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Alt 07.05.2014, 14:44   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Wahnsinn!

Was wir so alles blanken Wahnsinn nennen -
das Schlimmste und das Schönste, was es gibt!
Verhasst, gemordet, selig und geliebt,
für uns scheint alles Irrsinn, was wir kennen!

Und keine Logik kann die Pole trennen -
durch Barten der Extreme wird gesiebt!
Der Wal der Welt verschluckt sich und es piept
der geilste Gockel über seinen Hennen!

Was wir so alles nackten Wahnsinn heißen,
macht doch erst möglich, dass auch wir obsiegen,
dass Berge selbst, die kleine Mäuse kreißen,

sich himmelhoch erheben auf der Erde -
dass Träumende nach übermorgen fliegen
und immer hoffen, dass ein Wunder werde.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (07.05.2014 um 17:45 Uhr)
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Alt 07.05.2014, 15:57   #2
Thomas
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Lieber Erich,

wie wäre es mit "wir erhoffen" satt "immer hoffen" in der letzten Zeile. Nicht nur, weil logischerweise Träume nicht hoffen, sondern durch das "wir" (Bezug auf Zeile 1 und 7) der Abschluss gerundet wird.

Liebe Grüße
Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
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Alt 07.05.2014, 17:42   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Thomas!

Wenn man Träume personifiziert, dann können sie auch hoffen, zumindest metaphorisch...
Aber du hast recht, es ist zumindest irritierend - ich habe die Stelle "entschärft". Vielen Dank für den Hinweis!

LG, eKy
__________________
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Alt 13.05.2014, 17:32   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

das ist fast zu schön für den Titel, ich hätte krassere Worte gewählt.

Du aber nicht, du hast deine Sprache gewählt und das ist in Ordnung, denn dadurch eröffnet sich mir ein wunderschönes und flüssiges Sonett, so wie ich es mag.

Sprachlich elegant führen die Zeilen zu der Erkenntnis, dass der Mensch dazu neigt, alles Gute und Böse zu übertreiben und damit dem Wahnsinn preis zu geben.

Selbst die Vernunft kennt kein Mittel dagegen, denn gegen die vielfältigsten Extreme der Individuen ist selbst sie machtlos. Jeder macht sein Ding und das führt dazu, dass sich die Summe dessen aufbläht wie ein Weltenwal, wo jeder kleine und seltsame Vogel darauf bedacht ist, seine Position zu erhalten.

Letztendlich ist der Begriff Wahnsinn lediglich eine menschliche Definition und bezeichnet alle Extreme, vom kleinsten bis hin zum größten.
Aber er ist auch der Schlüssel zu aller Fantasie, Kreativität und Hoffnung (denn ohne den Wahnsinn würde es das Genie ja nicht geben ).

Dass du aber das überaus unlyrische Wörtchen "geilste" verwendetest, hat meine linke Augenbraue doch für einen kurzen Moment fasziniert nach oben zucken lassen.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 13.05.2014, 18:38   #5
Erich Kykal
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Hi, Faldi!

"geilste" - In einem Gedicht über Wahnsinn muss auch der Autor solchen zeigen, finde ich - daher die "kräftige" Wortwahl!
Du hast recht - für mich ist das schon extrem, passt aber zum Bild, das ich hier erzeugen wollte. Also von wegen "fast zu schön"!

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy
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Alt 15.05.2014, 17:24   #6
Dana
Slawische Seele
 
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Lieber eKy,

mir sind die Worte "Wahnsinn" und "wahnsinnig" erinnernd und gegenwärtig durch den Kopf gegangen.
Damals, bei und nach der Grenzöffnung, war alles der pure Wahnsinn.
Will man sich mit einer Geschichte oder einem Geschehen besonders intensiv mitteilen, kommt man in der Steigerung um den "Wahnsinn" nicht herum.

So auch hier in deinem "Wahnsinnssonett".
Wunderschön erfasst, was ein Träumer in seiner Welt als wahnsinnig gut, tief, bewegend empfinden kann und diesem Faden folgt - bis jenes "Wahnsinnswunder" geschieht.
Manchmal, wenn wir ganz aufmerksam sind, geschehen diese Wunder.
Wir neigen nur dazu, sie kaum zu registrieren, weil die nächsten Träume oder Hoffnungen bereits an der Startlinie warten.

Ebenso "wahnsinnig" gehen wir allerdings mit Negativem um - als müssten wir dem Strudel auf den Grund folgen und "verdient" negativ wieder aufsteigen - bis sich ein Traum der Erlösung erfüllt.

Ein sehr schönes Sonett, losgelöst von jeder Logik - wahnsinnig menschlich.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 15.05.2014, 20:56   #7
Erich Kykal
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Hi, Dana!

Vielen Dank für deinen "Wahnsinns"-Kommi!

LG, eKy
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