Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Denkerklause

Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 19.06.2011, 15:48   #1
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard Vivere militare est.

"Vivere militare est."
(deutsch: "Zu leben heißt zu kämpfen.") - nach Seneca, Moralische Briefe an Lucilius, XVI, XCVI, 5


Ein feiner Staub tanzt vor der Menschen Augen,
im Sonnenlicht, das durch ein Fenster scheint.
Ob diese Funken wohl für Träume taugen?
Vergangenheit und Zukunft sind vereint,
wer heute lacht, hat gestern noch geweint.
Erstaunlich viel an Kraft ist uns gegeben,
ganz sicher mehr, als mancher von sich meint.
Solang wir nicht an alten Ängsten kleben,
gelingt es dennoch gut, trotz Kämpfen gern zu leben.

Nur allzu oft will uns jemand betören,
behauptet, dass er jede Lösung kennt.
Verlangt, dass wir auf dessen Weisheit hören,
wobei er als Beweis ein Buch benennt,
in dem sein Gott die Spreu vom Weizen trennt.
Die Freiheit unsrer Seele kann man kaufen,
als Schaf, das freudig in den Abgrund rennt.
Kommt, reiht euch selig ein im großen Haufen:
Bezahlt den Krämergott und lasst euch schnellstens taufen!

Erpressung ist ein Mittel dieser Spiele,
denn Höllenqualen drohen jederzeit.
Bedauerlicherweise glauben viele,
dass Kirchenzugehörigkeit befreit.
Sie zahlen froh, erwerben Sicherheit,
denn Gold und Marmor können Menschen retten.
Ach, Freunde, erst wenn's in der Hölle schneit,
macht euch das frei. Ihr bleibt, da könnt ihr wetten,
gefangen in der Angst. Die Kirche liefert Ketten,

geschmiedet von der Gier nach Macht. Sie rauben
die Eigenständigkeit, das ist der Sinn
der Religion: Gehorsamkeit, nicht Glauben.
Dabei dreht sich stets alles um Gewinn,
mit Hunger sitzt ein Krake mittendrin,
verlangend ausgestreckt sind die Tentakel.
So war es immer, schon seit dem Beginn.
Verführungskünste, prächtige Spektakel,
versprechen wahres Heil - zu Haus im Tabernakel!

Der Kirchenstaub lässt demutsvoll erblinden,
raubt alle Sicht, der Geist versinkt in Grau.
Verlorenheit statt Hoffnung, denn wir finden
kein Sonnenlicht im klerikalen Bau.
Darum ging ich nach Draußen, sah den Tau
auf Gräsern; fand dort Träume wieder,
mein Himmel über mir war weit und blau.
Drückt mancher harte Kampf das Dasein nieder:
Die Freiheit spendet Kraft, erfrischt die müden Glieder.
___________________________________
(Spenserstrophe/Spenser-Stanze)
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.06.2011, 08:54   #2
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Oh je, liebe Stimme, was für ein Text

Der schreit nach inhaltlicher Diskussion, die wohl auch kommen wird.

Ich bin nun nicht der große Diskutierer, zumindest nicht schriftlich - und deshalb möchte ich
dir zunächst mit meinem Beitrag hier dir erst einmal versichern, dass ich alles gelesen habe

Liest sich gut, flüssig, metrisch (wahrscheinlich) einwandfrei, doll geschrieben, klasse Reimschema.
Gezählt habe ich nix, das muss hier auch nicht sein.

Nur kurz zum Inhalt:
Schon durch meine Herkunft habe ich mit Kirche und deren Auswüchse nix am Hut.
Das einzige, was ich immer bewundere, ist die Baukunst der Kirchen, Münster und Dome.

Das ist ein tolles Werk, wobei mir Strophe 1 als Einführungsstrophe am besten gefällt.

Trotz des teilweise anklagenden Inhalts eine schöne poetische Sprache!


Lieben Gruß,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.06.2011, 19:04   #3
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Liebe Stimme,

dieses geballte Werk sollte mal jemand von der Kanzel aus vortragen.

Ganz schön kritisch und sehr schön kritisch. Ich kann mich damit gut identifizieren und ich denke, wir werden immer mehr.

Was ich oben schrieb, mit der Kanzel, ist eher spaßig gemeint.
Ernste Diskussionen darüber sollte man lieber mit "Menschenfischern" (so nannte sich hier einst ein "Missionar") und von ihnen Rede und Antwort verlangen.
Die Betroffenen, wirklich Gläubigen, würde man nur erschrecken und von sich selbst abschrecken. Sie müssten langsam und behutsam aufgeklärt werden. (Ich weiß, wovon ich rede) Der Machtapparat ist zu gewaltig.

