25.03.2016, 16:01 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Die Lande deckt und hüllt...
Das Land der Berge hüllen Nebelschleier,
nur hier und da erglänzt ein fernes Dach. Die Menschen schlummern tief, nur ich bin Wach, im Gram empfinde ich das Leben freier, im Gram gefangen, fühle ich mich freier. Er schwang sich auf, so schwerelos wie Reiher, begleitet nun mein Sehnen tausendfach - es treibt durch meine Tränen dieses Ach! So ruhe ich im Mondenlicht am Weiher. In Föhrenwipfeln, die der Wind sanft neigt, verwehen langsam die gezählten Stunden, aus denen unser Schicksal sich verzweigt. Wir sind verloren, seit wir uns gefunden: Es löste sich, woran wir uns gebunden und tönt nun auf, indem es sich verschweigt. . . . Die Lande deckt und hüllt ein Nebelschleier, nur hier und da zeigt sich ein rotes Dach. Die Menschen schlummern tief, nur ich bin wach und fühle mich gefangen und doch freier. Durch trübe Lüfte schwangen stumm die Reiher und gleiten durch mein Sehnen tausendfach - es trieb durch grause Tränen dieses Ach. So weile ich im Mondenlicht am Weiher. Im Föhrenwipfel, den der Wind sanft neigt, vergehen unsre abgemeßnen Stunden, so des Geschicks Sekunde sich verzweigt. Es löste sich, woran wir uns gebunden, und tönt nun auf, indem es sich verschweigt... wir sind verloren, seit wir uns gefunden!
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Das Leben ist eines der schwierigsten. Geändert von Terrapin (18.02.2024 um 00:39 Uhr) |
25.03.2016, 18:48 | #2 |
TENEBRAE
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Hi, Pinni!
Wunderschöne Sprache, großartige Lyrik! Besonders das erste Quartett und das 2. Terzett haben es mir angetan! Großes Tennis! S2Z1 - So wie Z1 formuliert ist, erwartet man eine Fortführung dahingehend, wo sich die Reiher hinschwangen, zb: "durch trübe Lüfte schwangen stumm die Reiher nach klaren Lüften sich ganz hoch hinauf" Der Satz geht aber inhaltlich ganz anders weiter, die Reiher bleiben "schwingend" in der Luft hängen - ein seltsames Bild. Zudem ist ohne entsprechende Weiterführung die Zeit falsch: Sonst Präsens, hier Mitvergangenheit. Hier würde ich statt "schwangen" ein anderes Verb wählen, zB. "gleiten". S2Z3 - beginnt betont (gewollt?). Man kann es zwar auch unbetont anlesen, aber das "stur" klingt dann unnatürlich. Auch hier eine unpassende Mitvergangenheit. Altern: "begleiten meine Tränen dieses Ach." S2Z4 - "im Mondenlicht" würde die Verkürzung "Aug" ersparen und klänge zudem runder. S2 korrigiert: Ich würde zudem Z2 und 3 umstellen, sodass der Satz runder und homogener wirkt: Durch trübe Lüfte gleiten stumm die Reiher, begleiten meine Tränen dieses Ach, und tiefes Sehnen macht die Seele schwach. So weile ich im Mondenlicht am Weiher. S3Z2 - Schwierig zu sprechende Stelle "Wind sanft neigt" - flüssiger wäre "Wind sich neigt". S3Z3 - Das "so" am Beginn der Zeile verstehe ich nicht. Sollte es "auf diese Weise" bedeuten, wäre es eine echt hässliche Inversion! Eine andere Version wäre klarer und nicht inversiv: Im Föhrenwipfel, den der Wind sanft neigt, misst dieser ohne Unterlass die Stunden, aus denen unser Schicksal sich verzweigt. Durch das "dieser" in Z2 wird der Bezug auf den Wind deutlicher. S4Z2 - "indem" zusammen! Allergernst gelesen und ehrfürchtig bearbeitet! Nochmals Chapeau! LG, eKy PS: Du hast eine "Löschen"-Funktion (X) im Textfeld für missglückte Dopplungen oder missliebige Texte, zumindest, solang noch niemand in diesem Faden kommentiert hat.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
25.03.2016, 19:12 | #3 | |
Slawische Seele
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Hallo Pinni,
ganz ehrlich? Ich habe Dein Sonett schon mehrmals gelesen und es gefällt mir sehr gut - aber ich habe auf eKy fast gewartet. Ich wusste, dass er meine Anmerkungen viel besser und schöner darlegen kann. Mir blieben die Reiher auch in der Luft hängen und über "stur" in Strophe 2 Zeile 3 bin ich auch "gestolpert". Da ich eh mehr "Gefühlsleserin" bin, würde das schöne Sonett meinem Gefühl gänzlich genügen. Es berührt im Verstehen, immer in ganz eigener Art. Dieses ist grandiös: Zitat:
Tönt auf, indem es sich verschweigt // sind verloren, seit wir uns gefunden - sehr, sehr schön lyrisch. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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30.03.2016, 11:47 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 469
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Grüß Dich Erich!
