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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 22.02.2016, 12:23   #1
Chavali
ADäquat
 
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard Das Sterben des Mönches




Ein alter Mönch in seiner Zelle
kniet vor dem Kreuze Jesu hin.
Ihn stört des Fensters Sonnenhelle,
so macht das Beten keinen Sinn.

Den Vorhang zieht er zu, geschwind,
und atmet auf, er ist allein.
Er widmet sich dem Christuskind
und seinem sanften Glorienschein.

Erbittet er die Gnade Gottes?
Dass er noch lange leben mög?
Erwehrt er sich des Spötters Spottes?
Sucht er für sich des Kreuzes Weg,

der ihm verwehrt, weil krank und alt?
Doch Trost verschafft das Antlitz ihm
und Ruhe gibt ihm festen Halt.
So legt er sich zum Schlafen hin

auf seine Bettstatt, ihm ist kalt.
Ein heller Schein erfasst die Seele,
das letzte Röcheln seiner Kehle -
und alles Leben ist verhallt.





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.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (23.02.2016 um 16:41 Uhr) Grund: Komma von Dana geschenkt ;-)
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Alt 22.02.2016, 17:17   #2
ginTon
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Standard

Hi chavilein...

interessanter Text, wie ich finde. Erinnert mich an Pablo Nerudas Texte, der
auch immer hin und hergerissen, mal zweifelnd, dann wieder glaubend in seinem
Zimmer verbrachte und dies dann auch niederschrieb.

es ist gut geschrieben, gefällt mir

liebe Grüße ginnie
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Schtjel Sam Abys Mje Uchiel!

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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Alt 22.02.2016, 18:03   #3
Agneta
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

ein Mönch, liebe Chavi-ein Mensch, der sich Familie und allem Begehrlichen entsagt hat, um in Jesus sein Heil zu finden- sein Leben lang.
Auf mich wirkt sieses Sterben nicht friedlich, sondern traurig und allein.
Mit vielen Fragen behaftet.
Mag sein, dass es daher kommt, weil ich es nicht verstehen kann, dass eine Religion den Verzicht auf Familie und Ehefrau verbieten kann und dass Menschen dies auch noch akzeptieren. Ich denke nicht, dass es das braucht um Gott nahe zu sein.
Ich habe großen Respekt vor Gläubigen, jedoch nicht vor den Institutionen, die ihren Schäfchen vorschreiben, wie sie zu leben haben.
Das Gedicht berührt und macht nachdenklich. Es bestätigt mich in meinen Ansichten.
Jemand anders mag es wieder ganz anders "lesen".
Eine kalte Welt, ohne menschliche Wärme, ein Leben lang und selbst im Sterben gibt es keine Hand, keine menschliche. Bitter.
LG von Agneta
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Alt 22.02.2016, 18:24   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Chavi!

Bezug nehmend auf Agnetas Deutung: Daran sieht man, wie sehr die eigene Sicht der Dinge diese färbt! Der Betrachter sieht Einsamkeit, triste Zelle, Kälte - der Mönch, erhellt vom inneren Leuchten seiner Lebens- und Glaubensillusion, deutet sie als Einkehr Bescheidenheit und Entsagung!
Die Glut seiner Inbrunst färbt ihm alles rosa.
Nun, es sei ihm gegönnt, und so, wie er die Bedeutung des eigenen Seins in der Welt auslöschte durch Abkehr und Schweigen, ist auch sein Sterben bedeutungslos für uns. Was immer er im Lichte seines Glaubens sah und zu erkennen glaubte - es ging mit ihm und hinterlässt: Einsamkeit, Kälte und eine triste Zelle.

LG, eKy

PS: Erinnert etwas an Bildersonett 55, das ich gestern schrieb ...
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.02.2016, 18:49   #5
Chavali
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Beiträge: 13.001
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Hi ginnie,


Pablo Neruda - ich weiß, wer das ist (war), aber seine Texte habe ich nie gelesen.
Ein Fehler?

Danke für deine Rückmeldung, freut mich, wenns gefällt


Liebe Agneta,
Zitat:
Auf mich wirkt sieses Sterben nicht friedlich, sondern traurig und allein.
für den Mönch ist das nicht traurig.
Er ist alt und kann sich an seine Jugend - wenn er denn je eine hatte - kaum mehr erinnern.
Er möchte einfach nur mit dem Glauben an seinen Schöpfer ausruhen, einschlafen und sterben....

In *Finstere Nacht* habe ich es dennoch eingestellt, weil es hier um ein Lebensende geht, das wiederum stets
eine gewisse Tragik vermittelt.

Danke dir für deine Gedanken zu dem Thema!



Servus, Erich,
Zitat:
PS: Erinnert etwas an Bildersonett 55, das ich gestern schrieb ...
oh, das habe ich noch gar nicht gesehen, war eine Weile nicht bei dir, was ich aber unbedingt nachholen sollte...

Inspiriert hat mich folgender Text:Kloster.....

Natürlich ist der Mönch seinem religiösen Wahn gefangen - er weiß kaum was von der realen Welt.
Und weil er glaubt, sein Leben gelebt zu haben, stirbt er auch friedlich.

(eine fiktive Geschichte, ich kenne keinen Mönch)

Lieben Dank auch dir!


Beste Grüße an euch,
Chavali


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Alt 22.02.2016, 18:53   #6
Dana
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Beiträge: 5.637
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Liebe Chavali,

Dein Wek steht in "Trauer und Düsteres" und ist sehr passend dafür.
(Es fühlt sich fast satirisch an - für mich.)
Die meisten Menschen sind noch zu sehr mit religiösem Glauben behaftet. Oft hindert sie der Glaube selbst am Denken und Nachdenken. Insofern sind solche "Meditationen" verständlich und jedem Einzelnen auch hilfreich.

Trotzdem benutzt Du eine "weltliche" Sprache, die den schön herauskehrt.

Hier würde ich ein Komma setzen, damit man nicht liest, dass er den Vorhang zu geschwind zu zieht. Er zieht ihn zu, geschwind.

Zitat:
Zitat von Chavali
Den Vorhang zieht er zu, geschwind,
und atmet auf, er ist allein.
Er widmet sich dem Christuskind
und seinem sanften Glorienschein.
Sehr gern gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.02.2016, 15:17   #7
Chavali
ADäquat
 
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Beiträge: 13.001
Standard

Liebe Dana,

Zitat:
Die meisten Menschen sind noch zu sehr mit religiösem Glauben behaftet.
Oft hindert sie der Glaube selbst am Denken und Nachdenken. Insofern sind solche "Meditationen" verständlich und jedem Einzelnen auch hilfreich.
Der Mönch kennt es nicht anders, insofern hat er alles richtig gemacht - von seiner Warte aus.

Das Komma ist gesetzt - du hattest recht mit diesem Tipp.
Die Stelle hat jetzt eine Sprechpause, als würde der Mönch eher l-a-n-g-s-a-m schreiten

Danke dir, hat mich gefreut

Lieben Gruß,
Chavali

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