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Alt 08.01.2012, 09:10   #31
Stimme der Zeit
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Häppchen Nummer 24 :

351. Sisyphus.


Auch noch hier nicht zur Ruh', du Unglücksel'ger! Noch immer
Rollst du bergauf wie einst, da du regiertest, den Stein!

352. Sulzer.

Hüben über den Urnen! Wie anders ist's, als wir dachten!
Mein aufrichtiges Herz hat mir Vergebung erlangt.

353. Haller.


Ach! Wie schrumpfen allhier die dicken Bände zusammen,
Einige werden belohnt, aber die meisten verziehn.

354. Moses Mendelsohn.

Ja! du siehst mich unsterblich! »Das hast du uns ja in dem Phädon
Längst bewiesen.« – Mein Freund, freue dich, daß du es siehst!

355. Der junge Werther.

»Worauf lauerst du hier?« – Ich erwarte den dummen Gesellen,
Der sich so abgeschmackt über mein Leiden gefreut.

356. L***.

»Edler Schatten, du zürnst?« – Ja, über den lieblosen Bruder,
Der mein modernd Gebein lässet im Frieden nicht ruhn.

357. Dioskuren.

Einen wenigstens hofft' ich von euch hier unten zu finden,
Aber beide seid ihr sterblich, drum lebt ihr zugleich.

358. Unvermutete Zusammenkunft.

Sage, Freund, wie find' ich denn dich in des Todes Behausung,
Ließ ich doch frisch und gesund dich in Berlin noch zurück?

359. Der Leichnam.

Ach, das ist nur mein Leib, der in Almanachen noch umgeht,
Aber es schiffte schon längst über den Lethe der Geist.

360. Peregrinus Proteus.

Siehest du Wieland, so sag ihm: ich lasse mich schönstens bedanken,
Aber er that mir zu viel Ehr' an, ich war doch ein Lump.

361. Lucian von Samosata.

»Nun Freund, bist du versöhnt mit den Philosophen? Du hast sie
Oben im Leben, das weiß Jupiter! tüchtig geneckt.«

362. Geständnis.

Rede leiser, mein Freund. Zwar hab' ich die Narren gezüchtigt,
Aber mit vielem Geschwätz oft auch die Klugen geplagt.

363. Alcibiades.

Kommst du aus Deutschland? Sieh mich doch an, ob ich wirklich ein solcher
Hasenfuß bin, als bei euch man in Gemälden mich zeigt?

364. Martial.

Xenien nennet ihr euch? Ihr gebt euch für Küchenpräsente?
Ißt man denn, mit Vergunst, spanischen Pfeffer bei euch?

365. Xenien.


Nicht doch! Aber es schwächten die vielen wäss'richten Speisen
So den Magen, daß jetzt Pfeffer und Wermut nur hilft.
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Alt 11.01.2012, 21:31   #32
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Häppchen Nummer 25 :

366. Rhapsoden.

Wer von euch ist der Sänger der Ilias? Weil' ihm so gut schmeckt,
Ist hier von Heyne ein Pack Göttinger Würste für ihn.

367. Viele Stimmen.

Mir her, ich sang der Könige Zwist! Ich die Schlacht bei den Schiffen!
Mir die Würste! ich sang, was auf dem Ida geschah.

368. Rechnungsfehler.

Friede! Zerreißt mich nur nicht! Die Würste werden nicht reichen,
Der sie schickte, er hat sich nur auf Einen versehn.

369. Einer aus dem Chor. (Fängt an zu recitieren.)

»Wahrlich, nichts Lustigers weiß ich, als wenn die Tische recht voll sind,
Von Gebacknem und Fleisch, und wenn der Schenke nicht säumt –

370. Vorschlag zur Güte.


Teilt euch wie Brüder! Es sind der Würste gerade zwei Dutzend,
Und wer Astyanax sang, nehme noch diese von mir.

