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Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

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Alt 09.02.2017, 19:51   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Naturbeobachtung im Gebirge

Ein Adler fraß auf einem kahlen Kogel
an seinem Riss, von Krähen eng umringt,
von denen eine jede unbedingt
ihr Teil von seiner Beute haben wollte.
Man krächzte laut und flatterte und tollte -
bis sich der Aar auf seine Neider stürzte!
Die scharfen Krallen fassten einen Vogel,
des kesser Fürwitz seine Kunst betrog!
Die Klaue schloss sich, die ein Leben kürzte,
mit dem der große Greifer rasch entflog.
Der Krähen Schar vergaß den Kameraden,
den jäher Zorn dahin so schmählich raffte!
Der eine frisst, der andre leidet Schaden -
so ist die Welt. Und eine Gämse gaffte.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (10.02.2017 um 16:38 Uhr)
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Alt 10.02.2017, 14:19   #2
Dana
Slawische Seele
 
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Lieber eKy,

beim Lesen befindet man sich mitten im Geschehen - eine feine Beobachtung. Die ganz eigene Reimart fällt auf. (Oder es ist etwas sehr Fachliches, was ich nicht kenne.)
Allerdings, als ich ab Vers zwei die Reimfolge sah, wartete ich regelrecht auf den Reim auf Kogel, der dann auch kam.

Zitat:
Zitat von Erich Kykal
Der eine frisst, der andre leidet Schaden -
so ist die Welt. Und eine Gämse gaffte.
Dem Menschsein sehr nahe.

So stelle ich mir eine Beobachtung der Geschehen auf dem Erdenball vor. Der Beobachter wäre ein "überirdisches Wesen", das das Sein ganz anders versteht.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 10.02.2017, 16:37   #3
Erich Kykal
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Hi Dana!

Nix Fachliches! Die Regel ist einfach: Hauptsache, jedes Zeilenende findet zumindest einen Reim, egal wo im Gedicht. Rilke befleißigte sich dieser Form zuweilen gerne ...

Die Gämse kann auch jedes sensationslüsterne Volk sein, das sich allzu gern beim Unglück anderer einfindet, um die Rettungskräfte zu behindern. Die Glotzer!

Allerdings tut man der Gämse damit wahrscheinlich unrecht, denn die hat möglicherweise bloß wiedergekäut und dabei zufällig in die richtige Richtung geguckt ... Das wiederum würde sie in die Nähe gleichgültigen (und hirnlosen?) Gottestums rücken ...

Was mich an der Szene so zynisch überkam war der Fakt, dass die Krähen, wiewohl sonst treulich vereint, nicht mal versuchten, dem gekrallten Kameraden beizustehen! Keinerlei Solidarität im Schwarm! Im Gegenteil - sie nutzten die willkommene Ablenkung des Adlers und somit den Tod ihres Gefährten, um sich sofort auf das Fleisch des ersten Tierkadavers zu stürzen!

Reine Pragmaten, diese geflügelten Dinos!

LG, eKy
__________________
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Geändert von Erich Kykal (11.02.2017 um 09:48 Uhr)
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Alt 11.02.2017, 09:10   #4
Kokochanel
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hier menschelt es doch sehr, Erich.
Letztlich ist sich jederselbst der Nächste...
LG von Koko
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Alt 11.02.2017, 09:50   #5
Erich Kykal
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Hi Koko!

Ein Mensch, wer Schlechtes dabei denkt ...

LG, eKy
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Alt 11.02.2017, 14:31   #6
juli
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Hallo eKy,

So ist die Natur, wer nicht aufpasst hat Pech gehabt, oder was einfach zu alt, zu jung, einfach zur Falschen Zeit am falschen Ort. Normaler Weise kann man in deinen Naturbetrachungen baden, weil Wort, Zeilelänge, Reime für meinen Geschmack sich umschmeichelnd ineinanderfügen. Hier hast du eine gewisse Würze hineingebracht. Die eine Gämse gaffte. Ab hier ( wurde ich so richtig wach )denke ich auch an die:

Autobahn.

Wenn es dort kracht und die Rettnugswagen, Polizei und Feuerwehr neben dem Schrottwagen stehen, schleichen sich sensationslüstern, erfurchtsvoll die anderen Autofahrer vorbei, sie wissen dann wie endlich das Leben sein kann, und sind dem Schicksal nochmals entgangen. Wie die Krähen.

Sehr gerne gelesen, auch wenn es hier Natur und Pfeffer gibt, oder gerade weil....

Liebe Grüße sy

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Alt 11.02.2017, 18:02   #7
Erich Kykal
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Hi Sy!

Du sagst es. Als ehemaliger Zivi beim Roten Kreuz und langjähriger Einsatzfahrer, der ich nach dem Pflichtdienst noch blieb, hatte ich oft mit diesen Gaffern zu tun, die nur rumstanden, anstatt zu helfen, wahrscheinlich mit er internen Ausrede, sie wüssten nicht, was zu tun sei und wollten es nicht schlimmer machen.
Zigaretten neben dem auslaufenden Benzin aus dem beschädigten Tank zu rauchen und über den Unfallhergang zu plaudern, während ich als Sani von hinten ins Autowrack kletterte, um die ohnmächtigen Verletzten loszuschneiden, weil die Türen klemmten und die Feuerwehr noch nicht da war, war jedenfalls keine geeignete Beschäftigung, um sich mein Verständnis oder meinen Respekt zu verdienen! Ich trat die Tür über den blutenden Leib des Fahrers hinweg von innen auf, und als die Verletzten geborgen und erstversorgt waren, schrie ich den Idioten ringsum noch meine Meinung zu, ehe ich Richtung Krankenhaus losfuhr.

Seither ist mir diese Unart besonders zuwider, wiewohl ich weiß, dass es bei den meisten nur Neugier ist, weniger die pure Sensationsgier.

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy
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Alt 15.02.2017, 22:18   #8
Cheeny
Melody of Time
 
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Beiträge: 361
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Guten Abend,

wenn ich hier auch was dazu sagen darf. Eine interessante, lehrreiche, kleine Geschichte in Gedichtform.
Könnte fast eine Fabel sein.

Gefällt mir sehr gut.

Viele Grüße
Liara
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Alt 16.02.2017, 19:11   #9
Erich Kykal
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Hi Liara!

Danke für's Reinschauen und was Dalassen!

LG, eKy
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Alt 19.02.2017, 21:13   #10
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heimkehrerin
 
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Ort: im schönen Österreich
Beiträge: 389
Standard Die gaffende Gams

Lieber Erich Kykal!

Wie schön, dich in unverändert großartiger Wortform hier als Urgestein wieder anzutreffen!

Naturgewalt und Wortgewalt gehen in deinem Text eine wunderschöne Verbindung ein und die Alliteration der gaffenden Gämse war für mich nur das Sahnehäubchen auf einem erstklassig gebrauten Gedicht-Cappuccino (oder war's ein Cappuccino-Gedicht?).

Sehr gerne gelesen und mich von der Bildkraft, die dein Gedicht entfesselt, einfangen lassen!

Lieber Gruß,
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