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Alt 06.12.2011, 19:33   #1
Chavali
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Standard morgens in der stadt




im kalten flur des hauseinganges

sitzt mit klammer

hand

der arme mann

kerzenlichte warme christenzeit


~ ~ ~




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Geändert von Chavali (07.12.2011 um 10:13 Uhr)
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Alt 06.12.2011, 20:09   #2
ginTon
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hallo chavilein,,

Da muss ich drüber nachdenken. Ich sehe einen blinden Mann in einem Hausflur sitzen, für den es keine Kerze gibt? Oder vllt. ist der blinde Mann selbst eine
Metapher und das "kerzenlichte", dessen Bedeutung mir nicht gänzlich klar ist, eine Metapher für Hoffnung? Die für den blinden Mann zur Weihnachtszeit sehr bewusst wird.

Falls "blind" eine Metapher ist, woran ist ersichtlich, rein metaphorisch, dass der Mann blind ist? Vllt hat er ja einen Stern aufleuchten sehen? Vllt. stellt er sich nur blind aus ganz gewissen Gründen...

Schwer zu sagen, ich habe selbst einmal in einem kalten Flur gesessen und im
Vorbeigehen hat mal jemand zu mir gesagt, dass ich ein Blindfisch bin, beim Fußballschauen in einem Lokal. Ich bin aber ein guter Kombinierer und blind war ich noch nie, doch einmal da habe ich jemanden die Arme öffnen sehen (wie eine Madonna weißt), bin aber vor lauter Schreck nicht näher heran gegangen, da war ich wirklich blind und konnte die Person auch nicht erkennen (das tut mir auch leid, ich war zu dem Zeitpunkt aber sehr durcheinander. die ursache war, immer wenn ich einen eintrag im werkeverz. von dot.com gemacht habe, spürte ich jemanden sehr nah im inneren, was ich vorher so in meinem leben noch nicht erlebte). Danach habe ich mich nat. geärgert. Auch über andere Dinge, Männer schalten halt langsam. Ein anderes mal wurde auf den Boden geschaut, da war ich auch net blind...

Schwer zu sagen was der Text bedeutet, aber angesprochen fühle ich mich, obwohl ein Nichtblinder, dann doch: gerade durch den kalten Flur und wie gesagt aufgrund der Blindfischdingens....

vergiss den Schwank aus meinem Leben, schönes Sanduhrgedicht, liebe Grüße gin
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Geändert von ginTon (06.12.2011 um 20:16 Uhr)
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Alt 07.12.2011, 09:01   #3
Chavali
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hi ginnie,
Zitat:
Da muss ich drüber nachdenken. Ich sehe einen blinden Mann in einem Hausflur sitzen, für den es keine Kerze gibt? Oder vllt. ist der blinde Mann selbst eine
Metapher und das "kerzenlichte", dessen Bedeutung mir nicht gänzlich klar ist, eine Metapher für Hoffnung? Die für den blinden Mann zur Weihnachtszeit sehr bewusst wird.
schön, dass du eine Interpretation versucht hast.
Ich dachte, der Text wäre leichter zu erkennen.
Vielleicht hat dich auch das blinde irritiert - hier ist allgemein ein Bettler/Obdachloser gemeint.
kerzenlichte - das Wort habe ich erfunden.
Es soll gell, glitzernd bedeuten - Weihnachtsdeko eben.
Zitat:
Vllt. stellt er sich nur blind aus ganz gewissen Gründen...
Nun, solche Leute gibt es auch.
Da sitzt einer das ganze Jahr über vormittags an einer bestimmten Stelle mit einem wirklich erbarmungswürdigen Schild vor sich.
Viele Menschen geben ihm etwas im Vorübergehen.
Wer nun nicht hier wohnt, sondern ihn nur manchmal sieht, kann das nicht wissen:
Nachmittags geht er, fein gekleidet, in ein Spielcasino....
Zitat:
ich habe selbst einmal in einem kalten Flur gesessen und im
Vorbeigehen hat mal jemand zu mir gesagt, dass ich ein Blindfisch bin, beim Fußballschauen in einem Lokal.
Ich lach mich schief; vielleicht hattest du einen in der Krone und hast dem falschen Team zugejubelt?
Zitat:
Schwer zu sagen was der Text bedeutet, aber angesprochen fühle ich mich,
obwohl ein Nichtblinder, dann doch:
Worum es mir geht: ich hatte es oben schon angedeutet.
Nicht ein einzelnes Schicksal - sondern generell das Problem der Schere:
Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer.

Vielleicht sollte ich die Sache umdichten:


im kalten flur des hauseinganges
sitzt mit klammer
hand
ein armer mann
kerzenhelle bunte christenzeit

oder

im kalten flur des alten hauses
sitzt mit kalter
hand
der arme mann
kerzenhelle bunte weihnachtszeit

o.ä.


Danke dir - das war sehr aufschlussreich.
Und vergessen tu ich das wenigste....


Lieben Gruß aus Graubrücken!
chavi

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Alt 07.12.2011, 09:30   #4
Stimme der Zeit
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Guten Morgen, liebe Chavi,

ich habe auch gins Kommentar und deine Antwort gelesen, und ich finde, "kerzenlichte" ist ein gelungener Neologismus, der sich aus "Kerzen" und "lichte" zusammensetzt. Eine gute Metapher für die Weihnachtszeit: Kerzen gehören ja dazu und "licht" bedeutet in diesem Sinne "hell, froh, sorglos, unbeschwert" etc.

