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#1 | |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
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Liebe fee,
das ist ein wunderbares Gedicht, mein voller Ernst. Auf mich persönlich wirkt die Struktur wie "Brandungswellen", so, als ob eine Welle nach der anderen ans Ufer rollt. Ich fand im Web einen Link mit einem kleinen, kurzen Video, das zumindest ungefähr mit meinem Vorstellungsbild "übereinstimmt": ht tp://w w w.fotosearch.de/CSV005/k3962601/ - (bitte die Leerzeichen entfernen). Mir gefallen besonders die langen Verse. Gerade aufgrund der "Zweiteilung" bzw. "Zusammenfügung". Außerdem ergibt sich so ein "wellenförmiges Versmaß", das ich einen achthebigen Jambus mit einem daktylischen Versfuß in der Mitte nennen würde - das sorgt für eine starke Zäsur an diesen Stellen, was wiederum genau diese "Wellenwirkung" bei mir erzeugt. Ich mache das eigentlich selten, aber da ist wirklich sehr, sehr schön und ganz hervorragend ausgearbeitet, deshalb möchte ich den Aufbau gerne einmal darstellen: Zitat:
![]() Und dafür auch ein Lob: Es hat eine Melodie! Gleich im 2. Vers hatte ich sie "gefunden". Es ist diese Melodie, die mich ein ruhiges, glattes Meer sehen lässt und kleine Brandungswellen, die an ein Ufer spülen. Noch dazu: Hier "mäandern" nicht nur die Reime durch die Zeilen, sondern auch die Kadenzen. Ich gebe zu, dass ich dieser Vorstellung gerne "erliege", denn ich bin eine "Meeresliebhaberin" ... ![]() Genug von der "Form" geschwärmt. Den Inhalt habe ich nicht vergessen, auf keinen Fall, denn auch dieser ist ausgesprochen schön! ![]() ![]() Der Inhalt lässt mich ein LI sehen, das am Ufer eines Flusses (oder Baches) entlangwandert. Für mich ist in den Zeilen "Sommer", denn das Wasser wirkt einladend, sich die vom Gehen "müden Knöchel" zu kühlen (gefällt mir, dass du hier nicht "Füße" schreibst, ich finde die Wahl gut, es ist mal etwas "anderes"). Das LI macht eine Pause, und folgt mit den Augen den Windungen den Flusses. Sehr schön, das mit den "Pinselstrichen eines Kalligraphen" zu vergleichen! Bei mir "wechselt" das innere Bild, und zeigt mir die Kalligraphie eines Flusses (für einen Moment). Und es ist eindeutig ein "naturbelassener" Fluss oder Bach, denn er mäandert und hier finde ich die "grünen Fluren" - das lässt mich Gras, Bäume und Sträucher sehen. Danach kommt das Vorstellungsbild eines "Kieselstreifens" am Fluss-/Bachrand dazu. Während das LI weitergeht, sieht es die Kiesel nicht nur als "Gehuntergrund", sondern "entdeckt" (es "befiehlt sich", interessant) darin auch "etwas". Dabei sehe ich das LI einzelne, große Kiesel aufheben und in die Hand nehmen, um sie näher zu betrachten - vielleicht aufgrund besonderer Farben oder Formen. (Ob man es glaubt oder nicht, ich spüre "Sonnenwärme" auf den imaginierten Kieselsteinen.) Am Ende folgt der "Grund", warum dieses Gedicht, das auch viel Naturbeschreibung enthält, in der Denkerklause steht. Das "Ganze", der Fluss/Bach, das Ufer, die grüne Natur, die Kiesel - all das ist "mehr". Was nun der "Wassergeist" ist (und das gefällt mir ebenfalls!), das bleibt dem Leser überlassen, denn die Interpretationsmöglichkeiten sind vielfältig. Daher führe ich nur die erste an, die ich hatte, als Beispiel: "Hinter" bzw., um dem Titel zu folgen, "unter" dem, was zu sehen ist, ist viel mehr, als sich nur durch "Sehen" zeigt, auch wenn das Gesehene schön ist. Für mich ist der "Wassergeist" gewissermaßen der "lebendige Geist der Natur" und der (tieferen, nicht sichtbaren) Schönheit, die "unter der Oberfläche" liegt. Um das zu "finden", muss man danach "forschen". Liebe fee - das ist wirklich ein wunderbares Gedicht, dir ist etwas ganz Besonderes gelungen! Wenn doch die olle Technikerin namens Stimme ins Schwärmen gerät ... ![]() ![]() Mit seltenem Hochgenuss gelesen. ![]() Liebe Grüße Stimme ![]()
