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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 01.01.2012, 17:59   #1
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asphaltwaldwesen
 
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liebe chavali,


ich glaube auch, dass es gar nicht so selten ist, dass zur jahreswende derartiges passiert. nicht wenige sehen den übertritt ins neue jahr als "markstein", an dem man manches zurücklassen oder geklärt haben will.

und nicht immer entwickelt sich eine solche "auflösung" im positiven sinne. denn wenn ein gegenüber sich ebenfalls für die jahreswende vorgenommen hat, ab jetzt z.bsp. mehr zu sich zu stehen, konfliktfreudiger, nicht länger leidenswillig zu sein - dann löst sich etwas ganz anders auf. und schon gar nicht in wohlgefallen.

nicht, dass das unbedingt schlecht sein muss. jede trennung, jedes loslassen schmerzt. vor allem dann, wenn man etwas loslässt oder verabschiedet, an dem irgendwo mal das eigene herz hing. oder etwas, das als illusion erkannt wurde - dann schmerzt einen die zeit, die man dieser illusion geschenkt hat und das wissen, sie war in etwas nicht-existentes oder unerfüllbares investiert.

silvester ist eben nicht nur mal eben anlass ausgelassen zu feiern, dass ein jahr vorüber ist. sondern es geht immer hand in hand damit, etwas hinter sich lassen zu können.

schon komisch, dass so viele (ich nehme mich da gar nicht aus - ich biete heuer das klassische "ab 1. jänner mehr disziplin beim essen und beim sport" ) ein besonders "datum" dazu brauchen, das sich von anderen beliebigen tagen eigentlich nur durch die besonderheit eines datums unterscheidet, das nichtmal für alle menschen auf der erde gleichermaßen gilt... ich finde solche mechanismen, denen wir unterliegen immer spannend. sie sagen etwas über uns aus, das sich gar nicht leicht in worte fassen lässt als phänomen.


ein sehr bitteres gedicht also.
doch wer weiß - vielleicht sind die tränen und der regen im gesicht und das aufgeregte holpern des herzens ja das wert, was da noch kommt. auf jeden fall beschreibst du hier sehr klassisch einen prozess einer wahren erkenntnis in lyrICH, die sich in diesem ausbreitet und zu einer wahrheit wird, die von nun an das handeln - erkennbar verändert - bestimmen wird.

die heftigsten und schmerzvollsten verabschiedungen sind nämlich -im gegensatz zu denen, die so leicht oder vernünftig scheinen - so gut wie immer auch die endgültigsten.


sehr gerne gelesen.


liebe grüße,

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Alt 01.01.2012, 19:14   #2
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
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Liebe Chavali,

Weihnachten und Silvester sind zu sehr mit "Friede, Freude, Eierkuchen" belegt. Die meisten wissen vom Gegenteil, weil es allzu menschlich ist, wenn man unter Stress Glückseligkeit verbreiten muss.
Ich schließe damit wirklich schöne Familienweihnachtsfeiern und Jahresausklänge nicht aus, wehre mich aber gegen die Zwänge, ihre Schönheit um jeden Preis zu "bejauchzen". Auch berufe ich mich nicht auf des "Dichters Beobachtungen", sondern erinnere eigene Erfahrungen.
Ganz bestimmt ist man selbst erfüllt und erwartet Frieden. Zugleich ist man gerade in dieser Stimmung hoch sensibilisiert. Ein unbedachtes Wort kann tief verletzen. Wird es bemerkt und angesprochen, sprudeln Dinge heraus, die sich lange vor der Zeit angesammelt haben.
Selbst danach, beteurt man in der "Nachbarschaft" und vielen Freunden, ein schönes Fest gehabt zu haben.

Dein Gedicht "platzt" (Ehrlichkeit) mit der anderen Seite der Medaille heraus und spricht den Leser, trotz tiefster Traurigkeit, positiv bzw. tröstend an.

Die gewählten Metaphern, Regen/Tränen, Herzklopfen (das ich auch mit Angst verbinde), geborgte Liebe, Gericht usw. - wirken auf mich wie ein Sog in Seelentiefen und geben Unausgesprochenes preis.

Der Schmerz selbst resümiert: Er spricht von Traurigkeit zweier Menschen geht aber allein auf regennassen Straßen umher. In der Verlorenheit "rechnet" er ab, indem es keine Kompromisse gelten lässt.
Wenn die Schritte verhallen, dann hat das Laufen aufgehört - nicht aber der Schmerz. Ruhe soll aushelfen - bis zur Vergebung und Versöhnung ist es noch weit.
Die Zahl "SIEBEN" hat mich besonders berührt. Nicht als magische Zahl, ich weiß um ihre andere Bedeutung.

Liebe Chavali, wie du erkennst, habe ich mich in den "Silvesterläufer" hineingefühlt - aus einem Bedürfnis heraus und durchaus aus einer persönlichen Neigung, mich im "Schmerz zu suhlen".
(Ich sah heute einen Bericht über Michelangelo und entdeckte darin eine Seelenverwandtschaft. Er beneidete und verachtete andere um ihre Freuden und empfand selbst nur Freude im und am Leid.)

Ein anderes Gedicht mit einem anderen Gewicht. Ich wollte dabei sein, weil ...

(Mach nur noch den Tippelfehler bei "Micht" weg.)

Bin ein Stück mitgelaufen,

liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 02.01.2012, 08:40   #3
Chavali
ADäquat
 
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.009
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Liebe fee,

liebe Dana,


fast weiß ich gar nichts auf eure schönen, treffenden und berührenden Kommentare zu antworten.
Ihr habt alles schon gesagt.

Mit meinen Zeilen bin ich ausgebrochen aus der offiziell propagierten Stimmungsmache.
Nun ist es ja so - wie wir alle wissen - dass das LyrIch, von dem man schreibt, nicht gleichbedeutend
mit dem/r Verfasser/in ist.
Sagen wir. Und wenn doch?
Ich bin dagegen, alles schön zu reden und Zweckoptimismus zu verbreiten.
Wir alle haben unsere Päckchen (blöder Begriff, aber doch irgendwie passend)
zu tragen, für manche sind sie zu schwer, für die anderen leichter.
Manch einer kann sie abwerfen oder einen anderen tragen lassen, der andere bürdet sie auch noch
seinem Nebenmann, Mitgänger oder sonstwem auf.
Oder man trägt auch noch das des anderen mit!
Das kann man vertragen oder auch nicht.
Und je größer das Päckchen wird - wenn es zu einem Paket geworden ist -
desto unhandlicher wird es.
Sei es vom Gewicht her oder von der Greifbarkeit.

Natürlich stirbt die Hoffnung, dass alles gut wird, zuletzt.
Sonst wär das Leben oder Teile davon auch kaum zu ertragen.
Dass alles gut IST, wäre schön und superoptimistisch.
Manchmal, wenn sich Erwartungen, die sich nicht erfüllt haben, häufen, kann auch
schon mal der Optimismus angekratzt sein.


Nun, ich will nicht zu sehr polemisieren.
Ich freue mich sehr über eure Reaktionen und über eure Meinungen und Antworten,
die mir zeigen, dass auch ihr euch mit dieser Problematik beschäftigt
und insbesondere mit meinem Gedicht.

Dafür sage ich allerherzlichst *danke*


Seid lieb gegrüßt!
Chavali




__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (02.01.2012 um 09:17 Uhr) Grund: Satz eingefügt
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