371. Philosophen.


Gut, daß ich euch, ihr Herren, in pleno beisammen hier finde,
Denn das eine, was not, treibt mich herunter zu euch.

372. Aristoteles.

Gleich zur Sache, mein Freund. Wir halten die Jenaer Zeitung
Hier in der Hölle und sind längst schon von allem belehrt.

373. Dringend.

Desto besser! So gebt mir, ich geh' euch nicht eher vom Leibe,
Einen allgültigen Satz, und der auch allgemein gilt.

374. Einer aus dem Haufen.


Cogito ergo sum. Ich denke und mithin, so bin ich,
Ist das eine nur wahr, ist es das andre gewiß.

375. Ich.

Denk' ich, so bin ich! Wohl! Doch wer wird immer auch denken?
Oft schon war ich, und hab' wirklich an gar nichts gedacht!

376. Ein Zweiter.


Weil es Dinge doch gibt, so gibt es ein Ding aller Dinge,
In dem Ding aller Ding' schwimmen wir, wie wir so sind.

377. Ein Dritter.

Just das Gegenteil sprech ich. Es gibt kein Ding als mich selber!
Alles andre, in mir steigt es als Blase nur auf.

378. Ein Vierter.


Zweierlei Dinge lass' ich passieren, die Welt und die Seele,
Keins weiß vom andern, und doch deuten sie beide auf eins.

Ein Fünfter.


Von dem Ding weiß ich nichts, und weiß auch nichts von der Seele,
Beide erscheinen mir nur, aber sie sind doch kein Schein.

380. Ein Sechster.

Ich bin ich, und setze mich selbst, und setz' ich mich selber
Als nicht gesetzt, nur gut! setz' ich ein Nicht-Ich dazu.
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Alt 12.01.2012, 08:11   #33
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Häppchen Nummer 26 :

381. Ein Siebenter.

Vorstellung wenigstens ist; ein Vorgestelltes ist also,
Ein Vorstellendes auch, macht, mit der Vorstellung, drei!

382. Ich.

Damit lock' ich, ihr Herrn, doch keinen Hund aus dem Ofen,
Einen erklecklichen Satz will ich, und der auch was setzt.

383. Ein Achter.

Auf theoretischem Feld ist weiter nichts mehr zu finden,
Aber der praktische Satz gilt doch: Du kannst, denn du sollst!

384. Ich.

Dacht' ich's doch! Wissen sie nichts Vernünftiges mehr zu erwidern,
Schieben sie's einem geschwind in das Gewissen hinein.

385. David Hume.

Rede nicht mit dem Volk, der Kant hat sie alle verwirret,
Mich frag, ich bin mir selbst auch in der Hölle noch gleich.

386. Rechtsfrage.

Jahrelang schon bedien' ich mich meiner Nase zum Riechen,
Hab' ich denn wirklich an sie auch ein erweisliches Recht?

387. Puffendorf.

Ein bedenklicher Fall! doch die erste Possession scheint
Für dich zu sprechen, und so brauche sie immerhin fort.

388. Gewissensskrupel.

Gerne dien' ich den Freunden, doch thu' ich es leider mit Neigung,
Und so wurmt es mir oft, daß ich nicht tugendhaft bin.

389. Decisum.

Da ist kein andrer Rat, du mußt suchen, sie zu verachten,
Und mit Abscheu alsdann thun, wie die Pflicht dir gebeut.

390. Herkules.

Endlich erblick' ich auch den gewaltigen Herkules! Seine
Übersetzung! Er selbst leider war nicht mehr zu sehn.

391. Herakliden.

Ringsum schrie, wie Vögelgeschrei, das Geschrei der Tragöden
Und das Hundegebell der Dramaturgen um ihn.

392. »Pure Manier.«

Schauerlich stand das Ungetüm da. Gespannt war der Bogen,
Und der Pfeil auf der Sehn' traf noch beständig das Herz.

393. Er.

Welche noch kühnere That, Unglücklicher, wagest du jetzo,
Zu den Verstorbenen selbst niederzusteigen, ins Grab!