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Geändert von Stimme der Zeit (10.01.2012 um 17:33 Uhr) Grund: Tippfehler. |
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#2 | ||||
asphaltwaldwesen
Registriert seit: 31.03.2009
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Beiträge: 961
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liebe stimme,
dein lob und die aufschlussreiche analyse des gedichtes freuen mich riesig! ich bin nur heut schon etwas langsam im schauen und denken (ich korrigiere grade ungefähr jedes zweite wort wegen vertipperitis), möchte daher erst so richtig antworten auf deine ausführungen, wenn ich wieder "fit" bin. (was ich hoffe, morgen vormittag so hinzubekommen. ![]() auf jeden fall wollte ich jetzt schon meinen herzlichsten dank für deinen bomben-kommentar an dich loswerden!!! dickes feen-bussi! nachreichung wie versprochen (dazueditiert): liebe stimme, du schreibst: Zitat:
![]() Zitat:
![]() ich wollte durch diese setzung das gewicht von den endreimen nehmen, die mir zu stark über den inhalt dominiert hätten, würde ich das gedicht als vierheber setzen. ich hab mit der form lange gespielt, bis ich fand, dass sie den inhalt zufriedenstellend mit-trägt. bin da allerdings in erster linie meinem bauchgefühl gefolgt (muss ich auch, da ich die fachtermini nicht so aus dem ff parat habe wie du und auch nicht so gezielt per stilmittel planen kann, was ich heute wie ausdrücke ![]() jetzt weiß ich also, dass ich Zitat:
![]() ![]() Zitat:
es "befiehlt sich" deshalb genauer hin- oder nachzusehen, weil es für "achtsamkeit" dieser art ein gewisses maß an disziplin braucht aus meiner erfahrung. du musst dir die zeit nehmen und du musst wirklich tiefer tauchen wollen, willst du die sicherheit haben, nichts von dem zu übersehen, das anteil hat an dem, was sich dir zeigt. du musst dich über hintergründe informieren, soweit möglich. weißt du über einen flusskiesel, woraus er beschaffen ist, kannst du bei seiner betrachtung etwas über die geschichte seiner herkunft lesen. nicht nur das farbenspiel und die form und die haptische qualität bewundern. es ist sozusagen "noch eine geschichte" da. den wassergeist kann man natürlich auch so lesen wie du - als inbegriff für die natur aller dinge. und für die natur der natur an sich. lese ich ihn in bezug auf das gedicht, das der fluss/bach versinnbildlicht, ist der wassergeist derjenige, der "beseelt". die quelle dessen, was ich hier sehe. und der richtungsweiser, der formgeber, der, den ich im wellengeplätscher murmeln oder rauschen höre. er ist "hinter" dem naturbild - so, wie du auch ganz richtig meintest. man findet ihn nur, wenn man mit allen sinnen und allem wissen, das man zur verfügung hat, unter die oberfläche taucht. im kunststudium hab ich gelernt, dass man (wissenschaftlich ernsthafte) kunstbetrachtung nie betreiben kann oder sollte, ohne sich auch infos über den künstler besorgt zu haben und andere werke von ihm zu kennen - um vergleiche ziehen zu können, die auf seine intention rückschlüsse bieten. ansonsten kann man nur die oberfläche sehen und die bewertung wird dann nur eine sehr persönliche sein können - die hälfte dessen, was das werk noch "erzählt", entgeht einem dabei. das lässt sich m.E. auf alle kunst-sparten übertragen. das hab ich versucht in worte zu fassen, ohne dabei ein wissenschaftliches lehrbuch zu schreiben. deinen kommentar hab ich mir im geiste eingerahmt. besonders freut mich, dass das, was ich so aus dem bauch heraus "gefeilt" und hin- und hergeschoben habe, auch in deiner analyse als "gewollt" (und gelungen! juhuuu!) erkannt und nun fachbegrifflich festgehalten steht. herzlicher gruß deine fee Geändert von fee (11.01.2012 um 08:22 Uhr) |
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