Das Schlimmste und Traurigste daran ist, dass wissentlich gelogen wird. Man erkennt es an der Bildhaftigkeit, die früher direkt verkauft wurde. Viel später, als die Menschen aufgeklärter hinterfragten, verwandelten sie es in Sinnbilder.
Ein großer Teil des Unsinns wird aber noch beibehalten.

Eine kleine Meckerei lasse ich doch noch da:

[QUOTE=Stimme der Zeit]Ein feiner Staub tanzt vor der Menschen Augen,
im
Zitat:
Sonnenlicht, das durch ein Fenster scheint.[/
QUOTE]

Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit
kein Sonnenlicht im klerikalen Bau.
Vielleicht ist das obere Sonnenlicht gar nicht im Kirchenraum, aber beim Lesen entstehen gerade die flutenden Sonnenstrahlen durch Kirchenfenster, ebenso die tanzenden Staubpartikel. Ich habe es jedenfalls damit verbunden und irritierend empfunden.
(Den Lichteinfall selbst finde ich wunderschön und auch die Bauten. Für Zusammenkünfte wie Konzerte, Vorträge, Gesänge und lyr. Kunst wunderbar geeignet )

Dann die Worte: Gehorsamkeit und Verlorenheit. Sie passen und sind verständlich, aber Gehorsam z.B. wäre nachdrücklicher.
Ich habe im Augenblick keinen besseren Vorschlag, zumindest keinen, der nicht zugleich in die Metrik pfuscht.
Gehorsam im bedingungslosen (blinden) Glauben - so in etwa.

Statt Verlorenheit könnte "Ergeben sein, statt Hoffnung ..."

Wie angesagt, es sind keine "fertigen" Vorschläge. Mir sind diese Kleinigkeiten aufgefallen und die wollte ich dir nicht vorenthalten.

Dein gekonntes "Bollwerk" habe ich gelesen, genossen und mich darauf gern eingelassen.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.06.2011, 21:28   #4
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Hallo, liebe Chavali,

Zitat:
Der schreit nach inhaltlicher Diskussion, die wohl auch kommen wird.
ich denke nicht, dass er "schreit", er klagt an, ja, das ist richtig. Was in mir immer Bedauern erweckt, ist das "Schweigen". Es ist besser, über etwas zu reden - oder auch zu diskutieren.

Unleugbar, die Kirchen, Dome und andere Bauten dieser Art sind bauliche Kunstwerke, darüber steht aus gutem Grund auch nichts im Text, da es mit "der Sache" nicht wirklich etwas zu tun hat.

Zitat:
und deshalb möchte ich
dir zunächst mit meinem Beitrag hier dir erst einmal versichern, dass ich alles gelesen habe
Ein Extra-Dankeschön dafür, das wurde länger, als ich ursprünglich geplant habe. Beim Schreiben hat mich das Thema "gepackt" (bei diesem Thema besteht diese Gefahr bei mir immer) und die Verse "flossen" heraus, bis das Gedicht sagte: Ich bin fertig, du kannst aufhören ...

Zitat:
Das ist ein tolles Werk, wobei mir Strophe 1 als Einführungsstrophe am besten gefällt.

Trotz des teilweise anklagenden Inhalts eine schöne poetische Sprache!
Liebe Chavali, das sind "tolle Komplimente", ich wäre ein Lügner, würde ich behaupten, mich nicht sehr darüber zu freuen.

Hauptsache ist - es gefällt den Lesern.

Danke für deinen Kommentar, dein Interesse und dein Lob.

Liebe Grüße

Stimme


-----------------------------------------------------------------------------------------

Hallo, Ida.

Wenn die Thematik an sich nicht so ernst wäre, wie sie ist, könnte mich die "schreiende Stimme" belustigen. Nein, das ist eine "Sichtweise", vielleicht auch das Beklagen von Missständen, unter Umständen sogar ein "Aufschrei" für die "Stimm(Hilf)losen".

Zitat:
Es ist inhaltlich rund.
Dankeschön.

Zitat:
Ist der Glaube an die Kirche (nicht an Gott!) nicht auch ein Glaube?
Ja, das ist richtig. Im Text jedoch stellt sich ein anderer Zusammenhang dar. Für die "Kirche" geht es nicht darum, ob ihre Anhänger glauben oder nicht - so lange sie gehorchen (bezahlen?) spielt das keine Rolle.

