. dennoch ist es eine äußerung von etwas, das demjenigen, der es verfasst hat, irgendwas bedeuten muss. warum sonst sollte er es in ein forum einstellen?

und bei vielen der flappsigen antworten oder verteidigungsreden, die dann auf kritiken auf der technischen ebene folgen, lese ich gekränkte verteidigungshaltung. und wenn ich deine ausführungen (im zitat) da oben lese, kann ich auch ein wenig verstehen warum.

da wird ein maßstab angelegt, dem nicht jeder gerecht werden kann und möchte. die frage ist dann, ob dieser maßstab verbindlich ist oder nicht. verbindend - so sehe ich es - soll er sein. damit alle vom gleichen reden. damit "messbareres" da ist für rezensionen und gedichte, wo man sich oft doch nur dem bauchgefühl ausgeliefert sieht.

aber genau DAS kann so eben nicht klappen. nicht alle haben denselben bildungsstand und -zugang. nicht jeder hat denselben geschmack und legt dieselben werte an dinge an, die sich doch nur an der oberfläche gleichen. und darum gibt es auch unterschiedlichste ausführungen zum ewig gleichen thema: be-schreibung der welt. im gedicht. so, wie man es für sich am stimmigsten empfindet.

ich weiß - es ist eine heikle sache und oft sind kritiken, die sachliche mängel beanstanden, berechtigt. doch nicht alles ist vereinheitlichbar. und dann muss man eben manches für sich einfach als "nicht meins" einordnen und sein lassen können. wozu kritisieren? was ist das motiv hinter gedichtrezensionen, die halbe werke umschreiben, nur, damit sie... was oder wem eigentlich ... entsprechen.

außerdem sehen wir doch, dass es für jedes angebotene werk auch irgendwo einen empfänger gibt, bei dem es "gut" ankommt. ist überall so. also auch hier.

die ausführungen von mir hier sind jetzt auch nicht als zurechtweisung gedacht. ich fand nur, dass hier ein wenig zu stark verallgemeinert wird, was erwartungshaltung und deren berechtigung angeht.


das thema ist und bleibt heiß, heikel und spannend.


liebe grüße,


fee
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Alt 24.12.2011, 23:45   #13
Stimme der Zeit
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Liebe fee,

ich denke, wir haben hier unterschiedliche Meinungen. Das ist völlig in Ordnung, denn als zwei verschiedene Menschen können wir einfach verschiedene Ansichten über etwas besitzen. Nimm mein Beispiel mit Humor: Meine Tochter liebt Fenchel - und mich vertreibt bereits der Geruch ...
Ich könnte mich mit ihr streiten, das wäre allerdings ausgesprochen albern. Wir akzeptieren schlicht, dass unser Geschmack, was Fenchel betrifft, absolut "konträr" ist.

Schau, ich beurteile - aber das tun wir alle, wenn auch auf unterschiedliche Art und von unterschiedlichen Standpunkten aus. Beim Lesen eines Textes beurteilen wir ihn sogar ganz automatisch: Das "spricht uns an", das "sagt uns nichts", das finden wir "schön formuliert", das ist "unverständlich" etc. Wir beurteilen auch (für uns), ob uns ein Text als Ganzes gefällt, teilweise oder auch überhaupt nicht. Jeder besitzt diesbezüglich natürlich eigene Maßstäbe, die dabei angesetzt werden.

Was nun den "roten Faden", das "lieblos" und das "Überlegen, ob sich jemand - und wie viele - Gedanken gemacht" hat betrifft: Wir Menschen denken in kausalen Zusammenhängen, wir können gar nicht anders, weil die Evolution unser Gehirn so konzipiert hat. Wir interpretieren unsere Umwelt und suchen ganz automatisch nach Zusammenhängen. Das gilt auch für Lyrik und Geschriebenes. Ein Text kann, außer Worten und Sätzen, sogar lyrische Metaphern enthalten. Wenn diese aber einfach nur in beliebiger Reihenfolge aufgeschrieben werden, ergibt sich kein Zusammenhang, und der Text (Inhalt) bleibt unverständlich - mit "kryptisch" (verschlüsselt, mit verborgenen Bedeutungsinhalten) hat das nichts zu tun. Nur als gedankliche Anregung: Wenn man die Bilder eines Films mittels eines Zufallsgenerators in eine willkürliche Reihenfolge bringen würde, könnte man dann den Inhalt des Films erfassen? Nein, wir brauchen eine "geordnete Reihenfolge", wir brauchen den "roten Faden", um einer Geschichte geistig "folgen" zu können. Liebe fee, es ist wirklich so, dass ich seit einem Jahr täglich wohl mindestens 20 Gedichte lese - in Foren, im Web und in Büchern, von der Antike über die Klassiker bis zur Moderne. Häufig sogar mehr. (Das ist keine Angabe, ich kann nur sehr schnell lesen und Inhalte erfassen.) Das macht die Mindestzahl von 7300 Gedichten. (Nach "unten" kalkuliert.) Werke wie Goethes Faust, Homers Odyssee oder König Ödipus von Sophokles, Schillers und Goethes Xenien u.v.m. nehme ich aus; ebenso wie alles, was nur der reinen "fachspezifischen" Information dient.
Jedes Werk, das ich lese, interpretiere und analysiere ich auch, suche nach Takt, Rhythmus, Klang und - im allerbesten Fall - nach einer "Melodie" - unabhängig davon, von wem es stammt oder ob es in einem Forum steht. (Natürlich nicht immer schriftlich, sondern "im Kopf".)