Zu vorderst ein breites Dankeschön um deine lobenden Kränze. Dieses Sonett war ein innig schnell gesponnenes Betrachten und Fühlen auf die vor mir schweigende goldene Aue. Hier am Fuße des Kyffhäusergebirges, wo ich nun seit einem halben Jahr schon hause und einen pittoresken Ausblick bei Tag und Nacht genieße. Mit der Strophe 2 bin ich auch noch nicht ganz zufrieden. Deine Ideen sind gut, doch will ich eigenes versuchen. Auch wenn es 2-3 Monate dauern wird, bis die gelungene Inspiration mein Haupt verführt. Freilich bin ich hier auch in Bezug zu S2V1 den Inhalt formulierender zu gestalten durch den kargen -ach Reim recht eng gelost. Den Rest habe ich schon gebügelt. So ist das eben bei frisch geschlüpften Versen, da fehlt bei mir oft der Samtschliff. Liebe Dana, Die Beurteilung sehr gut war in meiner Schulzeit eine außerplanetarische Fremdsprache, somit lass dir erahnen, wie viel sie mir bedeutet. Ja auf Erichs kompetente Notizen kann man warten und in den meisten Fällen dankbar sein. Er ist halt ein Blutpoet der ersten Stunde, wie nur wenige, die ich kenne und ehre. Auch wenn er sich oftmals in zu lange Satzgehege verheddert. Und wir alle können so einiges von ihm lernen. Ich hoffe er liest das nicht. Das mit den Reihern will ich bei Stimulanzien der Musen gerne begradigen. Doch kann da etwas Zeit ins Land ziehen. Über die letzte Strophe bin ich auch sehr glücklich. Liebe und herzliche Grüße Euch beiden, Terry.
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Das Leben ist eines der schwierigsten. |
01.04.2016, 12:24 | #5 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo Terrapin,
Ein Genuß, wie du die unglückliche Liebe beschreibst. Die Umgebung , das Mondlicht und die Angebetete. Man kann sich gut in die Personen hineinversetzen, es wirkt auch verstörend, weil es nicht mit einem Happy End endet. Aber das macht den Genuß dieses Gedichtes aus. Was ist schon Liebe?! Sehr gerne schon mehrfach gelesen sy |
02.04.2016, 12:42 | #6 |
/ Bil-ly /
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
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Lieber Terrapin,
Ich mag solche traurigen Gedichte sehr gerne - vor allem auch dieses Sinnieren unter Einbeziehung der Natur ist danz meins. Bei der Umsetzung geht noch was! Nachdem du ja schon gesagt hast, dass du es nochmals überarbeiten willst, erlaube ich mir auch noch ein paar Anmerkungen hier zu lassen; die bitte nur meine ganz persönliche Sicht bzw. auch meine Vorlieben sind - die ich dir also nicht aufdrängen will - nur so zum überlegen gedacht. Mir ist es teilweise ein bisschen zu umständlich und gekünstelt formuliert und hie und da zu wenig stringent und etwas verwirrend in der zeitlichen Abfolge. Die Lande deckt und hüllt ein Nebelschleier, - "Lande"? das "deckt" ist sonderbar, lenkt mich ab, weil ich sofort an ... denken muss nur hier und da zeigt sich ein rotes Dach. - es ist ganz offensichtlich eine nächtliche Szene, da sieht man keine Farben, auch nicht, wenn sie mondhell ist, wie hier Die Menschen schlummern tief, nur ich bin wach und fühle mich gefangen und doch freier. - ein unlogischer Widerspruch, wie, warum freier?, fragt man sich auch und darauf liefern die folgenden Verse aber keine Antwort. Durch trübe Lüfte schwangen stumm die Reiher - die Reiher schlafen in der Nacht und kommen überhaupt ein bisschen überraschend. und gleiten durch mein Sehnen tausendfach - ist besser als der ursprüngliche Vers, aber die Zeitsprünge sind in diesem Gedicht für mich schwer nachvollziehbar - ich würde alles mehr verknüpfen - siehe unten meinen Vorschlag, es trieb durch grause Tränen dieses