17.11.2014, 19:29 | #1 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
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Beiträge: 8.570
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Gnadenlos
Wie wünschtest du, es wäre ungeschehen,
was unbedacht in jugendlichem Schwanken getan du hast in Werken wie Gedanken. Jahrzehnte alte Tränenbilder flehen um Buße, um vergebendes Vergessen, doch wo Erinnerungen lodernd schreien, verweigert sich erlösendes Verzeihen, erscheint dir späte Gnade wie vermessen. So bist du selbst dein gnadenloser Richter, verurteilst dich zu blutendem Gewissen, und dessen Bisse hageln täglich dichter. Du lebst zutiefst verwundet und zerrissen - die Muster aller Träume werden schlichter: Der Webstuhl deiner Seele ist verschlissen.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
20.11.2014, 13:57 | #2 |
Kiwifrüchtchen
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Kia ora Eky,
wieder solch ein berührender Text, bei dem mir regelrecht der Atem stockt. Ja. Genau so ist es. Jedes Wort trifft mitten ins Herz. Mir fehlen die Worte. Aber es gibt dem auch nichts hinzuzufügen. Du hast in wunderbarer Poesie alles gesagt, was es zu diesem Thema zu sagen gibt. Überirdisch schön und irdisch schmerzhaft. HG von Lai
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.................................................. ........................................... "Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal |
20.11.2014, 15:39 | #3 |
Gast
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Hallo eKy :)
Wer ist schon frei von Schuld, da braucht man gar nicht an einen Straftäter denken.
Das sich selbst verzeihen, gehört mit zu den schwersten sozialen Fähigkeiten. Es gibt Taten, die man nicht mehr rückgängig machen kann, Worte, die verletzen und immer noch wirken. Auch denke ich dabei an die Kriegsgenerationen. Die Menschen, die jetzt in den 80igern sind. Manche haben ihr ganzes Leben über geschwiegen, und hatten "nur" sich selbst als Gewissen. Manchmal sprechen diese Menschen im Alter über ihr Leben. Obs hilfe steh noch auf einem anderen Blatt Papier. Dein Sonett macht nachdenklich und betroffen. Sehr sehr gerne gelesen. Liebe Grüße sy |
20.11.2014, 18:38 | #4 |
TENEBRAE
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Beiträge: 8.570
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Hi, Lai und Sy!
Da hat wohl jeder seine eigenen Leichem im Keller! Und der Schmerz ist subjektiv - es bedeutet nicht, dass der, welcher sich schlimmer versündigt hat, auch gleichzeitig grimmiger darunter leidet! Oft hat der eine die schlimmste Niedergeschlagenheit wegen Verfehlungen, die ein anderer nicht mal als solche bewerten würde! Bei diesem Gedicht habe ich an meine eigenen Taten gedacht, aber ich kenne auch, was Sy ansprach: Mein Vater war bei der SS - bis ans Lebensende litt er unter Albträumen, in denen er auch physisch um sich schlug - meine Mutter installierte schließlich eine Trennwand im Ehebett, um nicht nächtens immer wieder von Vaters wilden Schwingern erwischt zu werden! Ja, man lacht momentan - aber er sprach letztlich nie über seine Kriegszeit, wo er, ein Professor für Deutsch, Englisch und Französisch, als Dolmetscher tätig war, und die Naziideologie hat er trotz Bildung und Intelligenz nie ganz überwunden. Zu meinem Glück hat er mich nie indoktriniert, im Gegenteil - er riet mir ständig, bloß die Finger von der Politik zu lassen...was mir nicht schwer fiel! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
25.11.2014, 21:23 | #5 |
Slawische Seele
Registriert seit: 07.02.2009
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Beiträge: 5.637
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Lieber eKy,
das Sein ist schön und gnadenlos zugleich. Dein wieder gutes Sonett "lyrt" von Dingen, die ein jeder subjektiv verstehen kann und darf. Die Möglichkeit (evtl. Erleichterung) ergibt sich aber erst aus dem Gedicht und hier aus der Besprechung. Deine Gedichte, aufgrund der Besprechung, zeichnen sich durch eine ganz besondere Echtheit aus. Nicht ausschließlich durch persönliche Erfahrung, sondern insbesondere durch lyrisches Einfließen des "Allermenschlichsten". Ich fühle mich betroffen und getröstet zugleich. Liegt darin das "Geheimnis" der Lyrik? Sie spricht an, sie bewegt, sie gibt Antworten und sie hilft. So kommt deine Lyrik bei mir an. Lyrische Grüße an einen begnadeten (oder gnadenlosen) Dichter, Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
25.11.2014, 21:58 | #6 |
TENEBRAE
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Beiträge: 8.570
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Hi, Dana!