Zitat:
"Draußen" nicht draußen?
Auch hier hast du recht, aber ich habe die "Regeln" hier absichtlich ein wenig "zurecht gebogen", um dem Begriff mehr "Gewicht" zu geben. Du bist auch an diesem Wort "hängen geblieben", das ist durchaus von mir gewollt. Freiheit im Dasein liegt (im) Draußen, nicht im Inneren von steinernen Mauern ...

Zitat:
Hat mir sehr gefallen!
Danke! Das ist das Ausschlaggebende, der Grund, weshalb man schreiben sollte.

Liebe Grüße

Stimme


------------------------------------------------------------------------------


Hallo, liebe Dana,

keine Sorge, ich habe die Bemerkung über die "Kanzel" richtig verstanden. Ja, die religiösen Institutionen sind ein Thema für viele, auch für mich.

Die "Machtapparate" sind in der Tat gewaltig, auch heute noch, im "aufgeklärten" Zeitalter der "Moderne". Es geht ja nicht nur um die Lügen allein (davon gibt es eine Menge), sondern wirklich um die Anhäufung von Macht und Reichtum - wobei das Eine das Andere bedingt. Ich war in meiner Jugend tatsächlich einmal im Vatikan und fühlte mich wie "erschlagen" von Gold und Marmor. Vor allem eines bemerkte ich in diesem "klerikalen Bau": Kälte.

Bereits damals erkannte ich, obwohl erst 14 Jahre alt, dass so etwas falsch ist. All dieser Prunk, während so viele Menschen auf der Welt Not leiden. Damals war ich noch "kinder-/jugendgläubig", aber ich hatte bereits ein eindeutiges Gefühl: Sollte es einen Gott geben, ist dies ein Ort, an dem er nicht zu finden ist - da er dort sicher nicht sein will. So sah ich es, als ich dort war.

Heute denke ich ganz anders, aber es dient vielleicht zur Verdeutlichung eines Unrechtsempfindens, das mit "Glauben" nichts zu tun hatte, sondern mit einer "Religion" (auch wenn sie nicht meine war). Ich begann nachzudenken und mir Fragen zu stellen.

Ich habe im Laufe der Zeit leider vergessen, wer das sagte, aber wenn ich mich richtig erinnere, war es ein ehemaliger Priester, der einmal sagte: "Wenn man alle Holzsplitter, die angeblich vom "Heiligen Kreuz" stammen, zusammen sammeln würde, dann hätte man einen Wald." Auch heute ist es noch mit vielen "Reliquien" so. Ich kenne da einen Witz: Zwei Männer besichtigen eine Kirche. Der eine sagt: "Hier wird das Haupt von Johannes dem Täufer aufbewahrt." Darauf meint der andere: "Toll, das ist ja fantastisch!" Der erste erwidert: "Ja, aber das ist noch gar nichts. Ich war auch schon in XXX, da stellen sie sein Haupt im Alter von 16 Jahren aus!"

Zu deiner "kleinen Meckerei". "... Sonnenlicht, das durch ein Fenster scheint." In der Einleitungsstrophe ist kein Kirchenfenster gemeint, sondern "irgendein" Fenster, in einer Wohnung oder einem Büro. Durch dieses "normal-gewöhnliche" Fenster scheint die Sonne in einen Raum. Das habe ich als Mittel gewählt, um eine Art "kontrastierenden Zusammenhang" mit der Wiederholung "kein Sonnenlicht im klerikalen Bau." herzustellen. Die Buntglasfenster tauchen das Innere in ein "gedämpftes" Licht, ich bediente mich hier der Symbolik einer "Abschwächung", das, was vielleicht noch herein "scheint" ist (im übertragenen Sinne) verfärbt und diffus, also kein "wirkliches" Sonnenlicht mehr. Im Inneren bleibt es kalt ...

(In diesem Sinne antwortete ich auch auf Idas Frage, warum ich bei "... nach Draußen ..." die Großschreibung "fehlerhaft" verwendet habe. Als Kontrast zum "Drinnen" und zur Hervorhebung der Bedeutung. Ich überlegte zunächst, ob ich sogar "... ins Draußen ..." schreiben sollte, aber so wäre es ein Widerspruch in sich selbst, daher entschied ich mich für die erste Variante.)