Willkürliche Zeilenumbrüche - was verstehe ich darunter? Das kann ich hier nicht bis ins kleinste Detail erklären, denn das würde viel zu weit führen und jeden Rahmen sprengen. Aber ich kann ein paar grundsätzliche Dinge zur Veranschaulichung anführen. Was unterscheidet einen "willkürlichen" Zeilenumbruch von einem "bewusst gesetzten"? Dabei wird der Bereich berührt, der zu den heftigsten Kontroversen führt - dem, was Freie Verse genannt wird. Das Problem ist: Freie Verse sind nicht frei. Sie haben ihre Regeln, genau so wie "gebundene" - nur andere. Ein bewusst gesetzter Zeilenumbruch ist sowohl Stil- und Gestaltungsmittel als auch ein Instrument, einen Text in "Sinnabschnitte" zu teilen - dafür ist es aber notwendig, dass der Zeilenumbruch das auch macht. Einfach einen Satz an beliebiger Stelle (ich sah das schon oft: Ah, die Zeilen ungefähr gleich lang, damit es schön nach Gedicht aussieht ...) in "Stücke" zu teilen, das funktioniert nicht, das ergibt kein Gedicht. Nur einen "zerhackten" Text.

Freie Verse - sie sind das wirklich Schwierige. Aus gutem Grund befasse ich mich daher erst seit (relativ) kurzer Zeit damit - ich hielt es für sinnvoll, mich "der Reihe nach durchzuarbeiten". "Gebundene" Gedichtformen sind tatsächlich das Einfachere. Es gibt feste "Vorgaben": Bestimmte Versmaße, bestimmte Metren, Hebungsanzahlen, Silbenzahlen, Anzahlen von Strophen und von Versen innerhalb der Strophen u.s.w. Dem kann man, wenn man wirklich "von unten" anfängt (was ist ein Jambus, Trochäus, etc.) nach und nach folgen und es lernen. Mit Zeit und Übung wird man damit "vertraut". Bei den "wirklichen" Freien Versen sieht das ganz anders aus. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass es da kein Metrum gäbe oder keinen Rhythmus und Ähnliches mehr. Allerdings: Es gilt hier, das alles "selbst zu formen und zu kreieren" - denn hier gibt es keine Vorgaben, um ihnen zu "folgen". Ein sehr gutes Beispiel für wirklich wunderbare Freie Verse ist Johann Wolfgang von Goethes Werk "Der Besuch":

Der Besuch

Meine Liebste wollt ich heut beschleichen, aber ihre Türe war verschlossen. Hab ich doch den Schlüssel in der Tasche! Öffn ich leise die geliebte Türe!

Auf dem Saale fand ich nicht das Mädchen, fand das Mädchen nicht in ihrer Stube; endlich, da ich leis die Kammer öffne, find ich sie, gar zierlich eingeschlafen, angekleidet, auf dem Sofa liegen.

Bei der Arbeit war sie eingeschlafen: Das Gestrickte mit den Nadeln ruhte zwischen den gefaltnen zarten Händen; und ich setzte mich an ihre Seite, ging bei mir zu Rat, ob ich sie weckte.

Da betrachtet ich den schönen Frieden, der auf ihren Augenlidern ruhte; auf den Lippen war die stille Treue, auf den Wangen Lieblichkeit zu Hause;
und die Unschuld eines guten Herzens regte sich im Busen hin und wieder. Jedes ihrer Glieder lag gefällig, aufgelöst vom süßen Götterbalsam.

Freudig saß ich da, und die Betrachtung hielte die Begierde, sie zu wecken, mit geheimen Banden fest und fester.

O du Liebe, dacht ich, kann der Schlummer, der Verräter jedes falschen Zuges, kann er dir nicht schaden, nichts entdecken, was des Freundes zarte Meinung störte?

Deine holden Augen sind geschlossen, die mich offen schon allein bezaubern; es bewegen deine süßen Lippen weder sich zur Rede noch zum Kusse; aufgelöst sind diese Zauberbande deiner Arme, die mich sonst umschlingen, und die Hand, die reizende Gefährtin süßer Schmeicheleien, unbeweglich.

Wär’s ein Irrtum, wie ich von dir denke, wär es Selbstbetrug, wie ich dich liebe, müßt ich’s jetzt entdecken, da sich Amor ohne Binde neben mich gestellet.

Lange saß ich so und freute herzlich ihres Wertes mich und meiner Liebe; schlafend hatte sie mir so gefallen, daß ich mich nicht traute, sie zu wecken.

Leise leg ich ihr zwei Pomeranzen und zwei Rosen auf das Tischchen nieder; sachte, sachte schleich ich meiner Wege. Öffnet sie die Augen, meine Gute, gleich erblickt sie diese bunte Gabe, staunt, wie immer bei verschloßnen Türen dieses freundliche Geschenk sich finde.

Seh ich diese Nacht den Engel wieder: O wie freut sie sich, vergilt mir doppelt dieses Opfer meiner zarten Liebe.