Ich wage keine Expertise dazu, was (meine) Lyrik ausmacht! Dazu verstehe ich selbst zu wenig, was sich beim Schreiben in mir abspielt, wie sich das alles immer fügt, als müsste es so sein ... man könnte beinahe an Magie glauben! Ich beginne mit der ersten Zeile, ganz in Gedanken beim Bild meiner Inspiration. Etwas tief in mir erfasst das Wesen des Gedankens, sozusagen seinen innersten Kern, das Wesentliche daran, das mich bewegt hat, darüber zu schreiben. Der Rest ist - eine Art Halbtrance, in der sich die bewussten Schichten meines Verstandes um Reime, Heber, Kadenzen und Sprachmelodie kümmern, während offenbar tiefere Schichten, auf die ich keinen direkten - oder zumindest zuweilen nur sehr beschränkten - Zugriff habe, gleichzeitig entscheiden, wo das Gedicht beim Werden hin will - und wie. Oft bin ich hinterher dann selbst überrascht über die Conclusio, die so schlüssig wirkt, wie ich sie mir zuvor gar nicht vorstellen konnte, und frage mich, wo ich das jetzt hergenommen habe! Aber es kam zweifelsohne aus mir und wollte aufs Papier. Ein solches Sonett wie oben zu schreiben dauert auf diese Weise bei mir in etwa 20 Minuten. Drei am Stück habe ich schon mal geschafft, aber danach beginnt die Konzentration erheblich nachzulassen, so als wäre das Unterbewusstsein satt. Ich habe gelernt, auf solche Signale zu achten und strapaziere das "Organ" nicht mehr. Wenn die Lust zur Pflicht wird, ist der lyrische Ofen ganz schnell aus - und ging einmal für mehr als ein halbes Jahr nicht mehr an, weil ich es offenbar übertrieben hatte (das war nach der Fertigstellung des Lieblingsbilderzyklus)! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
03.12.2014, 15:38 | #7 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo eKy :)
Da ist Dir ein tiefgründiges Gedicht über Vergebung gelungen.
Ich habe es schon mehrfach gelesen und es erinnert mich an Taten, die ich lieber ungeschehen lassen würde. Doch das Leben und die eigene Seele hat Gute Taten / Ideen und nicht so gute Taten / Ideen zu verantworten. Ich schreibe extra Ideen, denn für manche Menschen ist schon ein böser Gedanke etwas verwerfliches. Jeder hat wohl mehr oder weniger Päckchen zu tragen. Und es ist gnadenlos im Leben, denn man kann ja nicht aus seiner Haut. Das Einzige was helfen könnte, um Verzeihung bitten - Letztendlich gelingt es nur, wenn man selbst mit sich milder umgehen kann und das eigene Verzeihen gelingt. Manchmal stimmt auch das Altern milder. Ich kenne Situationen im Leben, wo man vielleicht etwas gesagt und getan hat, und Worte und Taten können mächtig sein, sie verletzen Andere. Jeder ist für sich selbst verantwortlich, denke ich manchmal, doch wir Menschen leben in einem sozialen System, wir brauchen einander, daher ist Verzeihen und Vergeben wichtig. Dieses Gedicht rüttelt an Themen, über die man seitenlang schreiben könnte. Sehr gerne gelesen und darüber nachgedacht. Liebe Grüße sy |
03.12.2014, 17:44 | #8 | |
ADäquat
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
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Servus Erich,
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. © auf alle meine Texte
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03.12.2014, 18:13 | #9 |
TENEBRAE
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Hi, Sy!
Danke dür deinen Kommi! Oft ist es so: Der erste Gedanke vor dem leeren Bildschirm ist gut genug als Thema für das entstehende Gedicht. Was dann draus wird, bestimme ich nur selten bewusst - meist lasse ich tiefere Regionen in mir ans Steuer und konzentriere mich dabei eher auf Zeilenlänge, Auftakte, Kadenzen, Reimschema, usw... Hi, Chavi! Da hast du recht, sowas verwende ich selten - eigentlich nur dann, wenn es für Reim oder Satzmelodie keine andere Möglichkeit gibt oder mir nichts anderes einfällt. Oder dann, wenn ich bewusst einen antiquierten Eindruck erzeugen will, was aber kaum je vorkommt - ich klinge "normal" schon antiquiert genug! Erfreue dich an dem Gedanken, mich ertappt zu haben - derlei ist ein seltenes Erlebnis! Bei anderen kritisiere ich es übrigens nur dann, wenn es schlicht miserabel klingt oder schlechte Sprache ist. Bei Inversionen gibt es ja auch Abstufungen von "einigermaßen hinnehmbar" bis "absolut unerträglich"! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
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