Zitat:
(Den Lichteinfall selbst finde ich wunderschön und auch die Bauten.
Natürlich kann das sehr schön aussehen, dem stimme ich zu. Bei meinem Text jedoch ging es mir vor allem um den "übertragenen Sinn", nicht den wortwörtlichen.

Deine Anmerkungen zu den Begriffen "Gehorsamkeit" und "Verlorenheit" möchte ich "ähnlich" beantworten. Sie sind absichtlich gewählt, es gibt mehrere:

"Vergangenheit", "Weisheit", "Freiheit", "Kirchenzugehörigkeit", "Sicherheit", "Eigenständigkeit", "Gehorsamkeit", "Verlorenheit", und am Schluss erneut die "Freiheit". (Wobei diese Begriffe jeweils in einem negativen oder positiven Zusammenhang dargestellt sind.)

Es sollte eine Art "roter Faden" sein. Offenbar habe ich sie (zu) gut versteckt, das ist einerseits gut, andererseits nicht. Der Doppelpunkt hinter "Religion" hebt das Wort "Gehorsamkeit" hervor, ein "Fingerzeig" sozusagen. (An dieser Formulierung habe ich lange getüftelt, bis es so passte, wie ich es gerne haben wollte.)

Es gibt auch noch einiges Andere in diesem Text zu "finden", beispielsweise spielt auch der "Staub" hier "verschiedene" Rollen ...

Zitat:
Dein gekonntes "Bollwerk" habe ich gelesen, genossen und mich darauf gern eingelassen.
Für mich ist es immer eine echte Freude, wenn ich schreibe und jemand "Genuß" daran findet.

Herzlichen Dank!

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2011, 18:03   #5
ginTon
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von ginTon
 
Registriert seit: 14.02.2009
Ort: Mainz
Beiträge: 12.431
ginTon eine Nachricht über ICQ schicken ginTon eine Nachricht über Skype™ schicken
Standard

hallo stimme,

manno man, da sage ich mal halleluljah um mich kurz zu halten, was für

ein Gedicht, düs ist aber schon wegen lang, aber auch ich habe es zu Ende

gelesen und denke, dass es sehr gut geschrieben ist...die pentamere Form und

der durchgängige Reim gefallen mir hier besonders...

gerne gelesen, liebe Grüße gin
__________________
© Bilder by ginton

High Times on Wall Street, are Hard Times on Main Street! (Bruce Springsteen)

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
ginTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2011, 20:19   #6
wolo von thurland
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

liebe stimme der zeit

beeindruckend. vor allem deshalb, weil es, wie ich es bei dir schon immer schätzte, sich einer ungekünstelten sprache bedient.

interessiert mich aber als thema eigentlich nicht. wer zwingt dich denn, den pfaffen zuzu- hören? in stuttgart ist die cdu immerhin am ende. hier in südbaden regiert sie auf dem lande unangefochten. sogar mein freund und kollege sitzt als ihr mitglied im gemeinderat, der bei euch bei grünen oder spd wäre.

also schaue ich mir halt das gedicht als solches ein bisschen an und schreibe dir auf, was mir aufgefallen ist.

zunächst mal sind da auch sechsheber schön(!) regelmässig verteilt (zusatz zur bemerkung bezüglich „pentamere“ struktur weiter oben).

„religion“ hat vier silben und durchbricht damit als einzelkämpfer das reimschema.

die krake „hunger“ taucht etwas gar überraschend aus den tiefen der metaphern auf. die stelle verstehe ich nicht.

wer ist „zu Haus im Tabernakel“? das wahre heil? ist das lehre der kirche?

„im bau“ hier im sinne von „im gefängnis“? denn in einer klerikalen „baute“ z.b. aus eurem süddeutschen barock ist fehlendes sonnenlicht nicht die regel.

schreibt man „nach hinten“, „nach draussen“ nicht klein?
und noch eine allerletzte pingelige spitzfindigkeit: an stelle des doppelpunktes vor der letzten zeile gehört ein komma.

gratuliere sehr zum ganzen text und bin mir sicher, dass mir meine korrekturen nicht übel genommen werden. sollte ich sogar unrecht haben, streue ich asche auf mein haupt.

;-)
lg w.
  Mit Zitat antworten
Alt 22.06.2011, 21:30   #7
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Hallo, gin,

ja, es ist ein wenig lang, ich gebe es unumwunden zu.

(Ich sei, gewährt mir die Bitte,
In eurem Bunde der Dritte!)

