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Alt 15.12.2011, 08:58   #1
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asphaltwaldwesen
 
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Standard Fragen

"Sei behutsam mit dem Feldstecher, mein Schatz.
Der gehörte deinem Ururgroßvater."

...

"Ja. Der ist vermutlich schon gute hundert Jahre alt! Dein Ururgroßvater war damals noch ein sehr junger Mann, als er ihn bekam."

...

"Nein, du hast ihn nicht mehr kennengelernt als Baby. Nicht wie bei Omi, an die du dich nicht mehr erinnerst, weil du noch zu klein warst. Er wurde zwar stolze zweinundneunzig Jahre alt, aber er starb doch gute zwanzig Jahre bevor du geboren wurdest."

...

"Stimmt. So alt werden nur wenige Menschen. Warten wir's einfach ab. Vielleicht wirst du ja auch so alt, weil du welche von Ururgroßvaters Genen in dir hast. Du weißt schon - die winzigkleinen "Bausteine" für die Menschen, von denen wir neulich gesprochen haben. Die so ein wenig sind wie kleine Computerprogramme."

...

"Hm.
Der Feldstecher heißt deshalb so, weil ihn die Soldaten - so, wie dein Ururgroßvater einer war - im Felde, also im Krieg, bei sich hatten, um Feinde auszuspähen."

...

"Ja, die waren echt, die Feinde. Und auch der Krieg. Nicht wie die Computertricks im Fernsehen. Echte Menschen, echte Gewehre, echtes Blut, echte Angst."

...

"Doch. Die hatten Angst.
Große sogar, denk ich. Ich glaub, die Angst kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man nicht selbst mittendrin war, im Krieg.
Der Mut von Filmhelden ist so gut wie immer erfunden.
Aber Opili hat nicht darüber gesprochen. Und ich hab gespürt, es ist ihm lieber, wenn ich nicht frage.
Bei uns in der Familie wurde nie über traurige Dinge gesprochen."

...

"Ja. Das ist schade. Ich frage mich auch immer noch, wie er sich gefühlt haben muss. Im Krieg. So als junger Mann, weit weg von daheim und seiner Familie."

...

"Sicher sogar! Und ich frage mich oft, ob er sich auch viele Jahre danach nicht manchmal schrecklich allein gefühlt haben muss. In all dem Schweigen. Ich hab das als Kind ja noch nicht verstanden, ob er nun nicht reden wollte oder ob meine Oma und meine Großtanten, seine Töchter, das nicht wollten. Vielleicht hat er sich sehr alleingelassen gefühlt und hatte Kummer. Er war immer sehr still. Hat nur wenig geredet. Es tut mir heute noch leid, dass ich nie gefragt habe. Aber ich war noch zu klein damals."

...

"Du darfst uns doch immer fragen, wenn du Kummer hast, Schatz! Das wünsche ich mir sogar von dir! Nein - versprich mir, dass du fragst, ja? Lieber teil ich Sorgen oder Kummer mit dir, als dich damit allein zu lassen."

...

"Ich weiß es nicht. Ich weiß nur: keiner soll etwas Schlimmes allein aushalten müssen."





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Geändert von fee (15.12.2011 um 12:18 Uhr)
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