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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 15.05.2009, 11:51   #1
Medusa
Gesperrt
 
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Ort: Berlin
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Standard Verwahrlosung

Sprache


Deutsch ist die Sprache des Protestantismus.
Kraftvoll bei Luther, bei Freud, dem Marxismus.
Zart meist bei Rilke, bei Lessing und Goethe,
klingend für Orgel, Piano und Flöte.

Eine der schönsten und geistreichsten Sprachen
windet sich traurig in dumpfdrögen Brachen,
lassen wir fröhlich mit Dampfplauder brämen -
sollten uns ihrer Verschandelung schämen!

Mutwillig oder mit Vorsatz betrieben,
gleichgültig, sinnleer, wird je nach Belieben
schrecklich mit Denglisch und anderm Gehaben
Sprache als Heimat zu Grabe getragen.

Aufwachen, Freunde, so lasst uns beizeiten
denen, die Schande der Sprache bereiten,
legen ihr Handwerk in jedwede Grenzen -
niemals mit Lobhudeleien bekränzen!

Geändert von Medusa (18.05.2009 um 08:09 Uhr)
Medusa ist offline  
Alt 15.05.2009, 12:14   #2
Leier
gesperrte Senorissima
 
Registriert seit: 07.02.2009
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Beiträge: 4.134
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Lob, Lob, Lob!


Du sprichst mir - wenn auch in manchen Zeilen etwas ungeschickt - aus meinem tiefsten Herzen!
Du bestärkst mich darin, meiner Wut ob der Verschandelung freien Lauf zu lassen.

Hab Dank, liebe Medusa!

cyparis
Leier ist offline  
Alt 15.05.2009, 12:19   #3
ReinART
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Liebe Medusa
sehr energisch Dein Pamphlet, sag ich mal, das hier als Gedicht getarnt, zum Kampf gegen das Ausbluten deutschen Sprachgutes, daherkommt.
Reimtechnisch bestimmt ohne Makel, wie bei Dir auch nicht anders zu erwarten. Aber darum geht es hier ja gar nicht. Und da denke ich, als langjähriger Marxist, der sich auch mit Freud, weniger mit Luther, dann aber mit Rilke, Goethe etc., mehr peripher befasst hat, dass gerade die beiden erstgenannten, mit Wortgut, das bestimmt nicht dem deutschsprachigen Raum entstammt, nicht sparten. Bei Marx ging es ums internationale Proletariat und er hat die Internationalisierung der der Weltgemeinschaft vorausgesehen. Wir nennen es heute Globalisierung. Eine Entwicklung, die Kampf bedeutet zwischen Arm und Reich, Ost und West etc. etrc. Da lässt es sich meines Erachtens nicht vermeiden, dass auch die Sprachen davon betroffen sind.
Natürlich gebe ich Dir Recht, wenn man bemüht sein sollte, das kulturelle Erbe zu bewahren, aber mir klingt es etwas zu martialisch (schon wieder so ein Wort- das ich aber für sehr opportun halte.
Nun gut. Ich bin kein Sprachwissenschaftler, eigentlich überhaupt nicht rational ( Mist, Merde, schon wieder)denkend und würde mich hüten, mich auf eine tiefergehende Diskussion einzulassen. Ist nur so mein Gefühl, dass sich bestimmte Entwicklungen einfach nicht aufhalten lassen.
Trotz Allem:
Wohlfeil in Szene gesetzt!
Lieben Gruß
Reinhard
 
Alt 15.05.2009, 12:31   #4
Seeräuber-Jenny
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Ahoi Medusa,

Papier ist geduldig, und so wird unserer Sprache und den Lesern allerhand zugemutet - Holperreime, Denglisch, grobe orthografische und grammatikalische Fehler und dergleichen Schnitzer mehr.

Häufig geschieht dies aus Unvermögen. Vielleicht, weil manche, die sich Dichter nennen, selbst zu wenig lesen und beim Schreiben nicht die nötige Sorgfalt walten lassen.

