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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 22.11.2012, 18:54   #1
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard Angst

.
.


Ein kurzer Blick nur im Vorübergehen,
ein Ruck, ein Zucken und schon ist man weiter.
Es hindert etwas dich, sich umzudrehen,
und außerdem sprach grade dein Begleiter.

Daheim erzählst du, dass dir war als hättest
du sie erkannt und du gestehst den Schrecken.
Du würdest irren, hörst du nur und bettest
die Möglichkeiten in die Nacht. Verstecken,

dem Kinde gleich die Augen zu verschließen,
gelingt nicht mehr, sie läßt dich nicht mehr schlafen.
Gedankenstürme wirbeln auf, ergießen
wie Öl sich in die Flammen und dein Hafen

ist keiner mehr, sie hat ihn eingenommen
und was sie wollte, hat sie längst bekommen.

.
.
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.12.2012, 19:57   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.907
Standard

Liebe Dana,

ein ziemlich beklemmernder Text, wie ich meine, aber auch nicht ganz einfach zu verstehen.

Wer oder was auch immer sich dahinter verbirgt, ich habe da schon so eine Ahnung, scheint seine Sache äußerst gut zu machen, denn es hat sich schon ausgebreitet und seine Wirkung erzielt.

Die "Angst" schließe ich mal aus, das wäre zu simpel, da sie ja den Titel ziert.
Ich denke eher, die Angst ist eine Folge des Geschehens und ihren rätselhaften Auslöser gilt es nun zu enttarnen.

Etwas ist in einem flüchtigen Moment geschehen, es wurde nur kurz wahrgenommen während einer Unterhaltung.
Niemand scheint dem Glauben zu schenken, alle halten es für einen Irrtum und doch lässt es den Protagonisten nicht mehr los, im Gegenteil es bereitet ihm schlaflose Nächte und nimmt Besitz von ihm, es quält und verursacht ihm Ängste.
Da wir nicht wissen können, was dem Protagonisten nun wirklich wiederfuhr, nennen wir dieses Ding einmal "Erscheinung".

Diese Erscheinung könnte nun vielfältig interpretiert werden.
Es könnte sich um eine Person handeln oder aber nur um irgendein flüchtiges Bild, ganz eindeutig geht dies aus dem Text nicht hervor. Auf jeden Fall hat es aber eine schon längst gelöscht geglaubte Erinnerung geweckt, die sich nun unangenehm bemerkbar macht oder aber um eine Vorahnung auf kommende Dinge.

Ob es nun ein schlechtes Gewissen oder ein Zukunftsgefühl ist, bleibt wohl der Interpretation des Lesers vorbehalten.
Was immer es aber auch ist, es ist stark genug um die beschriebenen seelischen Erschütterungen auszulösen.

Und wie eingangs schon erwähnt, zeichnen diese Zeilen ein beklemmendes Bild.


Ein schönes Shakespeare-Sonett, welches ich in diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert habe. .. .


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.12.2012, 22:07   #3
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 12.994
Standard

Liebe Dana,

eine Weile schon schlich ich um dieses Gedicht und da Faldi es ausgegraben hat, will ich nun
auch meine Meinung dazu sagen.

Eine Interpretation wurde schon versucht - ich bin geneigt, mich dieser anzuschließen.

Die Angst, die der/die Protagonist/in empfindet und das Erschrecken, dass ihn/sie zu lähmen scheint,
kommt aus der Vergangenheit.
Eine Sache, die man abgeschlossen wähnte, steht wieder im Raum und droht das LyrI zu erfassen.
Und dadurch, dass man sie nicht zu fassen bekommt und vielleicht auch keinen Einfluss nehmen kann,
ist sie so bedrohlich und das erzeugt die Angst vor dem Ungewissen, Nichtfassbaren, Vergangenem,
das wieder in die Gegenwart gespült wurde.
Vielleicht auch ein schlechtes Gewissen vor etwas Vergessenem oder Nichteingehaltenem.

Kann sein, dass ich komplett daneben liege - aber so stellt sich mir der Inhalt deines beängstigenden,
niederdrückenden Textes dar.

Lieben Gruß,
Chavali

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.12.2012, 21:24   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Dana!

Kommata bitte nach "Flammen" und "eingenommen".


Die Puristen würden schreien: Unpassendes Reimschema, Enjambements, zu lange Sätze für ein Sonett - zumindest für ein französisches...

Ich sage: Wunderbar! Rilkiesk gradezu! Wortgewalt par excellence!

Und inhaltlich: Geradezu in beklemmender Dichte das beschriebene Gefühl eingefangen! Gerade das Nichtbenennen des Anlasses, das reine Beschreiben der Reaktion macht den Text für jeden zugänglich und so eindringlich: Jeder hat vor etwas anderem, aber jeder HAT Angst...

Immer her mit mehr von der!

Sehr gerne gelesen und bewundert!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 12.12.2012, 21:57   #5
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Lieber Faldi,

fast ist mir danach, dir ein Kompliment für die Interpretation zu machen, denn genau so "undeutlich" sollte es sein. (Ach, ich spreche dir einfach ein großes Kompliment aus!)

"Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt, ..." hat viel damit zu tun. Diese Stimmungen, Betroffenheiten und Ängste finden statt, machen es an uns sichtbar und wenn wir gefragt werden, können wir es nicht eindeutig erklären.

Du hast es wunderbar am Beispiel erklärt. Eine Erscheinung, die nur dem Betroffenen sichtbar/fühlbar ist. Es ist keine Person, kein Requisit - ein "unsichtbarer" nicht benennbarer Auslöser. Dabei könnte es eine Person, ein Gegenstand gewesen sein - aber nur als Folge der Auslösung - klar?

Hab vielen Dank für deine intensive Betrachtung. Du hast das Unerklärbare, das ich verdichten wollte, sehr gut verstanden und erklärt.

Liebe Grüße
Dana


Liebe Chavali,

nein, du liegst nicht daneben. Es ist genau das, was du sagst:

Zitat:
Zitat von Chavali
Und dadurch, dass man sie nicht zu fassen bekommt und vielleicht auch keinen Einfluss nehmen kann,
ist sie so bedrohlich und das erzeugt die Angst vor dem Ungewissen, Nichtfassbaren, Vergangenem,
das wieder in die Gegenwart gespült wurde.
Kinder sind ein gutes Beispiel dafür. Sie antworten oft: "Weiß ich nicht." und wir Erwachsenen drängen in sie ein. Sie wissen es tatsächlich nicht, aber sie reagieren mit Tränen, übertriebener Ausgelassenheit, mit Albernheiten oder mit totalem Entzug. Wir "Erwachsenen" übersehen dabei zu leichtfertig, dass wir darin Kindern sehr ähnlich sind.

Ich danke dir für deine Meinung dazu.

Liebe Grüße
Dana

Lieber eKy,

Kommata gesetzt! Danke für die Hinweise, die fast immer richtig sind.

Von dir zu bekommen:

Zitat:
Zitat von Erich Kykal
Ich sage: Wunderbar! Rilkiesk gradezu! Wortgewalt par excellence!

Und inhaltlich: Geradezu in beklemmender Dichte das beschriebene Gefühl eingefangen! Gerade das Nichtbenennen des Anlasses, das reine Beschreiben der Reaktion macht den Text für jeden zugänglich und so eindringlich: Jeder hat vor etwas anderem, aber jeder HAT Angst...

Immer her mit mehr von der!

Sehr gerne gelesen und bewundert!
Da fühlt man sich - ach ich weiß nicht wie ... Fast wieder Angst!

Ich danke dir und verspreche noch mehr Ängste zu verdichten.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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