Oder so:

Der Besuch

Meine Liebste wollt ich heut' beschleichen,
Aber ihre Türe war verschlossen.
"Hab' ich doch den Schlüssel in der Tasche!
Öffn' ich leise die geliebte Türe! "

Auf dem Saale fand ich nicht das Mädchen,
Fand das Mädchen nicht in ihrer Stube.
Endlich, da ich leis' die Kammer öffne,
Find ich sie, gar zierlich eingeschlafen,
Angekleidet, auf dem Sofa liegen.

Bei der Arbeit war sie eingeschlafen;
Das Gestrickte mit den Nadeln ruhte
Zwischen den gefaltnen zarten Händen;
Und ich setzte mich an ihre Seite,
Ging bei mir zu Rat, ob ich sie weckte.

Da betrachtet' ich den schönen Frieden,
Der auf ihren Augenlidern ruhte:
Auf den Lippen war die stille Treue,
Auf den Wangen Lieblichkeit zu Hause,
Und die Unschuld eines guten Herzens
Regte sich im Busen hin und wieder.
Jedes ihrer Glieder lag gefällig,
Aufgelös't vom süßen Götterbalsam.
Freudig saß ich da, und die Betrachtung
Hielte die Begierde, sie zu wecken,
Mit geheimen Banden fest und fester.

"O du Liebe," dacht' ich, "kann der Schlummer,
Der Verräter jedes falschen Zuges,
Kann er dir nicht schaden, nichts entdecken,
Was des Freundes zarte Meinung störte?

"Deine holden Augen sind geschlossen,
Die mich offen schon allein bezaubern;
Es bewegen deine süßen Lippen
Weder sich zur Rede noch zum Kusse;
Aufgelöst sind diese Zauberbande
Deiner Arme, die mich sonst umschlingen,
Und die Hand, die reizende Gefährtin
Süßer Schmeicheleien, unbeweglich.

"Wär's ein Irrtum, wie ich von dir denke,
Wär es Selbstbetrug, wie ich dich liebe,
Müßt' ich's jetzt entdecken, da sich Amor
Ohne Binde neben mich gestellet."

Lange saß ich so und freute herzlich
Ihres Wertes mich und meiner Liebe;
Schlafend hatte sie mir so gefallen,
Daß ich mich nicht traute, sie zu wecken.

Leise leg' ich ihr zwei Pomeranzen
Und zwei Rosen auf das Tischchen nieder;
Sachte, sachte schleich' ich meiner Wege.

"Öffnet sie die Augen, meine Gute,
Gleich erblickt sie diese bunte Gabe,
Staunt, wie immer bei verschloßnen Türen
Dieses freundliche Geschenk sich finde.

"Seh' ich diese Nacht den Engel wieder,
O, wie freut sie sich, vergilt mir doppelt
Dieses Opfer meiner zarten Liebe!"


(Das sind Freie Verse - übrigens sind es auch Trochäen.)

Zitat:
dennoch ist es eine äußerung von etwas, das demjenigen, der es verfasst hat, irgendwas bedeuten muss. warum sonst sollte er es in ein forum einstellen?
Bitte versteh mich hier nicht falsch - aber wenn jemand sich beispielsweise Liebeskummer "von der Seele" reden möchte, dann akzeptiere ich das doch auch. Nur - ein Lyrikforum ist ein Lyrikforum. Natürlich verstehe ich, wenn jemand mal etwas "loswerden" möchte/muss - aber dafür ist ein Lyrikforum einfach nicht der richtige "Ort". In so einem Fall wäre ich gerne bereit, Links zu empfehlen oder auch selbst nach welchen zu suchen. Ich bin ja kein Unmensch, nur weil ich Gedichte liebe und diesbezüglich durchaus ein "Grundmaß an Anspruch" besitze.

Aber es ist so, liebe fee. Es gibt die reinen Selbstdarsteller, und zwar eine ganze Menge davon. An Lyrik liegt ihnen in Wahrheit gar nichts, auch nicht an Gedichten. "Ich möchte keine Kritik unter meinem Gedicht lesen" - das stand im Posting, direkt unter dem Gedicht. Ein paar Stunden danach: Text selbst hochgepusht - "Hey, habt ihr hier keine Lust zu lesen?". Noch ein paar Stunden später: Erneutes Selbst-Pushing - "Mann, ihr seid ja alle doof hier! Jetzt macht mal, und sagt mir was! Mein Gedicht steht schon seit Stunden hier!" Das Folgende sagte dann die Moderation ...

Ich stimme dir zu: Wir haben alle nicht den gleichen Bildungsstand. Ich beispielsweise habe im Verkauf gearbeitet, bin aus gesundheitlichen Gründen ins Büro gewechselt und habe nur Mittlere Reife. Alles, was ich weiß, habe ich mir hart "erlernt". Und ich bin sehr nachsichtig, wenn ich bemerke: Da ist nicht mehr, der/die Betreffende kann nicht mehr lernen, es geht nicht "weiter", hier ist Schluss. Es geht um "Nicht-Können" und um "Nicht-Wollen". Es geht darum, ob jemand auch anderen Anerkennung und Kommentare gönnt oder (Tatsache!) sich ein eigenes "Privatforum" einrichtet - ohne Mitglieder, nur mit eigenen Texten. Ein Forum, keinen Blog und keine Website ...