Manche greifen aber auch absichtlich zu diesen Kniffen, um ihre Gedichte volkstümlich erscheinen zu lassen oder um schrägen Humor zu präsentieren.

Doch du hast natürlich recht. Unsere schöne deutsche Sprache verfällt allmählich, und das ist schlimm.

Ich möchte nicht zum tausendsten Mal die Rechtschreibreform kritisieren, doch ist sie bestimmt Ausdruck dieses Verfalls. Und was will man von jungen Menschen erwarten, deren Lehrer nicht mal richtig rechtschreiben können. Oder von Lesern, denen beim Aufschlagen der Tageszeitung schon die Fehler entgegenspringen.

Nachdenkliche Grüße
Seeräuber-Jenny

Geändert von Seeräuber-Jenny (15.05.2009 um 12:36 Uhr)
 
Alt 15.05.2009, 12:49   #5
Feirefiz
Bernhardverdreher
 
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Liebe Medusa!

Dies ist ein sehr schön gereimtes Gedicht mit einer sehr schönen Melodie!
So viel dazu!

Ihr nennt euch selbst "Sprachverfechter". Und habt nicht einmal begriffen, dass sich Sprache seit JAHRTAUSENDEN im Wandel befindet. Möchtest du demnächst anstatt "Sport" "Leibesertüchtigung" sagen? Ich glaube, das fändest du ziemlich uncool!
Aber nein: ganz Deutschland ist dereinst auf der Suche nach dem angeblich "Schönsten deutschen Wort" gewesen. Was kam heraus? "HABSELIGKEITEN", mit dem Hinweis, es käme von "seelig". Was für ein bullshit! So großartig sind wir Deutschen und unsere Sprache!
Also: ALLE lateinischen, englischen, französischen, russischen, tschechischen, arabischen, blablabla Lehnwörter, die
- entweder so abgehoben klingen, dass man mit ihnen auf jeder Soirée (sic!) Eindruck schinden kann, oder
- der elende Bauernverräter Luther im ungewaschenen Mund führte
sind ok, oder was?
Der Inhalt dieses Gedichtes hat mich richtiggehend zornig gemacht!
Es ist dumm hoch zehn soetwas zu behaupten!
Zitat:
Eine der schönsten gebildetsten Sprachen
Wie sich das anhört! Zudem: seit wann gibt es einen Superlativ von "gebildet", hä, große Sprachverweserin?
Die Sprache...EUCH gehört sie nicht!!!
Was ist an Sprache schön? Was ist an der Schwerkraft schön?
Wer nicht einsehen will, dass JEDES importierte Wort eine Sprache NUR bereichern kann ist ein SprachVERÄCHTER!
Verwahrlosen würde die Sprache OHNE Lehnwörter!
Es gibt nicht ein einziges deutsches Wort, das geeignet wäre zB "cool" zu ersetzen. Oder anders ausgedrückt: WO nochmal können wir alle seit kurzem mal eben so Gedanken austauschen? WIE heißt dieser Kasten mit der bunten Schrift auf der Startseite? Gute Frage...
Und das ist auch gut so!

Uns ist in alten mæren wunders vil geseit....ja ja, ist ja gut. Mach das Licht aus, wenn du gehst!

Mit ...... Gruß!
Feirefiz (bitte entschuldige mich)
__________________
Hören Sie, bleiben Sie stehen und hören Sie:
dieses Gekläff! (Th.B.)
Alle meine Texte unterliegen der freien Verfüg- und Kommentierbarkeit
Feirefiz ist offline  
Alt 15.05.2009, 13:03   #6
Seeräuber-Jenny
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Ahoi Feirefiz,

natürlich ist unsere Sprache einem ständigen Wandel unterworfen. Selbstverständlich steckt sie voller Lehnwörter. Und im Zuge der Globalisierung ist doch klar, dass auch viele Begriffe aus der Weltsprache Englisch einfließen.

