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Alt 12.12.2017, 10:48   #1
Terrapin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 27.08.2014
Beiträge: 470
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Wie rafft ich mich auf in der Nacht, in der Nacht,
Und fühlte mich fürder gezogen,
Die Gassen verließ ich, vom Wächter bewacht,
Durchwandelte sacht
In der Nacht, in der Nacht,
Das Tor mit dem gotischen Bogen.

Der Mühlbach rauschte durch felsigen Schacht,
Ich lehnte mich über die Brücke,
Tief unter mir nahm ich der Wogen in Acht,
Die wallten so sacht
In der Nacht, in der Nacht,
Doch wallte nicht Eine zurücke.

Es drehte sich oben, unzählig entfacht,
Melodischer Wandel der Sterne,
Mit ihnen der Mond in beruhigter Pracht,
Sie funkelten sacht
In der Nacht, in der Nacht,
Durch täuschend entlegene Ferne.

Ich blickte hinauf in der Nacht, in der Nacht,
Ich blickte hinunter aufs neue:
O wehe, wie hast du die Tage verbracht!
Nun stille du sacht
In der Nacht, in der Nacht,
Im pochenden Herzen die Reue!

August Graf von Platen


Tolles Gedicht.
__________________
Das Leben ist eines der schwierigsten.
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Alt 20.02.2018, 12:33   #2
Laie
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Registriert seit: 17.11.2015
Ort: Oberpfalz
Beiträge: 539
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Drei meiner Lieblingsgedichte:

Ernst Goll (1887-1912)


Heimweg

Die Sonne schied – ein letztes Leuchten blieb
noch hängen in den herbstgoldroten Zweigen.
Ein dunkler Knabe führt sein blondes Lieb
den Waldpfad heim. Die dunklen Lippen schweigen.

Doch wo der Weg in Vorstadtgärten mündet,
reicht er dem Mädchen seine kühle Hand
und fühlt erschreckend, wie die Liebe schwindet,
die ihre Seelen aneinanderband.


Unter eines Tages Summe

Unter eines Tages Summe
ist der schwarze Strich gemacht,
und wir reichen uns die stumme
Hand zum Abschied: "Gute Nacht!"

Schien die Sonne uns vergebens?
Oh, wir sagen lächelnd: "Nein!"
Und ins goldne Buch des Lebens
schreiben wir: Beisammensein.


Abschied

Meine armen Wege gehen
wieder ferne von den deinen,
vor dem dunklen Fenster stehen
wir, und unsre Seelen weinen.

Jahr und Tag und Stunden schwinden,
meine Gärten stehn verlassen –
weiß nur, dass ich Liebe finden
wollte auf den dunklen Straßen.
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Alt 20.02.2018, 23:08   #3
Felix
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Registriert seit: 20.11.2016
Ort: Hilden, NRW
Beiträge: 531
Standard Lieblingsgedichte

An die Parzen (Hölderlin)

Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen!

Und einen Herbst zu reifem Gesange mir,

Daß williger mein Herz, vom süßen

Spiele gesättiget, dann mir sterbe.



Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht

Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht;

Doch ist mir einst das Heilge, das am

Herzen mir liegt, das Gedicht, gelungen,



Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt!

Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel

Mich nicht hinab geleitet; Einmal

Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht.
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Alt 28.02.2018, 21:05   #4
Chavali
ADäquat
 
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.012
Standard Mondnacht

Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

...so einfach die Sprache, so wunderbar gefühlvoll...


Joseph (Karl Benedikt) Freiherr von Eichendorff

geboren
am 10.3.1788 auf Schloß Lubowitz bei Ratibor/Oberschlesien
gestorben
am 26.11.1857 Neisse/Schlesien


__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 02.03.2018, 20:33   #5
Felix
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Registriert seit: 20.11.2016
Ort: Hilden, NRW
Beiträge: 531
Standard Selige Sehnsucht

Goethe Johann Wolfgang von

Westöstlicher Divan
Moganni Nameh - Buch des Sängers

Selige Sehnsucht

Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebend'ge will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.

In der Liebesnächte Kühlung,
Die dich zeugte, wo du zeugtest,
Überfällt dich fremde Fühlung,
Wenn die stille Kerze leuchtet.

Nicht mehr bleibest du umfangen
In der Finsternis Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.

Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig,
Bist du, Schmetterling, verbrannt.

Und solang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.

Tut ein Schilf sich doch hervor,
Welten zu versüßen!
Möge meinem Schreibe-Rohr
Liebliches entfließen!
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Alt 04.03.2018, 16:40   #6
Felix
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Registriert seit: 20.11.2016
Ort: Hilden, NRW
Beiträge: 531
Standard Schillers Nänie

Nänie

Auch das Schöne muß sterben! Das Menschen und Götter bezwinget,
Nicht die eherne Brust rührt es des stygischen Zeus.
Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,
Und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.
Nicht stillt Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,
Die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.
Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,
Wann er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.
Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,
Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.
Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.
Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten ist herrlich;
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.
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