Doch, das alles erfinde ich nicht. Es sind Tatsachen.

Selbstverständlich haben wir auch alle einen verschiedenen "Geschmack". Da gebe ich dir absolut recht. Es wäre ansonsten sicher langweilig ...
Aber ein Gedicht kann keine Empfindung sein - es entsteht "mit ihr" und "aus ihr". Ist ein Gedicht nur ein aufgeschriebenes Gefühl? Ist Poesie nicht deshalb so schön, weil sie etwas "Besonderes" ist - und entsprechend auch "gewürdigt" werden sollte? Lyrische Sprache - das ist etwas anderes als ein Tagebucheintrag. Wobei selbst "Jugendsprache" zu einem Gedicht werden oder auch ein politisches Pamphlet ein gutes Gedicht sein kann. Aber ein Gedicht ist "geformt, bedacht und gefühlt".

Ein Text kann schön sein - aber das macht ihn nicht zu einem Gedicht. Was nun das "halbe-Texte-umschreiben" betrifft: Ich habe nie eine solche Textrezension geschrieben, nie einen Verriss und noch nie einen Text "heruntergemacht". Daran liegt mir auch nichts. Ich gebe Tipps, Hinweise, Ratschläge und mache Anmerkungen, mehr nicht. Und ich lasse sehr viel gelten.

Es geht mir nicht um das "Gradmaß an Können", liebe fee. Nur um Selbstdarstellung, Selbstverliebtheit und - offen gesagt - Faulheit. Wie viel jemand lernen kann, das ist ganz verschieden. Aber einfach zu sagen: Ich bin's, da habt ihr mein Gefühl und ich habe es nicht nötig, etwas zu lernen, weil ich ein geborener Meisterdichter bin - das kann es auch nicht sein, stimmt's?

Liebe fee, ich hoffe, wir bleiben "Forenfreunde", selbst wenn wir hier sicher teilweise ganz unterschiedliche Meinungen vertreten. Ich meine das hier auch auf gar keinen Fall als Zurechtweisung! Meine "Erwartungshaltung" ist eben, dass etwas so Wunderbares wie Lyrik und Poesie auch etwas "Anstrengung" verdient haben.

Und ja, es ist ein "heißes" Thema, denn hier "scheiden sich nur zu oft die Geister". Also: Nichts für ungut, vielleicht ist es jetzt, nach diesem Kommentar auch so, dass du verstehst, dass ich nicht verallgemeinere. Ich lege immer nur meine Gedanken, meine Überzeugungen und meinen Standpunkt dar - ohne den Anspruch, dass man mir "zustimmen muss" oder dass irgendetwas davon für alle gelten müsste.

Liebe Grüße

Stimme
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Geändert von Stimme der Zeit (25.12.2011 um 00:07 Uhr)
Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.12.2011, 08:38   #14
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dein terdichfürsten-text, liebe stimme,


bezieht sich ja eigentlich auf diese selbsternannten, unbelehrbaren, die sich aber mächtig produzieren. und da bin ich voll bei dir. seh sie allerdings als den üblichen bevölkerungsanteil derer, die es ja in anderen bereichen auch gibt. so, wie z.bsp. die selbsternannten acryl-künstler, die auch mal eben so farbe irgendwie auf leinwand überführen, dort verfestigen lassen und sich und ihr werk feiern. ist ja da nicht anders.

und auch da schaffens machen bis in eine "ausstellung". und wenns nur an den wänden des befreundeten ladenbesitzers nebenan ist... (oder eine internet-galerie).

und denen würde ich auch nie "lieblosigkeit" unterstellen. nichtwissen allerdings schon. nicht-besser-wissen auch.
doch da hat doch jeder von uns irgendwo irgendeinen bereich, in dem er sich betätigt und das tun genießt, (ohne dazu erst ein halbes studium absolviert zu haben. und auch gar nicht diesen anspruch erhebt, etwas großes geschaffen zu haben. doch von denen war hier im gedicht nicht die rede. in deiner antwort an timo allerdings war das nicht mehr so deutlich abgegrenzt und darauf hab ich reagiert.)

so ähnlich wie bei den hobby-malern seh ich das auch in lyrikforen im net. warum nicht auch mal was schreiben/malen und sichtbar ausstellen? wenn's freude macht? wems als betrachter keine macht, der kann doch einfach wegsehen. der kunst - in ihrer ernsthaftigkeit der eigentlichen definition - wird dadurch jedenfalls kein schaden zugefügt! jedenfalls nicht mehr, als ohnehin schon immer da war. und das wird sich auch nicht ändern. die muss also nicht extra hochgehalten und verteidigt werden.

wozu sich also aufregen? und unnötig leute kränken, indem man ihnen vermeintliche lieblosigkeit aufzeigt. auch, wenn sie sicher in den eigenen augen des rezensenten da ist, weil ein bemühen fehlt. doch bemühen ist nicht jedermanns sache und dazu müsste auch erstmal der entsprechende zugang und horizont vorhanden sein. und die ganz persönliche einstellung... und die ist eben nun mal "ganz persönlich".