Doch leider habe ich in Gedichteforen schon so viel Haarsträubendes gelesen, dass mir regelrecht die Augen weh taten. Wenn jemand sich schon Dichter nennt, ohne einen Funken Sprachgefühl zu besitzen, so sollte er doch bitte schön seine Texte vor Veröffentlichung im weltweiten Netz wenigstens noch mal auf Rechtschreib- oder Flüchtigkeitsfehler durchgehen.

Bestimmt hat Medusa darauf angespielt und nicht auf deine Gedichte, auch wenn du Verse im schönsten Dinglisch verfasst hast.

Aye, und natürlich sind Sprachen schön. Sonst würden wir uns ihrer ja nicht bedienen, um unseren Gedanken künstlerisch Ausdruck zu verleihen.

Liebe Grüße
Seeräuber-Jenny

Geändert von Seeräuber-Jenny (15.05.2009 um 13:11 Uhr)
 
Alt 15.05.2009, 13:05   #7
Medusa
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Liebe Cyparis,
mir war klar, dass Dich dieses Gedicht begeistern würde. Schließlich waren Deine "Elisionen" der Aufhänger!
Ich danke Dir herzlich - wir sind einer Meinung!
Mit vielen lieben Grüßen,
Medusa.


Hallo ReinART,
die Aufzählung der Dichter und Denker ist dem Reim geschuldet, obwohl sie mir alle als Hüter der deutschen Sprache lieb sind.
Ganz gewiss ist die Entwicklung nicht aufzuhalten, da bin ich Deiner Meinung. Als Dichter sollten wir allerdings versuchen, energisch dagegen zu steuern, nicht wahr?
"Martialisch"? Na klar, ohne Kampf kriegen wir das nicht hin, wenn überhaupt.
Ich danke Dir herzlich für Deinen wohl überlegten Kommentar und grüße Dich herzlich,
Medusa.


Liebe Seräuber-Jenny,
JA, es ist die fehlende Sorgfalt und das Unvermögen, an denen es mangelt! Die Rechtschreibreform öffnet diesen Unzulänglichkeiten Tür und Tor.
Wenn schon in Brüssel um die Deutsche Sprache gekämpft wird, wo soll das am Ende hin führen?
Ich danke Dir ganz herzlich für Deine Nachdenklichkeit.
Viele liebe Grüße,
Medusa.

Geändert von Medusa (15.05.2009 um 14:29 Uhr)
Medusa ist offline  
Alt 15.05.2009, 13:50   #8
ReinART
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Liebe Medusa
ich denke nicht, dass man kämpfen muss- zumindest nicht in der von Dir apostrophierten Form. Es wäre schön eine friedliche Verbindung der Völker, Kulturen, Sprachen etc. herzustellen die nicht zu einer hochexplosiven "chemischen" Explosion führt. Und die Gefahr sehe ich, wenn mit solchen Allgemeinplätzen: wir haben eine der schönsten Sprachen argumentiert. Ich lerne gerade Spanisch- was für eine lebhafte und schöne Sprache!!
Dass Du, die so analytisch Chavalis gedicht (notgedrungenermaßen-ich weiß unter die Lupe nimmst, dann aber, des Reimes wegen Marx und Freud zur Untermauerung deines Pamphlets herbeizitierst, halte ich für ungebührlich und gefährlich und Dir dient die deutsche Sprache nicht als etwas, um die Wahrheit zu beleuchten sondern als nur Zierrat. Entschuldige, wenn ich das so sage.
Es kommt nicht auf die Form, sondern auf den Inhalt an.
Auch Cyparis, die sich Deiner Argumentation so in die Arme warf: ist nicht sie es, die mit einem fundierten Wissen der griechische Mythologie, ihre schönen Gedichte auszuschmücken weiß. Und das vielfach mit Worten, wo ich erst googeln muss, um zu erfahren , worum es eigentlich geht.
Was wären wir ohne die Schönheit der griechischen Kultur, die sich auch in der Sprache ausdrücken wird.
Schlußendlich: ich glaube einfach nicht, dass Du Dir über die Konsequenzen Deines "Gedichtes" im klaren gewesen bist. So hoffe ich zumindest
Lieben Gruß
reinhard
Ach ja: ich schreibe Gedichte in einfachster Form, keine Fremdworte, kaum intellektuelle Verdrehungen. Klar und sachlich in der Wortwahl. kann mich trotzdem nicht Deinem Aufruf anschließen.
 
