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Liebesträume Liebe und Romantik

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Alt 06.01.2013, 06:53   #1
Thomas
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Hallo fee,

etwas habe ich noch vergessen. Mir ist nämlich beim Lesen (eigentlich erst nach dem Lesen) aufgefallen, dass mich die Abwesenheit von Großschreibung und Interpunktion ausnahmsweise nicht gestört hat. Das liegt wohl an der guten Komposition (d.h. inneren Klarheit) des Gedichts. Normalerweise kommt bei solcher Schreibweise recht schnell ein Punkt, an dem ich mich gestört fühle und keine Lust mehr zum Weiterlesen verspüre. Ist das nicht es paradox? Ausgerechnet jemand, der wie ich seit seiner Kindheit mit Rechtschreibung und Zeichensetzung auf Kriegsfuß steht!

Eigentlich könntest du doch konsequenterweise sogar das Fragezeichen am Schluss auch noch weglassen.

Es wäre für mich sehr interessant zu wissen, was dich zu dieser Schreibweise bewegt und welches deiner Meinung nach die Vorteile sind. Ich habe bisher zu dieser Frage, außer Hinweisen auf angeblich gewollte Ambivalenzen (die für mich auch bei normaler Schreibweise bestanden) noch nichts gelesen oder gehört. Vielleicht hast du ja Lust etwas dazu su sagen?

Liebe Grüße
Thomas
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© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller

Geändert von Thomas (06.01.2013 um 07:17 Uhr)
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Alt 06.01.2013, 09:45   #2
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asphaltwaldwesen
 
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Gern sag ich etwas dazu, Thomas!


Ich komme ja eigentlich von der bildnerisch gestalterischen Seite her - da wird auch Schrift- und Plakatgestaltung, Lay-Out und optische Wahrnehmungspsychologie gelehrt im Studium. Und dann hat man da zwar natürlich auch gelernt, dass die Groß- und Kleinschreibung der schnelleren, semantischen Erfassbarkeit dient (wie auch optimale Zeilenanzahl, Schriftgröße, Zeilenabstände etc. für z.Bsp. bestmögliche Gestaltung von Werbetexten oder Merkblättern)...aber man hat eben abgesehen davon auch einen rein optisch künstlerischen Zugang zu allem, was in der Welt und Umwelt "sichtbar" ist - und da gibt es grade in dem Bereich gar nicht wenige, die - wie ich - die Optik einer durchgängigen Kleinschreibung und fehlenden Interpunktion sehr zu schätzen gelernt haben. Einfach, weil es schön aussieht.

Für mich ist Lyrik bzw. ein lyrisches Textgebilde eben mehr als nur der Inhalt, der in Sprache transportiert wird. Ein Gedicht ist für mich immer auch Bildnis. Und wenn ich vers libre schreibe oder - wie hier - sehr kurze aber durchkonstruierte, gereimte Lyrik, dann ist da auch eine "Fläche", die der Text einnimmt, die sehr überschaubar ist. Sozusagen Linien auf Papier, mit kleineren Strukturen, die wieder "Linien" (Zeilen) bilden. Wäre man Perfektionist und gäbe es per PC die Möglichkeit, würde ich viele Texte in Blockform haben wollen - doch Lyrik sollte sich dann doch an Umbrüchen orientieren, die dem Versmaß und den Silben geschuldet sind...sonst wird es - das sehe auch ich - zu unerschließbar. Aber wenn ich ehrlich bin, stören mich die rechts unterschiedlich auslaufenden Zeilen linksbündiger Setzungen oft - gerade bei kurzen und bei vers libre Stücken.

Du hast völlig Recht: das Fragezeichen wäre konsequenterweise verzichtbar. Eigentlich ist alles an Interpunktion bei durchgängig kleingeschriebenen lyrischen Texten ein schlechter Kompromiss... ich glaube auch, würde ich einen Gedichtband herausgeben, wäre ich radikaler als wenn ich meine Texte in Foren veröffentliche. Die Diskussionen jedoch bzw. die generelle Ablehnung und dazugehörige Argumentation, die man oft unter derart radikal gesetzter Lyrik lesen kann, sind einfach ermüdend und in 90 Prozent der Fälle auch nicht als Diskussionsansatz gemeint - sondern als geäußerte Empörung - verursacht durch welche Ängste auch immer von Leserseite. Die Bequemlichkeit eines grammatisch korrekt gesetzten Textes kann m.E. nicht der eigentliche Grund sein - ist doch oft die Metrik oder eine gewählte Gedichtform viel anstrengender zu lesen als ein durchgängig kleingeschriebener Text. Aber da wird nicht gemeckert - das gehört ja schließlich so - festgeschrieben durch die Lyriker der letzten Jahrhunderte

So. Ist etwas ausführlich geworden. Ist aber auch ein schwieriges Thema, das sich eben nicht mit der flotten Argumentation einer Mehrfachauslegbarkeit allein abhaken lässt. Obwohl ich auch schätze, dass durchgängig Kleingeschriebenes klanglich weniger einschränkt und m.E. mehr zum aufmerksamen, langsamen (!) Lesen zwingt als ein grammatisch üblicher Text.

LG,

fee
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Alt 06.01.2013, 20:26   #3
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo fee,

vielen Dank für die ausführliche Antwort, die ich gut nachvollziehen kann. Ich stimme dir auch in allem, was du über graphische Gestaltungsmöglichkeiten sagst zu, wenn du z.B. sagst "ein lyrisches Textgebilde eben mehr als nur der Inhalt, der in Sprache transportiert wird" und "Ein Gedicht ist für mich immer auch Bildnis". Aber ich möchte hinzufügen, das Lyrik (meiner Meinung) primär sprachlich ist, also etwas Hörbares (selbst wenn man es nur mit dem "inneren Ohr" anhört). Das Schriftbild hat deshalb auch die Funktion der Notenschrift in der Musik, welche angibt, wie die Komposition / das Gedicht klingen soll. Und dafür sind natürlich Satzzeichen hilfreich und bisweilen sogar wichtig. Leider ist die Sache dadurch kompliziert, dass die Satzzeichen nicht reine Sprachzeichen sind, sondern auch grammatische Einheiten markieren. Auch Zeilenenden kann man (wenn man sie konsequent als "unhörbare Pausen" spricht, wie das früher korrekt gemacht wurde, und auch heute noch erstaunlich gut funktioniert) für diesen Zweck verwenden.

Die graphische Gestaltung darf meiner Meinung nach dieser primären Aufgabe der Hörbarmachung nicht widersprechen, bzw. sie nicht stören, nicht "optisch vernuscheln". Ich finde z.B. die graphischen Gestaltungen im Arabischen wunderbar. Aber es sind Bilder, die das Gesprochen als schon gut bekannt (insbesondere die Korantexte) voraussetzten. Ich weiß nicht, ob es im chinesischen und japanischen anders ist, weil hier die Sprache mit den Schrift-"Bildern" viel enger verbunden ist, als bei uns Alphabetisierten.

Auf alle Fälle ist es wohl falsch ein Dogma daraus zu machen. Großschreibung muss sein, oder nur klein und ohne Satzzeichen. Bei deinem Gedicht passt es sehr gut. Während ich es z.B. noch nie geschafft habe, ein halbwegs komplexes Sonett in dieser Schreibweise durchzuhalten.

Die Bedeutung des Graphischen ist wichtig, da hast du Recht, wie schön ist es z.B. ein Buch zu lesen, welches noch nach dem goldenen Schnitt freigestellt wurde.

Das ist zwar ein Seitenthema, aber Danke für deine Anmerkungen.

Liebe Grüße
Thomas
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