Zitat:
aber auch ich habe es zu Ende gelesen
Danke für deine Bemühung! *schmunzel*

Zitat:
denke, dass es sehr gut geschrieben ist...die pentamere Form und
der durchgängige Reim gefallen mir hier besonders...
Mir gefällt diese Gedichtform auch. Sie ist allerdings nicht meine "Erfindung", ich habe hier (wie unter meinem Gedicht vermerkt) in Spenserstrophen geschrieben. Das Reimschema und auch die Anzahl der Hebungen ist vorgeschrieben. Ebenso der 9. Vers mit der Zäsur - ein Alexandriner.

Ich fand die Struktur sehr schön, deshalb wollte ich den Versuch unternehmen, ein solches Gedicht zu verfassen.

Danke, dass du "alles" gelesen hast, und natürlich auch für dein Lob.

Liebe Grüße

Stimme


__________________________________________________ ___________


Hallo, wolo,


weißt du, es geht nicht ums Zuhören, sondern um die Machenschaften. Der letzte Skandal hat wieder einmal gezeigt, dass Apelle an den gesunden Menschenverstand immer wieder Notwendigkeiten sind.

Zitat:
beeindruckend. vor allem deshalb, weil es, wie ich es bei dir schon immer schätzte, sich einer ungekünstelten sprache bedient.
Ich versuche, wenn ich irgend kann, überhaupt nicht zu "künsteln". Inversionen beispielsweise lasse ich bei mir selbst nicht zu - obwohl ich sie in anderen Werken (je nach Thematik) mitunter "sehen" kann.

Zitat:
„religion“ hat vier silben und durchbricht damit als einzelkämpfer das reimschema.
"Religion". Tja, sowohl das Thema als auch der einzige Fehler. Nur: Dieses Wort muss ich genau an dieser Stelle haben. Es ist aber nur halb "gebogen", denn ich spreche es (regional bedingt) tatsächlich als "Religjon" aus. Also hoffte ich, es würde nicht allzu sehr auffallen - aber dir entgeht es natürlich nicht. Lass es bitte als Ausnahme durchgehen, ich kann es nicht austauschen.

Zitat:
die krake „hunger“ taucht etwas gar überraschend aus den tiefen der metaphern auf. die stelle verstehe ich nicht.
Mit dem "hungrigen Kraken" ist die "Zentrale" in Rom gemeint, denn da sitzt er, mittendrin ...
Als "Wirtschaftsunternehmen" streckt dieser seine "Tentakel" über die ganze Welt aus.

Zitat:
wer ist „zu Haus im Tabernakel“? das wahre heil? ist das lehre der kirche?
Im tieferen (religiösen) Sinne ja, denn im Tabernakel werden die durch die Messe "verwandelten" Hostien aufbewahrt, die für die Kirche der "Leib Christi" sind. Tja, Gott wohnt in einem Kasten, der abgeschlossen ist.

Zitat:
„im bau“ hier im sinne von „im gefängnis“? denn in einer klerikalen „baute“ z.b. aus eurem süddeutschen barock ist fehlendes sonnenlicht nicht die regel.
Jein, möchte ich sagen. Leider hast du meine Antworten an Ida und Dana nicht gelesen, ich habe dort bereits die Frage des "fehlenden" Sonnenlichts definiert. Es fehlt nicht wirklich - es ist nur nicht mehr "echt".

Zitat:
schreibt man „nach hinten“, „nach draussen“ nicht klein?
Ja, man schreibt "nach draußen" klein. Auch darauf habe ich bereits ausführlich geantwortet. Wenn es dir nichts ausmacht, lies bitte nach.

Zitat:
und noch eine allerletzte pingelige spitzfindigkeit: an stelle des doppelpunktes vor der letzten zeile gehört ein komma.
Ich sage: Du hast recht. Das hängt mit dem Doppelpunkt nach "Religion" zusammen, eine umgekehrte "Spiegelung" sozusagen. Bei "Religion" wird durch den Doppelpunkt der "Gehorsamkeit" Nachdruck verliehen, und hier soll er die Aufmerksamkeit auf die "Freiheit" lenken. Wenn du allerdings meinst, es wäre ein zu gravierender Fehler, dann sag es mir, und ich mache ein Komma daraus, einverstanden?

Zitat:
gratuliere sehr zum ganzen text und bin mir sicher, dass mir meine korrekturen nicht übel genommen werden. sollte ich sogar unrecht haben, streue ich asche auf mein haupt.
Zuerst vielen Dank für deine Gratulation.