Alt 15.05.2009, 14:04   #9
norbert
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hm, Feirefiz, das seh ich nicht ganz so...
weder engländer noch amerikaner scheinen in der lage zu sein, vernünftige, zeitgemäße technische produkte zu erzeugen - beherrschen aber mit ihrer sprache das wirtschaftsdenken, sehen sich also als herren der welt.
mir schwant immer mehr, dass wir diesem einseitig orientierten denken nicht wenig von unserer derzeitigen weltfinanzkrise verdanken.
schopenhauer, der sechs sprachen fließend beherrschte, weist überzeugend darauf hin, dass sehr viele übersetzungen nicht wirklich präzise sind, weil in den unterschiedlichen begriffen unterschiedliche geister regieren.
es ist ein unterschied, ob ein denken von bentham und den englischen positivisten oder aber von kant oder schopenhauer beeinflusst ist.
natürlich: es gibt auch beispiele genug, wo ein fremdsprachlicher begriff sinnvoll
sein kann, z.b. "Sport" - "Leibesertüchtigung" - das bezieht sich dann aber eher auf unverfängliche, wenig komplizierte begriffe.
vor kurzem hörte ich bei wdr5 einen interessanten beitrag dazu, wie gefährlich es ist, eine LEBENDE sprache als metasprache zu benutzen - der in dieser sprache geborene wird immer im vorteil sein.
der von dir zu recht geschmähte breitmäulige knallfrosch luther ist übrigens der zerstörer der ehemaligen metasprache latein...
liebe grüße
norbert
norbert ist offline  
Alt 15.05.2009, 15:21   #10
Klatschmohn
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Leute, Leute- eine ganz nette Diskussion ist ja hier losgetreten worden.
Erst mal, Medusa finde ich Dein Gedicht sehr spannend zu lesen und ich gebe Dir in vielen Punkten recht. Wir haben eine sehr schöne Sprache- die auch wiederum unser Denken beeinflusst, ja- die Einfluss auf den ganzen Menschen in seiner Erscheinung und Tätigkeit hat.
Andererseits können wir uns bestimmten Wörtern, gerade in der Technologie nicht entziehen, da gibt es Begrifflichkeiten die in der ganzen Welt verstanden werde.
Was mich allerdings maßlos auf die Palme bringt, kann man bei der Deutschen Bahn sehr gut beobachten. Da heußt doch glatt der ICI Bahnhof in Limburg, Railport. Außerdem brauch man Tickets, denn Fahrkarten gibt es nicht mehr und manche üblen Scherze mehr.
Auch der Kaffe aus Togo macht hier ungeahnte Karriere, da steht dann auf dem Schild vor der uralt eingesessenen Bäckerei Kaffe to go, auch noch klein und getrennt geschrieben, ohne das aus davor.
Jetzt werden auch schon ganze Wörter ausgelassen.
Aber das ist es ja leider, was wir machen, machen wir gründlich. So gründlich, dass andere über uns lachen. Frag mal einen Engländer oder Amerikaner was ein Handy ist. Er wird hilflos mit der Achsel zucken.
Ja, vielleicht prädestiniert uns die Deutsche Grammatik zu solcher Gründlichkeit. Vielleicht!
Aber Dein Gedicht will ich hier loben.
Liebe Grüße,
Klatschmohn
__________________

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