Ach. "grause" ist sonderbar und ein "zuviel" des Guten! aber sonst meine Lieblingsvers! So weile ich im Mondenlicht am Weiher. Im Föhrenwipfel, den der Wind sanft neigt, vergehen unsre abgemeßnen Stunden, so des Geschicks Sekunde sich verzweigt. - dieses verworrene Terzett sollte wirklich in die Werkstatt, Eky hat ja auch schon einen guten Vorschlag gebracht. Es löste sich, woran wir uns gebunden, und tönt nun auf, indem es sich verschweigt... wir sind verloren, seit wir uns gefunden! - sehr schön dieses Terzett, ich würde es allerdings umstellen und das Ende eher "ausklingen" lassen mit dem zweiten Vers ... das führt zurück zu dem Wachtraum, den man einmal gelebt hat, oder meinte leben zu können! Sehr gerne gelesen und darüber nachgedacht! Lieben Gruß charis Das Land verhüllen graue Nebelschleier - nur hier und da zeigt sich ein schwarzes (kahles) Dach. - Die Menschen schlummern tief, nur ich bin wach, im Traum gefangen, fühlte ich mich freier. Er schwang sich auf, so schwerelos, wie Reiher begleitet nun mein Sehnen tausendfach - es treibt durch meine Tränen dieses Ach! So weile ich im Mondenlicht am Weiher. In Föhrenwipfeln, die der Wind sanft neigt, verwehen langsam die gezählten Stunden, aus denen unsere Schicksal sich verzweigt. Wir sind verloren, seit wir uns gefunden: Es löste sich, woran wir uns gebunden, und tönt nun auf, indem es sich verschweigt ... |
02.04.2016, 13:29 | #7 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi Pinni!
Charis' Ideen finde ich hervorragend, ihre Korrekturen ausgesprochen überlegt und beachtenswert! Allerdings muss ich in ihrem Lösungsvorschlag ein paar Kleinigkeiten korrigieren: Das Land verhüllen graue Nebelschleier, nur hier und da erglänzt ein fernes Dach. Die Menschen schlummern tief, nur ich bin wach, im Traum gefangen, fühlte ich mich freier. Er schwang sich auf, so schwerelos wie Reiher, begleitet nun mein Sehnen tausendfach - es treibt durch meine Tränen dieses Ach! So weile ich im Mondenlicht am Weiher. In Föhrenwipfeln, die der Wind sanft neigt, verwehen langsam die gezählten Stunden, aus denen unser Schicksal sich verzweigt. Wir sind verloren, seit wir uns gefunden: Es löste sich, woran wir uns gebunden und tönt nun auf, indem es sich verschweigt. So wäre es denn makellos! Sehr gern erneut dran gebastelt! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
05.04.2016, 13:38 | #8 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 469
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Charis Idee ist eine Wolke.
So änderte ich es auch... Grause ist nicht sonderbar! Vielmehr klingende Assonanz mit tausendfach. Solche Spielereien und Melodien lade ich gerne zum Vers ein. Dies ist eine Verspieltheit meiner Seits. Klang und Ton heißen mir viel. So nun genug nach vierfacher Antwort, Dank des Applesystems. Kotz! Liebe Grüße.
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Das Leben ist eines der schwierigsten. |
13.04.2016, 12:32 | #9 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 30.08.2010
Beiträge: 181
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Hallo Terrapin,
das ist wunderschöne Lyrik! Mit Hilfe kompetenter Forumsmitglieder hat dein Werk eine sehr stimmige Form angenommen. Es ist sehr selten, aber dein Text hat mich wirklich tief berührt - beinahe zu Tränen. Wir sind verloren, seit wir uns gefunden Was kann man hier noch hinzufügen? Außer vielleicht: danke für den Lesegenuss. Beste Grüße vEdenA
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Mein Buch "Leitersprossen" ISBN-10: 3853060501 ISBN-13: 978-3853060506 - oder per PN ! |
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