Mach dir bitte keine Gedanken, denn du hast in allen deinen Punkten recht. Aber die "Effekte" und das "wichtigste" Wort würden fehlen. Zeig ein bisschen Nachsicht, ich stimme dir ja auch zu ...

Darf ich es so lassen, wenn ich statt dessen Asche auf mein Haupt streue?

Danke für deinen Kommentar, für dein Lob und für deine (richtige bzw. berechtigte) Kritik.

Liebe Grüße

Stimme

P.S.: Das ist das erste meiner Gedichte, das ich "verteidige". Ansonsten bin ich immer zur Korrektur bereit, aber hier geht mir die "Wirkung" vor. Eine "Premiere", deshalb werde ich mich aber weiterhin bei anderen Gedichten gerne verbessern lassen, das hier ist eine Ausnahme.
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.06.2011, 22:24   #8
wolo von thurland
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

hallo stimme der zeit
es tut mir natürlich leid, dass ich nicht alles im kommentarfaden mitbekommen hatte. aber ich kann manchmal nur kursiv lesen, da passiert so was leider. (ja, walther, falls du dies wider erwarten liest: ich weiss, besser wäre sich ganz raushalten...)
danke für deine erklärungen (oder verteidigung, wenn du es so nennen willst).
das "mit hunger" für "hungrig" ist schon etwas ungewohnt, aber selbstverständlich bin ich da und in allem andern nicht wirklich kompetent. deshalb bin ich froh, dass du nichts änderst.
lg w.
p.s. ich habe nach der stelle bei seneca gesucht, weil mir die deutsche übersetzung irgendwie fremd war. ich verstehe sie in etwa als "man soll leben wie ein soldat im dienst" oder "leben heisst schnauze zu und durch". beides hingegen wäre dann schon fast wieder im sinne der krake mit den tentakeln, oder?

Geändert von wolo von thurland (25.06.2011 um 06:40 Uhr)
  Mit Zitat antworten
Alt 26.06.2011, 14:46   #9
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Hallo, wolo,

Zitat:
Zitat von wolo von thurland:
p.s. ich habe nach der stelle bei seneca gesucht, weil mir die deutsche übersetzung irgendwie fremd war. ich verstehe sie in etwa als "man soll leben wie ein soldat im dienst" oder "leben heisst schnauze zu und durch". beides hingegen wäre dann schon fast wieder im sinne der krake mit den tentakeln, oder?
da ich nun mal (leider) überhaupt kein Latein beherrsche, was ich offen zugebe (und schon oft zugab), habe ich diese Übersetzung ebenfalls "heraus gesucht". Ich wollte einen lateinischen Titel, der von einem heidnischen, römischen Philosophen stammt, und der zum Inhalt "passt" (im Sinne des Kontrasts). Was mich betrifft, musste ich mich da völlig auf die jeweilig gefundenen Angaben bzw. die angegebene Übersetzung verlassen. Wenn sie nicht korrekt ist, wäre ich für ein richtig übersetztes Zitat im inhaltlich entsprechenden Sinne sehr dankbar, das würde ich sofort ändern.

Zitat:
das "mit hunger" für "hungrig" ist schon etwas ungewohnt, aber selbstverständlich bin ich da und in allem andern nicht wirklich kompetent. deshalb bin ich froh, dass du nichts änderst.
Das kommt mir jetzt doch ein bisschen zu ironisch "rüber". Ein einziges Gedicht von allen, die ich bisher geschrieben habe, und das ich zum ersten Mal nicht ändern möchte, ist bereits "zu viel"?

Ich weiß, dass du kompetent bist, das ist mir schon lange klar. Mach mir doch bitte konkrete Verbesserungsvorschläge, denn ich erkenne keine Möglichkeiten, außer einen "Eingriff" vorzunehmen, der den "inhaltlichen Aufbau" beeinträchtigt. Wenn du mir dabei helfen würdest, weshalb sollte ich dann nicht darüber nachdenken bzw. etwas davon übernehmen?

Sollte ich mich irren, gib mir Bescheid! Manchmal tue ich mich schwer, zu erkennen, was nun ironisch gemeint ist und was ehrlich. Das liegt u. U. daran, dass du meisterhaft ironisch sein kannst ...

Dämonisch liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.



Geändert von Stimme der Zeit (26.06.2011 um 18:28 Uhr) Grund: Kleine Ergänzung.
Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 02:53 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg