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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 03.08.2009, 19:08   #1
Galapapa
Galapapa
 
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Standard Wunschträume

Lautlos steigen meine lang gelebten Träume
in den rosaroten Himmel des Vergessens,
ausgeatmet, wie in wallend weißen Ringen,
Rauch, entstiegen jenem Feuer des Ermessens,
Wünsche, die bis heut nicht in Erfüllung gingen,
ich vermisse nun nicht mehr, was ich versäume.

Doch es ist, als ob mir eine Last genommen,
alles Hoffen, Bangen, Sehnen ist vorbei.
Schwerelos schweb ich im freien, leeren Raum,
alles Müssen, auch die Zeit sind einerlei,
das mir zugedachte Ziel erkenn ich kaum,
und ein wenig Wehmut kommt vorbeigeschwommen.

Dann, im Schweben kann ich es erkennen:
Einsamkeit beginnt mein Leben zu umhüllen,
all die Leere um mich fang ich an zu spüren,
irgendetwas will mit Sehnsucht sie erfüllen,
will mein Dasein schon in neue Knechtschaft führen,
wieder will die Seele lichterloh entbrennen.

Schon bin ich zu weit von jenem Zwang entflohen,
Wünsche holen mich im Leben nicht mehr ein,
nichts und niemand stellt sich mir in meinen Weg,
großer Abstand macht Vergangnes nichtig klein,
wenn ich mich in meines Schicksals Hände leg.
Träume können diesen Abschied nicht bedrohen.
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Alt 03.08.2009, 22:59   #2
wolfgang
Eiland-Dichter
 
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Beiträge: 42
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Hallo Galapapa,

verkürzt gesprochen geht es in Deinem Gedicht um Jemanden, der scheinbar alterweise geworden ist und für Realismus plädiert, statt für Wunschträume.

Zu den Strophen:

In der ersten Strophe schildert ein lyr. Ich seine Enttäuschung mit Wünschen. Es scheint sich viel gewünscht zu haben, aber es hat wenig dafür getan.

In der zweiten Strophe schildert das lyr. Ich wie es das Versiegen der Wünsche als Befreiung empfindet. Auch scheint es sein selbstgestecktes Ziel verfehlt zu haben, darüber kommt Wehmut auf.

In der dritten Strophe wird von Einsamkeit berichtet, die im lyr. Ich neue Wünsche entstehen lässt. Doch das lyr. Ich widersteht diesen Wünschen.

Und die letzte Strophe fungiert dann als Fazit: hier will sich das lyr. Ich dem Lauf des Schicksals ergeben. Das klingt etwas enttäuscht, zeigt aber die Offenheit für Realismus und die Vorsicht gegenüber dem Wunschdenken.

Ein anregendes Gedicht. Gerne gelesen.

Frohen Abend!

wolfgang
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Alt 04.08.2009, 10:04   #3
Galapapa
Galapapa
 
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Hallo Wolfgang,
danke fürs Lesen und Deinen Komentar!
Mit Deiner Interpretation liegst Du richtig, wenngleich in der ersten Strophe nicht Enttäuschung, sondern Einsicht der Grundtenor sein sollte.
Je älter das lyr.Ich geworden ist, desto mehr hat es sich mit dem abfinden können, was erreichbar war und ist dann letztlich froh, von den Wünschen befreit zu sein.
Mit dem Ziel war nicht ein selbst gestecktes gemeint, sondern der Endpunkt des Lebens, ein Ziel also, das jeder erreichen wird und von dem keiner weiß wann und wie und ob etwas bzw. was danach ist.
Ich glaube, es geht vielen Menschen so, wenn sie älter werden: sie beginnen sich auf den Endpunkt, das Ziel zu konzentrieren, so dass alles andere unwichtig zu werden beginnt.
Ich selbst habe erfahren, dass das Versinken der Wünsche und Träume tatsächlich als eine Art Befreiung empfunden werden kann.
Ich grüß Dich herzlich!
Galapapa
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Alt 08.08.2009, 21:16   #4
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
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Lieber Galapapa,
wunderbar, wie du Lebensphasen nachbetrachtest und in philosophischen und lyrischen Versen dem Leser präsentierst. So ist das Menschenkind gestrickt.
Als "Küken" berstet es im Übermut, um anschließend den kommenden "Küken" Bedacht und andere Überzeugung vorzuleben. Daran ist nichts falsch, denn die nachkommenden Küken erfahren das Leben nicht viel anders, wenn auch unter einem anderen Zeitgeist.

Doch die letzte Zeile zeigt ein stilles Bewahren auf, das mir unsagbar gefällt.
Meine Signatur kann es nur bestätigen.

Sprachlich gekonnt und gut umgestzt - ein Lesegenuss.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 09.08.2009, 17:47   #5
Galapapa
Galapapa
 
Registriert seit: 19.04.2009
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Hallo Dana,
lieben Dank für Dein schönes Lob!
In diesem Text habe ich unter Anderem auch meine Erkenntnis eingearbeitet, die mich mit zunehmendem Alter immer mehr erstaunt hat: Je älter man wird, desto mehr verblasst die Angst vor dem Ende, vor dem Tod.
Ich weiß, dass viele andere Menschen die selbe Erfahrung machen und bringe sie ein wenig in Zusammenhang mit der abnehmenden Bedeutung von Wunschträumen mit zunehmender Lebenserfahrung...
Herzlichen Dank und ebensolchen Gruß!
Galapapa
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