deine lange und ausführliche antwort sagt mir, du hast einiges zu umfassend aufgefasst von dem, was ich im vorigen posting schrieb. vermutlich, weil du dich von mir zurechtgewiesen gefühlt hast. dabei hab ich extra betont, dass es genau so nicht gemeint ist. ich fand nur, dass die annahme der lieblosigkeit voreilig wäre und dafür eigentlich zu absolut formuliert daherkam. mehr aber auch nicht. grade da aber - hab ich den eindruck - wird es in foren immer heikel und da verhärten sich die fronten mit jedem versuch durchzudringen mehr anstatt das eigentlich erwünschte zu erreichen.

ich werd so ein machwerk auch nie loben oder gut finden. aber es regt mich eben auch nicht auf. und ich sehe - außer bei den selbstdarstellern, die du oben beschrieben hast - durchaus, dass eine motivation hinter einem "schlecht gemachten" werk stecken kann oder muss. vielleicht ist es ja nur eine "falsche" motivation... dann ist kein wunder, wenn dialoge zwischen rezensenten und "autor" aneinander vorbei laufen.

so weit sind wir also nicht auseinander, liebe stimme. daher seh ich auch - von meiner seite aus - kein problem, was das foren-miteinander hier angeht. ich hoffe, du hast meine einlassung nicht zu dauerhaft in den falschen hals gekriegt. so wars nicht gemeint.


und ich glaube, dass genau DAS schon viele als ausreichend sehen, um das gefühl zu haben und den (aufrichtigen) glauben, ein gedicht geschrieben zu haben:

Zitat:
Ist ein Gedicht nur ein aufgeschriebenes Gefühl? Ist Poesie nicht deshalb so schön, weil sie etwas "Besonderes" ist - und entsprechend auch "gewürdigt" werden sollte?
ja, ist es, werden viele sagen. "und deshalb etwas besonderes, weil ich ein gefühl von mir aufgeschrieben habe." ich glaube, das wird oft verkehrt rum gesehen. so nach dem motto "ich schenke der welt mein innerstes. etwas von mir. das ist, was es wertvoll macht". dass der wert eigentlich erst endgültig in einheit mit dem "wie ist es gemacht" entsteht, das ist ihnen nicht bewusst. sie würdens auch nicht erkennen, wenn man es ihnen vorsetzt. da ist die perspektive einfach eine andere. aus vielen gründen. der entwicklungs-psychologische und -kulturelle persönliche hintergrund spielt dabei eine große rolle. den kann man auch mit dem besten lyrik/kunst-unterricht nicht umkehren. das meinte ich mit horizont.

all die kriterien, die du mir in deiner antwort hier so ausführlich nahezulegen versucht hast, die sind unbestritten wichtig, wenn dabei ein ergebnis rauskommen soll, das mehr kann als bloße "gefühlsäußerung" zu sein.mir allerdings hättest du sie nicht darlegen brauchen.

und ich fürchte: auch die, die das bis jetzt nicht aus eigenem antrieb für sich so erkannt haben, werden das lesen und es an sich abgleiten lassen. die haben sich ihre ansicht von lyrik und kunst - so wie du und ich auch - bereits selbst gebildet und zurechtgelegt.


die lieblosigkeit war das thema, an dem ich hängenblieb. die ist es auch, die für mein gefühl ganz besonders dein empfinden kränkt - sonst hättest du sie nicht derart beherzt ins rennen geführt. die von dir wahrgenommene lieblosigkeit, die das "gefährdet", wofür du (ich nehme mal an, gerne) so viel zeit und mühe investierst; das, woran dein herz hängt.
tut sie aber nicht. echt nicht. egal, wieviel davon in foren steht und rumgeistert. wer erkennen kann, erkennt ohnehin.


lieber gruß


fee

Geändert von fee (25.12.2011 um 08:47 Uhr)
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Alt 25.12.2011, 09:54   #15
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Liebe fee,

eine kurze Antwort noch von mir. Nein, ich habe mich wirklich nicht "zurechtgewiesen" gefühlt.

"Lieblosigkeit" - ja. Du hast recht. Ich "liebe" Lyrik und Poesie, die Ästhethik von "Sprachkunstwerken" wie Gedichten, deshalb hat das bei mir eine ganz andere Bedeutung.

Weißt du, das wirkliche Interesse an dieser "Kunstform" (für mich ist es das) nimmt kontinuierlich ab. Und ja - ich fürchte tatsächlich, dass die "Schönheit sprachlicher Kunst" mehr und mehr "gefährdet" ist. Betrete ich ein Buchgeschäft, finde ich diesen Bereich irgendwo "hinten, in der Ecke", während "routiniert geschriebene Schema F-Bücher" wie "Mein heißgeliebter Vampir - Teil 195" () zwei Drittel der Regale füllen. Geschrieben von Autoren, die "leichtverdauliche Massenware" am "Fließband" produzieren. Dazu noch Sachbücher (viele, viele über Wirtschaftsthemen), Ratgeber für alles Mögliche und Unmögliche. Kaum noch "Raum" für Poesie ...

Aber lass uns diese Diskussion beenden. Ich möchte dir nur sagen, dass du sicher in vielem recht hast - ich kann das nur nicht so sehen wie du. Ja, weil mich der drohende "Verlust" schmerzt, denn "mein Herz hängt wirklich daran".

Liebe Grüße

Stimme
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Alt 25.12.2011, 13:04   #16
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Stimme!

