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Alt 19.01.2016, 18:34   #1
Agneta
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Ich stimme dir zu, Erich. Du hast es etwas differnezierter ausgedrückt. vielleicht hätte ich schreiben sollen:heute wird Religion gemacht...
Was aber denkst du, wo liegen die Wurzeln der Religion?
Im naiven Glauben, alle Menschen würden sich verstehen in einer Gemeinschaft, die, wenn sie nur rituell genug lebt, Gott am nächsten kommt, von Hunger und Krieg verschont bleibt? Das könnte der Ursprung sein.

Islam, Christentum und Judentum entspringen derselben Wurzel, nämlich beziehen sich alle auf die erste Thora. Welche Gründe kann es gegeben haben, dass sich diese drei so voneinander entfernt haben, ja, sich sogar als Feinde sehen( zumindestens Islam und Judentum).
Eigentlich doch nur, weil irgendein Machtmensch sich erleuchtet fühlte und eine "bessere Religion" zu bieten zu haben meinte als die ursprüngliche. Wäre das nicht logisch?

Zudem haben sich alle Religionen stark nach ihrer Landeslage gerichtet in ihren Regeln. Das Schweinefleischverbot von Mohamed hatte ganz simple Gründe: es grassierte die Schweinepest und das Volk sollte geschützt werden.
Die Vielweiberei entstand aus Kriegen und der Not, Frauen versorgen zu müssen. Darum durfte ein Mann mehrere nehmen. Es gab zu viele Frauen und da sie nicht arbeiten durften...

Nun mal zum Christentum:

Die Katholiken schufen das Ablassgesetz. Nicht, weil damit auch nur eine Sünde getilgt wäre, sondern weil sie damit satt Geld verdienten.
Mit der Hierarchie eines Papstes bauten sie ein "direktes Gericht" zum himmlischen auf. Angstmache, nicht mehr. Ein Mensch schwingt sich zu Gottes Vetreter auf- wer glaubt denn an sowas?
Protestierende, aus denen später Protestanten wurden, verbrannte und verfolgte man als Ketzer und Hexen. das war nichts anderes als Mord.
Ich sehe darin nur pure Macht.

LG von Agneta
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Alt 19.01.2016, 19:50   #2
Erich Kykal
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Hi, Agneta!

Religion entstand aus Hilflosigkeit und Angst gegenüber einer gefährlichen und unerklärbaren Welt, die man so beherrschbar, bewältigbar machen wollte.

Wenn man Angst vorm Tiger hat, was liegt näher als eine Tigerfigur zu schnitzen, ihr Macht anzudichten und sie zu verehren und ihr zu opfern, um den "Geist" des Raubtiers milde zu stimmen, damit einem der reale Tiger nicht mehr solche Angst macht?
Oder wie anders sollte sich der Mensch damals Blitz und Donner, Sturm, Erdbeben, Flut usw. erklären als ein "Zürnen der Geister oder der Ahnen" für irgendwelches Fehlverhalten des Stammes oder einzelner (was öfter vorkam, da so schneller ein allgemein anerkannter Schuldiger gefunden ist!)?!

Daraus wurden im Lauf der Zeit ganze Legenden um die "Geister", Genealogien wirkmächtiger Wesenheiten, in denen sich einige mit den Jahrhunderten als "mächtiger" erwiesen als andere, durch Mythos, Geschichten, historische Zufälle usw. (der Mensch ist gut darin, sich was zurechtzubiegen oder einzureden!). Diese wurden dann zu Primärgottheiten.
Der philosophische nächste Schritt ist klar: Aus vielen Göttern, die alle für etwas Bestimmes zuständig waren, wurde EIN Gott, der dann für ALLES zuständig war, ein freud'scher Übervater.
Erst ein Tyrann, ein Despot - alle waren von seinem Urteil, seiner Gnade abhängig (siehe Altes Testament), später der "gute" Gott voller Gnade - aber eben auch nur, wenn man "glaubte" und "diente". Für den Rest war die Hölle da!

Man baute auch gern Gesundheitstipps (siehe Schweinefleischverbot der Muslime) und kulturelle Ethik in den jeweiligen Wertekanon ein, so wurden allgemeingültige Regeln des Zusammenlebens, an die sich jede Gesellschaft großräumig halten sollte, wenn sie erfolgreich sein will, zu göttlichen Geboten - so als könnte es plötzlich ohne Gott keine Moral und kein Gewissen mehr geben und alle würden wie tollwütig übereinander herfallen!

Die Frauenfeindlichkeit des Islam und die Körper- und Lustfeindlichkeit des Christentums fallen auch in diese Rubrik, und leider haben wir das bis zum heutigen Tage nicht überwunden! Blut- und Reinheitsgesetze überkommener Clangesellschaften aus der Bronzezeit bis zum Mittelalter wirken so immer noch in unserem "Volksempfinden" und Denken fort, oft sogar unbewusst, weil Traditionen zu Geboten werden, deren Nichteinhaltung zum Ausschluß aus der Gemeinschaft führt, bei uns gesellschaftliche Ächtung, in manchen Gegenden durchaus körperlich, indem man die Missliebigen einfach medienwirksam hinrichtet, damit alle ganz genau wissen, was ihnen blüht, wenn sie "sündigen"!

Ach, ich könnte noch stundenlang Vorlesung halten!

LG, eKy

PS: Und nur damit der ferne Osten nicht ungeschoren davonkommt: Was denkst du ist die Strafe dafür, den Dalai Lama zu kritisieren (Ein Gottkönig, dessen Wort Gesetz ist)?

Gefängnis? Folter? Wiedergeburt als Wurm? VIEL schlimmer: Wiedergeburt als FRAU! Soviel zum Frauenbild in Tibet ...

(Empfehlenswert: Gunkl (ein österr. Kabarettist), besonders sein letztes Programm "So Sachen". Viele meiner Bonmots über das menschliche Kasperletheater habe ich von ihm abgekupfert!)
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (14.11.2017 um 20:10 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.02.2016, 19:28   #3
Dana
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Lieber eKy,

das habe ich noch gar nicht gelesen - aber ich hatte auch eine Zeit fast ohne Forum.

Allerdings ist hier schon fast alles gesagt worden.

Reife Satire und eine Diskussion, die anhört und darlegt.

Unsere Religion hat nicht von ungefähr einen Hirten erdacht, der eine Schafsherde hütet. Meistens braucht der Hirte noch einen Hund, damit kein Schäfchen eigene Wege geht. (Wobei eigene Wege zu gehen, schmerzvoll sein kann, wenn man von Geburt an zur Herde gehörte.)
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass viel mehr Menschen inzwischen kritisch nachdenken. Aus Erfahrung weiß ich, dass man solche Diskussionen lieber umgeht, um sich nicht mit Familie und Freunden zu erzürnen.

Nochmals,
gern gelesen und viele Gedanken gemacht. Ich muss aber nicht alle niederschreiben.

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 22.02.2016, 19:40   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Beiträge: 8.570
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Hi, Dana!

Dennoch vielen Dank für dein freundliches Feedback!

LG, eKy
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