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Alt 15.11.2019, 20:22   #1
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Standard Irrtum




Irrtum


Der Irrtum ist, wie wir die Welt hier sehen,
denn alles, was wir sehen, ist das Licht,
das sich in Farben ausdrückt und das bricht,
ein Strahlenmeer, auf dem die Winde wehen.

Es ist das Leben, das wir nicht verstehen,
um Glück zu teilen, braucht es den Verzicht,
im Lichtspiel einer eingeschränkten Sicht
vermag sich nur der Eigennutz zu drehen.

Im Grunde sind wir alle Egoisten,
die nach gewöhnlicher Erfüllung streben
und in den eignen kleinen Welten nisten.

Solange wir die Welten so verleben
und unser Sein im eitlen Lichte fristen,
solange kann es keinen Frieden geben.


Falderwald
. .. .


__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)




Geändert von Falderwald (03.12.2019 um 19:12 Uhr) Grund: "e" eingefügt
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Alt 16.11.2019, 12:25   #2
Hans Beislschmidt
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Zitat:
Der Irrtum ist, wie wir die Welt hier sehen,
denn alles, was wir sehen, ist das Licht,
das sich in Farben ausdrückt und das bricht,
ein Strahlenmeer, auf dem die Winde wehen.

Es ist das Leben, das wir nicht verstehen,
um Glück zu teilen, braucht es den Verzicht,
im Lichtspiel einer eingschränkten Sicht
vermag sich nur der Eigennutz zu drehen.

Im Grunde sind wir alle Egoisten,
die nach gewöhnlicher Erfüllung streben
und in den eignen kleinen Welten nisten.

Solange wir die Welten so verleben
und unser Sein im eitlen Lichte fristen,
solange kann es keinen Frieden geben.

Moin Ralf,
Wieder ist dir ein schönes Sonett von der Hand gegangen. Im jambischen Auftakt mit regelmäßigen Hebungen, außer dem Daktylus V2 Z3.

Beim Inhalt hatte Ich bei den Quartetten meine Schwierigkeiten, denn alleiniges Sehen dient nicht der Ausschließlichkeit bei der Wahrnehmung. Ich habe bei deinen spektralanalytischen Betrachtungen unterwußt bei der Beweisaufnahme mitgezählt, was die Empirik alles zu Tage fördert. Bei dem Strahlenmeer, auf dem die Winde wehen, konnte ich eine "olfaktorische Analogie" nicht abwenden und du wirst mir ein Lächeln sicher verzeihen.

Für mich nachvollziehbar und da wo ich bei dir bin, ist das vorletzte Terzett. Wobei ich in der Feststellung, dass wir alle Egoisten sind, nichts Schlechtes erkennen kann und das Teilen um den Verzicht erleben zu dürfen, ist in meinem Naturell eher wenig präsent. Natürlich bin ich deswegen kein Unmensch aber gäbe es das bißchen Eitelkeit nicht, würden wir nach Schopenhauer noch in Höhlen hausen. Lyrik, wie auch Kunst insgesamt hat sehr viel mit Eitelkeit und Eigennutz zu tun. Sonst gäbe es keine Bücher, Filme oder Foren.
Gerne gelesen und rumgesenft.
Gruß vom Hans
__________________
chorch chorch
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Alt 03.12.2019, 19:11   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hi Trauerdichter,

nein, ich wollte ganz bestimmt keinen persönlichen Irrtum anprangern, so war das sicherlich nicht gemeint.

Ich freue mich sehr, dass der Text inhaltlich und formal bei dir so gut angekommen ist, dankefein...


Hallo Hans,

ne, das ist, wie Trauerdichter schon schrieb, kein Daktylus, allerdings habe ich dort einen Rechtschreibfehler entdeckt, da fehlt nämlich ein "e", das ich gleich noch einfügen werde.

Das "Sehen" ist eine Metapher für die Sicht auf die Dinge. Und was liegt da näher, als mit der Symbolik von Licht und Farben zu spielen? Außerdem ist das Sehen ganz sicherlich der wichtigste Sinn, den wir haben. Meiner Meinung nach sind alle anderen Sinne nur ergänzend, aber darüber kann man ja gerne diskutieren.