Ach, wie sehr muss ich dir beipflichten! Wir, die wir die Schönheit der Sprache schätzen, sind eine verschwindende Minderheit. Deshalb geht auch kein Verleger das Risiko ein, neue Namen zu publizieren. Lieber die altbekannten Namen neu auflegen - immer wieder, das macht prestigeträchtigen Wind im Bücherregal, auch wenn man kaum je reinschaut!

Versteh mich recht, ich bewundere Genies wie Rilke, Goethe, Hesse und die vielen anderen, aber niemand interessiert sich für UNSER Schaffen! Natürlich mag es sein, dass wir einfach nicht gut genug sind, um vor der Geschichte der Lyrik bestehen zu können, das kann sein.
Andererseits bekommen wir gar nicht erst die Chance, uns zu beweisen! Man stellt uns in die Ecke "Verstaubt, antiqiert, altbacken" und denkt nicht weiter nach, hört gar nicht genauer hin!
Tranströmer schreibt nicht schlecht, zB, aber sein Nobelpreis, so sehr er ihm gegönnt sei, ist wieder mal ein typisches Beispiel für literarische "Mode"!
Ein "althergebracht" Schreibender hätte keine Chance gehabt. Nicht "innovativ" genug! HA! Ich frage mich, was die Krampferneuerer deutschen Gedichtguts dereinst machen, wenn die gangbaren Möglichkeiten des Baukastensystems "Sprache" mal erschöpft sind! Wohin sie sich dann wohl noch "hinerneuern"!?
Es wäre an der Zeit, dass wieder die tränentreibende pure Schönheit der Sprache Einzug in die zeitnahe Lyrik hält! Aber mach DAS mal einem nüchtern kalkulierenden Verlagsdirektor klar! Oder einem selbsternannten sog. Literaturfachmann und Kritiker, der in sprachwissenschaftlichen Sphären der Hirnwixerei schwebt, die ein Gesunder gar nicht mehr nachvollziehen kann!

Ach, es ist ein Trauerspiel!
Mach ein Gedichtbuch aus "Äscht voll Kunst - isch schwöär!", und es wird wesentlich höhere Verkaufszahlen erzielen als jedes ernstgemeinte Gedichtbuch, weil das Ablachen über die Schwächen anderer jederzeit beliebter (weil einfacher) ist als die tiefgreifende Auseinandersetzung mit ihren Stärken! Noch ein paar süffisante bis (beinahe) rassistische Kritzeleien dazu, und du hast einen Satirerenner! - Voll äscht, isch schwöär!!!

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 25.12.2011, 16:41   #17
Stimme der Zeit
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Hallo, liebe Mit-Diskussionsfreunde,

ich habe diesen Faden in das Diskussions-Forum kopiert, da die Beiträge beginnen, sich vom Thema in andere Bereiche zu erstrecken.

Wer möchte, kann sich dort gerne weiterhin an der entstandenen Diskussion beteiligen - gerne auch jeder neue "Mit-Diskutierer".

Die Diskussion findet sich hier: "Voll Kunst! Isch schwöar! - Diskussion."

Hier bitte wieder "zurück zum Gedicht" - das gilt vor allem für mich.

Liebe Grüße

Stimme/Mod
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.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2012, 16:36   #18
Justin
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Liebe Stimme,

ich habe zwar momentan keine Wortklauberei zu Deinem spaßigen Gedicht auf Lager, möchte aber meinen Senf zur Rechtschreibung beigeben. Immerhin hat das jahrelang meinen Alltag bestimmt.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, daß ein fertiges Druckerzeugnis niemals ganz fehlerlos sein kann. Man kennt die Geschichte aus Amerika, wo einem Korrektor in einer Anzeige ein Jahresgehalt von einer Million geboten wurde, wenn es ihm gelingen würde, überhaupt keinen Fehler zuzulassen. Daraufhin hat sich niemand gemeldet, weil jeder nur zu gut wußte, daß das nicht möglich ist.

Man konnte am Arbeisplatz gerüffelt werden, wenn etwas übersehen wurde. Dem anderen wurde das dann mit gleicher Münze heimgezahlt . Und es gab schon aufregende Momente. Auf der Satzanweisung standen die satztechnischen Details - daß nach Manuskript vorgegangen werden sollte, aber auch nach der Dudenschreibung. Einmal mußte ich ein Werk über "Columbus" von einer Kollegin übernehmen. Meine Eingebung gab mir die Schreibung mit "C" vor - so wie im Manuskript. Im Duden stand es aber mit "K". Nach Rückfrage wurde ich angehalten, das immer als K anzustreichen. Der Teufel war dann los, als es wieder vom Verlag zurückkam. Ich war plötzlich der Sündenbock, obwohl ich ja nur die Anweisung vom Oberkorrektor befolgt hatte. Da mußte ich mich natürlich verteidigen .

Auf die eigene Kappe ging aber auch etwas - wie bei den anderen. Die letzte Durchsicht vorm Druck - die Revision - wurde aus der Druckerei durch eine Art Schornstein hochgeleiert. Das hatte man dann durchzusehen und brachte es dem Setzer. Einmal kam der zurück in die Kammer und sagte (sich mehrmals mit der Faust an den Kopf schlagend): "Uuh, Uuh, Uuh, schau mal hin, was da steht - NOTITZEN. Das sind keine TITZEN, sondern TIZEN. Hast wohl gedacht, weil nur ein Wort dasteht, ist kein Fehler drin". . Anschließend bin ich durch die Setzerei gewackelt und konnte mich nicht halten vor Lachen. Und der Setzter im Hintergrund lachte mit.