394. Ich.

Wegen Tiresias mußt' ich herab, den Seher zu fragen,
Wo ich den guten Geschmack fände, der nicht mehr zu sehn.

395. Er.

Glauben sie nicht der Natur und den alten Griechen, so holst du
Eine Dramaturgie ihnen vergeblich herauf.

396. Ich.

O die Natur, die zeigt auf unsern Bühnen sich wieder,
Splitternackend, daß man jegliche Rippe ihr zählt.

397. Er.

Wie? So ist wirklich bei euch der alte Kothurnus zu sehen,
Den zu holen ich selbst stieg in des Tartarus Nacht?

398. Ich.

Nichts mehr von diesem tragischen Spuk. Kaum einmal im Jahre
Geht dein geharnischter Geist über die Bretter hinweg.

399. Er.

Auch gut! Philosophie hat eure Gefühle geläutert,
Und vor dem heitern Humor fliehet der schwarze Affekt.

400. Ich.


Ja, ein derber und trockener Spaß, nichts geht uns darüber,
Aber der Jammer auch, wenn er nur naß ist, gefällt.
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Alt 13.01.2012, 18:39   #34
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Häppchen Nummer 27 :

401. Er.

Also sieht man bei euch den leichten Tanz der Thalia
Neben dem ernsten Gang, welchen Melpomene geht?

402. Ich.

Keines von beiden! Uns kann nur das christlichmoralische rühren,
Und was recht populär, häuslich und bürgerlich ist.

403. Er.

Was? Es dürfte kein Cäsar auf euren Bühnen sich zeigen,
Kein Anton, kein Orest, keine Andromache mehr?

404. Ich.

Nichts! Man siehet bei uns nur Pfarrer, Kommerzienräte,
Fähndriche, Sekretärs oder Husarenmajors.

405. Er.

Aber ich bitte dich, Freund, was kann denn dieser Misère
Großes begegnen, was kann Großes denn durch sie geschehn?

406. Ich.

Was? Sie machen Kabale, sie leihen auf Pfänder, sie stecken
Silberne Löffel ein, wagen den Pranger und mehr.

407. Er.

Woher nehmt ihr denn aber das große gigantische Schicksal,
Welches den Menschen erhebt, wenn es den Menschen zermalmt?

408. Ich.

Das sind Grillen! Uns selbst und unsre guten Bekannten,
Unsern Jammer und Not suchen und finden wir hier.

409. Er.

Aber das habt ihr ja alles bequemer und besser zu Hause,
Warum entfliehet ihr euch, wenn ihr euch selber nur sucht?

410. Ich.

Nimm's nicht übel, mein Heros. Das ist ein verschiedener Kasus,
Das Geschick, das ist blind, und der Poet ist gerecht.

411. Er.

Also eure Natur, die erbärmliche, trifft man auf euren
Bühnen, die große nur nicht, nicht die unendliche an?

412. Er.

Der Poet ist der Wirt und der letzte Aktus die Zeche,
Wenn sich das Laster erbricht, setzt sich die Tugend zu Tisch.

413. Muse zu den Xenien.

Aber jetzt rat' ich euch, geht, sonst kommt noch gar der Gorgona
Fratze oder ein Band Oden von Haschka hervor.

414. An die Freier.

Alles war nur ein Spiel! Ihr Freier lebt ja noch alle,
Hier ist der Bogen und hier ist zu den Ringen der Platz.

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Mit Nummer 414 ist hier auch das "Ende" erreicht. Wer hier liest, hat nach dieser Lektüre vielleicht auch selbst Lust bekommen, ein Distichon zu verfassen. Dafür bietet sich der von Thomas eröffnete "Distelchen-Faden" an. Wer also möchte, kann gerne mal vorbeischauen!

Und ein Dankeschön an alle Leser, die hier "zu Besuch" waren.

Liebe Grüße

Stimme
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