Die Feststellung, dass wir alle Egoisten sind, war auch nicht wertend gemeint, sondern beschreibt eine Eigenschaft, die wohl allen Lebewesen gemeinsam ist, denn ohne einen gewissen Egoismus, wären wir wohl nicht überlebensfähig.
Allerdings gibt es viele Dinge, die man durchaus teilen kann, was m.E. hilft, Leid zu mindern und das Glück durch die Freude anderer, mit denen man teilt, zu steigern. So habe ich das jedenfalls erlebt und es macht mir nichts aus, abzugeben, wenn ich genug habe. Das stände einigen anderen wohl auch gut zu Gesicht. Aber meistens geben ja auch nur die, die selbst nicht so viel haben.

Allerdings glaube ich, dass du den guten Arthur ein wenig falsch interpretiert hast, denn der mochte die Eitelkeit eigentlich gar nicht.

Aus den Aphorismen zur Lebensweisheit IV:

Zitat:
Zitat von Arthur Schopenhauer
Demnach ist Stolz die von innen ausgehende, folglich direkte Hochschätzung seiner selbst, hingegen Eitelkeit das Streben, solche von außen her, also indirekt zu erlangen. Dementsprechend macht die Eitelkeit gesprächig, der Stolz schweigsam.
Und so hülle ich mich dann auch jetzt lieber in Schweigen...


Vielen Dank für euer Kommis...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


__________________


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Alt 09.12.2019, 18:34   #4
Xenia
Lim-Fee
 
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Lieber Falderwald,

ich habe letztens gelesen, dass alles, was wir sehen, eigentlich nicht real ist, im Gegenteil. Die Welt da draußen ist komplett fade und geruchlos. Sie hat auch keine Farbe, macht kein Geräusch, ist nicht rau oder glatt, heiß oder kalt.
Der Blick hinter die Kulissen enthüllt eine Ich-Illusion. Dennoch können wir sie nicht ablegen wie ein Theaterkostüm. Diese Rolle spielen wir ein Leben lang. Ansonsten würden wir uns selbst verlieren. Doch die Selbsterkenntnis ist ein Schritt nach vorn bei der Reise zum wahren Ich. Bis wir am Ziel sind, gilt es, gelassen zu bleiben, denn alles, was wir wahrnehmen existiert nur in unserem Kopf. So ist es auch mit der Moral. Aber du liegst richtig, solnage der Mensch seinen Egoismus niht ablegen kann, solange wird es auch keinen Frieden geben.

Liebe Grüße von Xenia
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Alt 09.12.2019, 19:51   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Faldi!

Schön geschrieben!

Indes, ich fürchte, selbst wenn wir keine eitlen Egoisten wären, würden wir uns gegenseitig schlechtreden, ausgrenzen, beschuldigen, entmenschlichen und abschlachten - dann halt bloß im Namen "hehrer Ideale" oder einzig wahrer Götter ...

Egal ob in Eigennutz oder in völliger Selbstaufgabe für irgendeine Idee - Menschen bleiben noch sehr lange Zeit einfach bloß: Idioten ...

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.12.2019, 22:30   #6
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo Xenia,

ich denke, du hast es gut auf den Punkt gebracht mit deiner Analyse.
Ich stimme vollkomen mit dir darüber ein, dass die Welt nur ein trostloser Haufen wäre, gäbe es nicht empfindsame Wesen, die sie mit ihren Augen betrachten. Und jedes dieser Wesen hat seinen eigenen Blick auf die Dinge, so dass es auch keine allgemeingültige Sicht gibt.
Aber da jeder in seinem eigenen Universum lebt, das sich um ihn dreht, versucht er es auch eigennützig zu gestalten. Das kann keinen Frieden geben, wie wahr...


Servus Erich,

auch hehre Ideale oder einzig wahre Götter setzen einen gewissen Egoismus voraus, wie könnten sie sonst Bestand haben? Beide existieren doch nur in der menschlichen Vorstellung.

Dass Menschen noch lange Zeit Idioten bleiben, damit hast du eine Wahrheit gelassen ausgesprochen. Natürlich alle, außer mir...


Vielen Dank für euere Kommentare


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


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