Es ist heute leider so, daß die Rechtschreibung nicht mehr so straff gehandhabt wird wie in der Vergangenheit. Das liegt am Aufkommen des Internets, wo manchmal jeder so schreibt, wie es ihm paßt, aber auch an konfusen Regeln der Rechtschreibreform. Immer häufiger wird sogar ein Korrekturgang ausgelassen. Wenn ich hier schreibe, tue ich es immer noch am liebsten nach den alten Regeln. Bin ich beim Korrigieren halte ich mich an das Regelwerkt der Reform zur Rechtschreibreform. Somit wird wenigstens eine Balance gewahrt.

Liebe Grüße

Justin

Geändert von Justin (14.01.2012 um 06:57 Uhr)
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Alt 14.01.2012, 04:54   #19
Sidgrani
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Hallo Stimme der Zeit,

so ein Nonsensgedicht zu schreiben, kann auch Spaß machen - das Lesen sowieso! Ist dir gut gelungen.


Der Jabberwocky kann’s manch gutbess
Der Zipferlak gleich fast, schwördas
Und Lachwitz ist Azznei wie Glutstress
Der Dichting vielschreib kann nichtlass

Liebe Grüße
Mandrillo
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Alt 14.01.2012, 09:04   #20
Stimme der Zeit
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Guten Morgen, Justin,

es war interessant und zugleich sehr unterhaltsam, deinen Beitrag zu lesen. Bei dem Teil mit "NOTITZEN" musste ich richtig lachen. So kann's gehen.

Bitte glaube mir, dass ich gar keine völlige Fehlerfreiheit erwarte. Ich vertippe mich auch mal und ich bin mir absolut sicher, dass ich ebenfalls Interpunktionszeichen falsch setze und Tippfehler übersehe. Ich habe auch mal versehentlich substantivierte Adjektive klein geschrieben und das trotz meinem Korrekturlesen nicht bemerkt. Bei mir gibt es auch mal "Betriebsblindheit".

Selbstverständlich sind wir alle nicht perfekt, ich schon gar nicht. Ich habe bereits versucht, in den oberen Antworten von mir zu spezifizieren, was ich eigentlich meine, wenn ich z. B. von "Lieblosigkeit" spreche.

Für mich sind Gedichte etwas Schönes. Weißt du, mir geht es beileibe nicht um einzelne Fehler oder einzelne Inversionen und auch nicht um etwas, das ein Autor übersehen hat. Es ist nur so, dass ich (hier auf Gedichte-Eiland glücklicherweise nicht) häufig Gedichte oder Beiträge lese, die von Fehlern jeder Art nur so strotzen. Und ich kann Folgendes eben nicht glauben: Ein Text ist also voller Fehler in Grammatik, Interpunktion und Rechtschreibung. Eine solche Häufung kann nicht übersehen werden. Trotzdem steht es so da. Das bedeutet, dass sich der Schreiber nicht die Mühe gemacht hat, auf irgendetwas zu achten bzw. es vor dem Einstellen wenigstens ein Mal durchzulesen und etwas zu verbessern. Da lautet für mich die Frage: Wie viel liegt also dem Autor überhaupt am Text? Und wieviel an der Sprache selbst? Wo doch die kleinste Mühe schon zu viel ist?

Ich liebe Lyrik, Gedichte und die Ästhetik der Sprache. Folglich gebe ich mir immer Mühe, um das so gut zu machen, wie ich kann. Daher lese ich mehrmals Korrektur, bevor ich etwas poste oder einen Beitrag abschicke. Meine Schwierigkeit liegt im Gedanken, dass ein (und das meine ich mit "lieblos") einfach "hingeklatschter" Text, der nur ja keinerlei Anstrengung erfordern darf, mir zeigt, dass jemandem sowohl Lyrik als auch Sprache wohl eigentlich "egal" sind. Wenn dem Betreffenden also am eigenen Werk nichts liegt - was kann ich dann von dem Werk halten?

Und es gibt natürlich wirkliche Legastheniker. Allerdings machte ich die Beobachtung, dass diese das in den meisten Fällen mitteilen und sogar um Korrekturen bitten, viele nutzen ein Korrekturprogramm (das ist zwar nicht das Beste, aber doch viel mehr als nichts) und sie freuen sich, wenn Leser in ihren Kommentaren auf die Fehler aufmerksam machen und setzen das auch um. Davon kann also weder in meinem Gedicht noch in meinen Antworten die Rede sein! Es ist nur leider so, dass ich auch im Laufe der Zeit feststellte, wie oft das sicher nur eine bequeme Ausrede ist, um sich eben keinerlei Mühe geben zu müssen. In solchen Fällen wird schlicht gesagt: "Ich bin Legastheniker." - und das war's dann. Korrigiert wird nichts. Im Gegenteil, irgendwelche Anmerkungen seitens Lesern werden als etwas "Lästiges" einfach "abgebügelt".

