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Alt 05.08.2014, 09:59   #1
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Kia ora Lailany,

richtig nachvollziehen kann diesen Text nur ein/e Kollege/Kollegin, denn manche Dinge sind so unglaublich, dass viele, die so etwas nicht selbst erlebt haben, sich das auch gar nicht vorstellen können.

Das Besondere daran ist ja, dass du nie weißt, wer dir da ins Taxi steigt und wohin die Fahrt geht, denn dein Fahrgast ist ja derjenige, der dir sein Ziel nennt und dich somit dahin steuert, wo er hin will.
Das ist das Geschäft.

Viele von den Fahrgästen aber sehen im Chauffeur mehr, als nur den reinen Dienstleister, der ihn von einem Ort zum anderen befördert.

Oft wirst du zum Beichtvater, zum Seelentröster, zum Objekt der Begierde, zum Ziel von verbalen oder körperlichen Attacken etc. und manche behandeln dich einfach nur wie ein Stück Sch..., weil sie meinen, sie könnten alles mit dir machen, da sie dich ja engagiert haben und dafür bezahlen.

Auf der anderen Seite aber kannst du auch zum edlen Ritter werden, der vor allem älteren, kranken und/oder hilfsbedürftigen Personen zur Seite steht und dabei behilflich ist, von einem Ort zum anderen zu gelangen.

Die Schilderungen deiner Erlebnisse kann ich sehr gut nachvollziehen. Auch im Bergischen Land, was zwar nicht vergleichbar ist mit österreichischen Verhältnissen, tragen die topografischen Gegebenheiten dazu bei, dass du oft vom Funkverkehr und somit von der Zentrale abgeschnitten bist (du weißt ja, wie Funkwellen arbeiten).
Dann bist du ziemlich einsam und auf dich gestellt.

Da braucht es manchmal Empathievermögen und eine Menge Psychologie, um mit heiler Haut davon zu kommen.

Manchmal hängen aber auch die eigenen Nerven an ganz dünnen Fäden und sind zum Zerreißen gespannt, denn man ist ja nicht jeden Tag gleich gut drauf.
Wenn's drauf ankommt, musst du aber topfit sein, sonst droht ein Desaster, was ich auch schon erfahren musste, niemand ist eben unfehlbar.

Als selbständiger Unternehmer war ich zwar der örtlichen Taxizentrale angeschlossen, doch meine Schichten musste ich mir selbst einteilen. Da die Geschäfte rückläufig waren, war ich gezwungen, die meisten Nachtschichten selbst zu übernehmen, weil sich das sonst nicht mehr gerechnet hätte.

Da musst du auch Einbußen im Privatleben hinnehmen und oftmals habe ich mich gefragt, ob sich das alles lohnt, denn manchmal habe ich mich als Sklave des eigenen Taxis gefühlt.

Es gab weder Geburtstage, noch Feiertage und Urlaub war selten genug und zudem immer mit der Sorge im Nacken, was macht dein Taxi ohne dich.

Die Menschen aber habe ich dabei kennengelernt und bin auch oft genug an meine eigenen Grenzen gestoßen, denn das ist ein hartes Geschäft gewesen.
Es war fast wie ein Straßenkampf und es hat abgehärtet.
Meine Familie ist daran zerbrochen und ich selbst habe mich in vielen Situationen nicht mehr wiedererkannt, es hat mich verändert - positiv wie negativ.

Die Erfahrungen aber möchte ich nicht mehr missen, auch wenn ich heute froh darüber bin, diesen Beruf nicht mehr ausüben zu müssen.

Aber wer weiß, was eines Tages vielleicht noch kommen wird und ich werde ganz bestimmt nicht sagen, nie mehr wieder.


Es war schön, sich mit jemand Gleichgesinntem mal wieder auszutauschen und ich bedanke mich ganz herzlich für deine ausführlichen Gedanken zum Thema und dem damit verbundenen Kommentar.

Auf jeden Fall bleibt so eine Zeit ein unauslöschbares Kapitel im Leben und dem zudem ein sehr wertvolles, denn ich habe viel dadurch lernen können.
Auch über mich und meine negativen Seiten, weil man manchmal Grenzen überschreiten muss, die man vorher nicht für möglich gehalten hätte.
Aber die besonderen Umstände erfordern manchmal auch besondere Maßnahmen, denn du stehst ständig unter Zugzwang und musst auf alle Bedrohungen reagieren. Sei es von Seiten der Fahrgäste oder gar der eigenen Kollegen.
So bekam auch für mich das Sprichwort "ich habe schon Pferde vor der Apotheke kotzen gesehen" eine völlig neue Bedeutung.


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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