05.11.2020, 22:14 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Flash back
Flash back
Gauleiter W. Heil stellte am 2.11.1943 fest, dass die Ordnungskräfte bei der Durchführung von Maßnahmen der Volksgesundheit auf Informationen aus der Bevölkerung angewiesen sind. Es sei zunehmend "vorgekommen, dass Nachbarn gesagt haben: 'Da sind so bestimmte Leute, könnt ihr da mal vorbeischauen?' Da kommt schnell der Gedanke auf, ob ich eine Petze oder gar ein Denunziant bin. Aber es geht um viel, um die Volksgesundheit der arischen Rasse, da können die Ordnungskräfte solche Mithilfe durchaus gut gebrauchen, um die verbleibenden Judenverstecke ausfindig zu machen." P.S.: Erklärung für gewisse Politiker: Wenn man die Polizei ruft, weil unten auf der Straße jemand überfallen wird, ist das richtig, denn der Überfallen hat sich nicht freiwillig in diese Lage begeben. Wenn in der Nachbarwohnung sich Familien treffen, obwohl das nicht sein sollte, geschieht das freiwillig und der Anruf bei den "Ordnungskräften" ist Denunziation.
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller Geändert von Thomas (05.11.2020 um 22:23 Uhr) |
21.11.2020, 19:36 | #2 |
Neuer Eiland-Dichter
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Hallo Thomas,
mir fällt auf, dass der Nazi-Vorwurf inflationär gebraucht wird. Heute muss man, im Lokal, nur ein Zigeunerschnitzel bestellen und erwähnen, dass man als Nachtisch einen Mohrenkopf will und schon ist man ein Nazi. Auch Vergleiche mit dem dritten Reich hinken. Ich finde, wer die Politik der Bundesregierung mit dem dritten Reich vergleicht, verharmlost Völkermord. Und wenn jemand Ordnungskräfte ruft, weil in der Nachbarwohnung gefeiert wird ohne Abstand und Mundschutz, dann ist der Anrufer weder ein Denunziant noch ein Blockwart. Solche Texte, auch wenn sie als Satire gemeint sind, befeuern nur die Hysterie im Lande. Es täte uns allen gut, sachlich und nüchtern zu bleiben. Einen schönen Abend Rocco |
22.11.2020, 19:52 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Rocco,
ich halte meinen Text nicht für besonders toll, aber er verdient es schon, dass man sein Anliegen ernst nimmt. Wenn dich jemand wegen Zigeunerschnitzel oder Mohrenkopf Nazi nennt, ist das in der Tat bekoppt. "Nazi" wird zu oft als Totschlagargument benutzt. Andererseits ist auch deine Behauptung, dass "Vergleiche mit dem dritten Reich hinken" und " Völkermord verharmlosen", weil ein derartiges Argumen eine in wirkliche Diskussion und Nachdenken unterdrücken. Natürlich ist jeder Vergleich ein VERgleich und das Original etwas hostorisch einmaliges. Ich denke, jeder, der ernsthaft zu verstehen versucht hat, wie es zur Nazidiktatur kommen konnte und wie sie funktioniert hat, dem stehen bei gewissen Äußerungen von Politikern die Haare zu Berge. Denunziantentum ist eine Geisteshaltung, bei der es gar nicht darauf ankommt was Wahrheit ist, und insbesondere nicht darum, ob die anzuzeigenden Vorschriften sinnvoll, logisch, richtig oder falsch sind. Und gerade das ist das verheerende, was Politiker wie Söder und Weil mit ihren Aufrufen bewirken, die so verstanden werden, obwohl sie so geschickt formuliert sind, dass sie juristisch nicht angreifbar sind. Ich bin sehr schockiert darüber, dass es in den letzten Monaten die Todesangst möglich machte, unsere mühsam erworben demokratischen Strukturen über den Haufen zu werfen und nur noch die Exekutive durch Verordnungen bestimmt, die nicht einmal begründete werden müssen, denn wer Bedenken anmeldet wird einfach ausgeschaltet. Dass wir deswegen nicht 80 Jahre zurückgesprungen sind ist klar, das ist die Satire des Textes, aber einen Anstoß zum Nachdenken über diese Frage sollte nicht mit Totschlagargumenten über a la "Verharmlosung von Völkermord" unmöglich gemacht werden. Liebe Grüße Thomas P.S.: Die ernsthafte Beschäftigung damit, wer hier im Lande Hysterie befeuert, wird sicherlich nicht meinen Text als ursächlich finden.