Daher denke ich, du könntest die ursprüngliche Version ruhig so lassen, wie sie ist, abgesehen von dem Wort "blinde", über das ich (im "Gesamtsinn") auch ein wenig "gestolpert" bin. Für mich wäre es völlig ausreichend, es durch "arme" zu ersetzen. Mehr Änderungen halte ich nicht für nötig, mir gefällt es so, wie du es ursprünglich geschrieben hast.

Das ist typisch für die Weihnachtszeit, nicht wahr? Sicher landet in seiner Hand jetzt mehr Geld, als das ganze Jahr über. Was aber an seiner Situation an sich nichts ändert. Ein gutes Beispiel für die Schere, die immer weiter "auseinanderklafft". Du formulierst das absolut richtig: Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer. Die "Mittelschicht" rutscht ständig weiter nach "unten" - ich fürchte, wir bekommen Zustände wie in den USA, wo sie ja eigentlich gar nicht "wirklich" vorhanden ist, denn ich las (als Beispiel), dass eine Familie, in der beide Eltern arbeiteten, nicht in der Lage war, eine Krankenversicherung zu bezahlen. Resultat: Keine Brille für den Sohn und keine Kieferregulierung für die Tochter - zu teuer, alles selbst zu bezahlen. Das Geld reichte gerade so für den reinen Lebensunterhalt. Und das nennt sich dort Mittelschicht ...

Allerdings hast du recht, es gibt auch Bettler, die lediglich Armut vortäuschen, denn gerade in großen Städten kann täglich eine erstaunliche Summe "zusammengebettelt" werden, weshalb es ja auch die "professionellen Bettelbanden" gibt. Das entnahm ich aber nur deinem Kommentar, das Gedicht selbst sagt das (für mich) nicht aus.

Was mich aber jedes Jahr von neuem verärgert (dein Gedicht brachte mich unwillkürlich auf den Gedanken), ist, dass zur Weihnachtszeit plötzlich alle so "spendenfreudig" werden. Ich nenne das das "Schlechtes-Gewissen-Weihnachts-Phänomen". Das ganze Jahr über wird nur an sich selbst gedacht, aber an Weihnachten bekommt jeder Bettler etwas (während man teure Geschenke einkauft), eine wahre "Spendenflut" (z. B. für arme Kinder in Dritte-Welt-Ländern) setzt ein - und die Kirchen sind voll. Diese "Pseudo-Moral" widerte mich schon immer an. Generell gilt das auch für Muttertag & Co., denn: Gibt es das Jahr über keine hungernden Kinder? Denkt man nur einen Tag im Jahr an die Mutter? Pfuh, ich höre auf, bevor mir (wie immer bei dem Thema) wieder der sprichwörtliche "Hut hochgeht".

Sehr gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
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Alt 07.12.2011, 18:59   #5
Chavali
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Guten Abend, liebe Stimme
Zitat:
und ich finde, "kerzenlichte" ist ein gelungener Neologismus, der sich aus "Kerzen" und "lichte" zusammensetzt.
Eine gute Metapher für die Weihnachtszeit: Kerzen gehören ja dazu und "licht" bedeutet in diesem Sinne
"hell, froh, sorglos, unbeschwert" etc.
Dein Erkennen freut mich - so hatte ich das Wort kerzenlichte auch gemeint.
Gute Erklärung!
Zitat:
Daher denke ich, du könntest die ursprüngliche Version ruhig so lassen, wie sie ist, abgesehen von dem Wort "blinde",
über das ich (im "Gesamtsinn") auch ein wenig "gestolpert" bin.
Für mich wäre es völlig ausreichend, es durch "arme" zu ersetzen. Mehr Änderungen halte ich nicht für nötig,
mir gefällt es so, wie du es ursprünglich geschrieben hast.
Das habe ich dann auch gleich gemacht, habe blinder (Mann) gegen armer (Mann) getauscht.
Macht mehr Sinn und führt auf keine falsche Spur.
Zitat:
Was mich aber jedes Jahr von neuem verärgert (dein Gedicht brachte mich unwillkürlich auf den Gedanken),
ist, dass zur Weihnachtszeit plötzlich alle so "spendenfreudig" werden. Ich nenne das das "Schlechtes-Gewissen-Weihnachts-Phänomen".
Das ganze Jahr über wird nur an sich selbst gedacht, aber an Weihnachten bekommt jeder Bettler etwas
(während man teure Geschenke einkauft), eine wahre "Spendenflut" (z. B. für arme Kinder in Dritte-Welt-Ländern) setzt ein -
und die Kirchen sind voll.
Diese "Pseudo-Moral" widerte mich schon immer an.
Dem und deinen anderen Ausführungen kann ich voll zustimmen.
Das ist Doppelmoral in höchster Potenz und ganz und gar bigott!
Und genau das sollte meine letzte Zeile aussagen.

Vielen lieben Dank für deinen wie immer interessanten und ausführlichen Beitrag zu dem Thema.


Herzlichst,
Chavi
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