In meinem Gedicht habe ich das Ganze natürlich maximal überspitzt, so extrem kann es ja im Grunde gar nicht sein. Persönlich sehe ich in Sprache und schriftlichem Ausdruck derselben die "Grundvoraussetzung" für ein Gedicht. Wenn mir etwas an Lyrik und Gedichten liegt, dann kann ich (so denke ich!) gar nicht anders, als auch Sprache und Schrift einen entsprechenden "Wert" beizumessen. Offen gestanden komme ich mir als Leserin "verarscht vor" (Verzeihung!), wenn jemand behauptet, er schätze Gedichte und Lyrik hoch ein, während ihm an deren Grundvoraussetzungen gar nichts liegt. Das kann nicht zusammenpassen.

Und was nun Inversionen o. Ä. betrifft, da gibt es einen Fall. Dort schreibt jemand seit einer ganzen Anzahl von Jahren, aber es ist immer wieder das Gleiche. Wenn ich lesen muss, dass sich jemand für einen "großen Dichter" hält, aber sich nicht aus der Qualität seiner Werke sondern über deren schiere Anzahl (Quantität) identifiziert, nichts dazulernt, behauptet, Hexametergedichte wären keine - wörtlich: "Nicht-Gedichte" und meint, dass er nichts lernen müsse, nur in Endreimen und einem Metrum Merkmale eines Gedichts sieht - ja, was halte ich davon? Wobei jener also meist die unglaublichsten Satzkonstrukte in Verse "quetscht", nur um (beispielsweise) einen Endreim zustande zu bringen? Dazu wäre noch zu sagen, dass derjenige es bis heute schafft, zugleich auch ständig metrische Fehler zu begehen und weder den Dativ noch Groß- und Kleinschreibung oder Interpunktion zu beherrschen. Die "Einstellung" dieses "Meisterdichters" ist unglaublich. Korrekturen oder Verbesserungsvorschläge werden angenommen - aber niemals in einem späteren Gedicht umgesetzt. Daraus schließe ich, dass der Betreffende die "Arbeit" gerne den Lesern überlässt - um am Ende stolz auf sich selbst zu sein. Das wird auch gerne verkündet. Manchmal kommt am Ende etwas wesentlich Besseres heraus - aber derjenige sieht in einem Werk, das dann gar nicht mehr "Seines" ist sein eigenes "Können" manifestiert. Dass es dann aber die Kommentatoren waren, die im eigentlichen Sinne ein "ganz anderes Werk" schrieben, das häufig wenig mit dem "Ursprung" zu tun hat, wird geflissentlich ignoriert. Nein, das Ergebnis resultiert immer aus seinem "Können".

Nun ja, ich gebe zu, dass ich meine Schwierigkeiten mit der "Reform der Reform der Reform der Rechtschreibreform habe. (Ganz persönlich möchte ich das eher die "Reform der Reform der Recht-auf-Falschschreibreform" nennen. ) Ästhetik und Komplexität also auf Kosten von Simplifizierung? Ich kann nicht anders, mich "schmerzt" das, weil es doch gerade diese Dinge sind, wodurch eine Sprache die Vielfalt lyrischer Ausdrucksform besitzt. Ich kann nur offen zugeben, dass ich Lyrik und Gedichte eben "liebe" und mit größtmöglicher Sorgfalt zu Werke gehe. Ja, mich "verletzt" das, das gebe ich unumwunden zu. Mir liegt zu viel daran, als dass ich Desinteresse und Gleichgültigkeit einfach so hinnehmen könnte. Das alles sind nur meine privat-persönlichen Ansichten, darauf weise ich auch immer wieder hin. Ich kann nur eben nicht glauben, dass aus "Interessiert mich nicht" ein Gedicht entsteht.

Liebe Grüße

Stimme

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Hallo, Mandrillo,

Zitat:
so ein Nonsensgedicht zu schreiben, kann auch Spaß machen - das Lesen sowieso! Ist dir gut gelungen.
Ich musste beim Schreiben an manchen Stellen lachen - aber der "Grundtenor" ist durchaus ernst. Es ist ein Satiregedicht, und daher eigentlich gar kein Nonsens, auch wenn ich wollte, dass es so wirkt. Tatsächlich steckt da "ernsthafte" Arbeit darin. Im Grunde genommen steckt in diesem Gedicht mehr Arbeit als in so manch anderem von mir. Man könnte sagen, ich ging hier vor wie ein Clown ...

Zitat:
Der Jabberwocky kann’s manch gutbess
Der Zipferlak gleich fast, schwördas
Und Lachwitz ist Azznei wie Glutstress
Der Dichting vielschreib kann nichtlass
Wirklich, dieser Vierzeiler ist großartig. Ich muss beim Lesen richtig lachen! Die "Wortkreationen" sind herrlich. Da "ziehe" ich doch meinen "Hut" davor. "Jabberwocky" und "Zipferlak", die entstammen Lewis Caroll (ich googelte, denn ich kannte nur "Jabberwocky", und lernte gerade, dass "Zipferlak" aus einer Übersetzung stammt. Danke, wieder etwas dazugelernt. ) "Dichting vielschreib" sowie "Lachwitz" und "Glutstress" sind klasse.

Und ein Dankeschön dafür, dass du es gut gelungen findest!

Liebe Grüße

Stimme
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