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12.12.2020, 14:19 | #4 |
Lyrische Emotion
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Moin Thomas,
ich stimme mit dir überein, was das Denunziantentum angeht. Sicherlich müssen wir uns vorsehen, die Bedrohung durch das Virus ist allgegenwärtig, doch wenn ich mir die Maßnahmen zum Teil anschaue, dann stelle ich mir auch manchmal die Frage, ob das alles wirklich so sinnvoll ist. Ich habe allerdings auch den Vorteil, dass ich beruflich mit vielen Menschen Kontakt habe und kann somit nicht über Isolierung oder Einsamkeit klagen, auch ist meine Kommunikation sehr vielfältig, so dass ich mich im privaten Berein sehr zurückhalten kann. Aber ich kann auch verstehen, wenn es anderen Menschen diesbezüglich schlechter geht. Dass diese versuchen, das auszugleichen, ist ebenfalls verständlich. Es käme mir nie in den Sinn, diese anzuschwärzen, das wäre das Allerletzte. Allerdings mitmachen würde ich auch nicht, muss ich ja auch nicht. Ich habe letztens noch eine an mich gerichtete Einladung abgesagt, weil dort 10 Leute aus 5 verschiedenen Haushalten zusammenkommen sollten. Aber ich hätte diese Gesellschaft niemals denunziert, auch wenn ich mit den Gastgebern lange Diskussionen hatte. Und deinen Vergleich kann ich auch verstehen, denn alles hat irgendwann einmal so angefangen. Das weiß jeder, der den alten "Tucho" gelesen hat. Satirisch finde ich deinen Text allerdings nicht, sondern eher gesellschaftskritisch. Von daher kann ich dein Anliegen also gut nachvollziehen. In diesem Sinne gern gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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12.12.2020, 22:00 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Falderwald,
vielen Dank für deinen Kommentar und deine Sichtweise. Ob es eine Satire ist, weiß ich selbst nicht. Der Text ist vor allem Ausdruck der verzweifelten Erkenntnis, dass die politische Kaste in unserem Land, von der ich eh wenig gehalten habe, sich in den letzten Monaten als völlig unbrauchbar und sogar als gefährlich dumm erwiesen hat. Ich stelle blinden Aktionismus fest und eine völlige Unfähigkeit, die Wirkungen der eigenen Handlungen abzuschätzen. Mich erinnert es an die Instabilität der Weimarer Republik, mit der ich mich als junger Mensch beschäftig habe, weil ich verstehen wollte, wieso Adolf Hitler zur Macht kommen konnte. Hoffentlich liege ich falsch. Liebe Grüße Thomas
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12.12.2020, 22:09 | #6 |
Lyrische Emotion
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Guten Abend Thomas,
ich hoffe auch, dass du falsch liegst. Vielleicht kannst du dich daran erinnern, dass ich vor einigen Jahren schon von dem "großen Knall", der uns bevorstünde, gesprochen habe. Die Zeit spielt diesem momentan stark in die Hände und wie es scheint, kann das nicht gut enden. Ich bin mir nur noch nicht sicher, wie die Alternativen aussehen könnten, was man konkret anders machen könnte. Mir scheint das momentan mehr hilflos zu sein und vergleichbare Zustände wie in der Weimarer Republik gibt es auch noch nicht. Diese Zeit war nie so gut, wie es die heutige ist. Wir werden wohl abwarten müssen... Liebe Grüße Falderwald
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13.12.2020, 07:40 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Falderwald,
die angespannte Situation vor einem Knall ist genau was ich mit der Instabilität meine. Der historische Flash back ist nur ein Mittel es auszudrücken. Es wird natürlich kein Replay, sondern eher in Richtung dessen gehen, was Orwell in die vergangene Zukunft projizierte, wenn es schief geht. Meiner Meinung nach schief, die Mehrheit wird es wahrscheinlich gut finden. Es geht uns in der Tat gut, was wahrscheinlich daran liegt, dass wir längere Zeit keinen Weltkrieg mehr hatten. Liebe Grüße Thomas P.S.: In "Miss Amerika" hatte ich versucht das ganz noch mit einem versöhnlichen Ausgang zu versehen, durch Trump (und seine Anhängerschaft, ohne die er nicht wäre) wurde mir diese Hoffnung ziemlich genommen.
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29.09.2023, 22:23 | #8 |
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Hi Thomas,
ich hole das hier mal an die Oberfläche. Vielleicht mag mancher Leser sich wundern, oder auch nicht, wie aktuell der Inhalt ist. Vor 3 Jahren geschrieben, hat sich die beschriebene Situation nur noch mehr potenziert. Ich hoffe, dass irgendwann in nicht all zu langer Zukunft aufgeräumt wird, wie das auch immer vor sich gehen mag.... Mit Sorge gelesen hat ww
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