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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 14.05.2011, 13:00   #1
Stimme der Zeit
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Hallo, Falderwald, und Hallo, larin,

ich dachte mir beinahe schon, dass die Behauptung, das "Ich" wäre nur eine Illusion, Diskussionen auslösen würde. Was ich sehr verständlich finde, denn was könnte eine größere Bedrohung sein als der Tod? Die Nicht-Existenz, meiner Meinung nach.

Persönlich stehe ich dieser Behauptung negativ gegenüber, denn zwei "Widersprüche" ergeben sich für mich daraus. Der eine Widerspruch findet sich in meinem Gedicht - damit diese "Unterhaltung" auch beim Thema bleibt.

"Alles ist Eins". Die Frage ist doch: Verlieren wir uns oder kehren wir zu Etwas "zurück"? Ist es möglich, dass mit dem Tod unsere Existenz endet? Das ist eine philosophische und metaphysische Frage, denn die Wissenschaft würde darauf mit einem klaren Ja antworten.

Metaphysisch betrachtet sind wir (die Menschen) immer Teile eines "Ganzen". Kommt es also beim Tod zum Verlust des individuellen Ichs? Ich persönlich denke, ja. Also führt das zur für mich etwas beklemmenden Frage, weshalb wir dann "Ichs" sind, also die Natur (Evolution) sich solche Mühe gibt, etwas so Hochkomplexes zu schaffen, das nur so "kurze Zeit" über "da" ist ... Macht eigentlich keinen Sinn, die Natur neigt immer zur Effektivität - also muss das "Ich" effektiv sein - auch auf längere Sicht, sonst würde es nicht beibehalten.

Grund für meine "Irritation" ist aber auch ein, wie ich finde, echter "Denkfehler", der in der Behauptung, das "Ich" wäre nur eine Illusion, liegt.

Wozu sollte das dienen? Wenn das "Ich" illusionär ist, sind die Auswirkungen exakt die Gleichen, als wenn es real ist. Es kann gar keinen feststellbaren Unterschied geben - und zwar in beiden Fällen!

Das ist absurd. Für mich fast ein Paradoxon. Aus diesem Grund schließe ich mich den Reihen der "Illusionsgläubigen" nicht an. Sie haben nämlich das Wichtigste nicht - einen Beweis für die Richtigkeit ihrer Behauptungen.

Aber es ist für mich doch enttäuschend, dass gerade die Philosophie mehr und mehr Abkehr vom "freien Denken" nimmt und dafür eine "Wissenschaft" wird - deren Vertreter demnächst wohl in weißen Kitteln auftreten ... Der Link, der mich auf das Thema brachte.

Und so lange der mir nicht gegeben wird - nun ja, die Wissenschaft. Was Wissenschaftler nicht alles wissen ... um es ein paar Jahre später wieder umzuwerfen - oder aus schierer Sturheit manchmal auch nicht, selbst wenn es ganz offensichtlich falsch war. Die Erde ist eine Scheibe, Spinat enthält furchtbar viel Eisen, Kaffee ist ungesund, es gibt ein Vakuum (wird gerade ganz neu angezweifelt) und eine Hummel kann nicht fliegen, ja, ja ...

Mit "Alles ist Eins" meinte ich in meinem Gedicht eher mein persönliches Fazit: Ich bin, nur als ein unendlich kleines Mimimalstteilchen im Sein, so unwichtig, dass ich alleine für mich eigentlich gar nicht vorhanden bin.

Aber: Wenn im "Ganzen" auch nur das allerwinzigste "Teilchen" fehlt, dann ist das "Ganze" - nicht mehr ganz. Als Teil von Allem bin ich, sind wir alle, auch eine Ameise im Gras - absolut unverzichtbar und deshalb von grenzenlosem Wert.

Der menschliche Denkfehler liegt (für mich) im Ausgehen von sich selbst als das Maß aller Dinge. Immer nur der Mensch im absoluten Zentrum der Wertigkeit. Das halte ich für falsch. Alles ist Eins, und das Eine ist in Allem. Wenn ich also Schaden zufüge/verursache, schade ich immer dem "Ganzen" - und damit auch mir selbst. Das ist Verantwortung, weshalb ich sehr bewusst und achtsam durch mein Leben gehe.

Meine "ganz persönliche" Lebensphilosophie. Wobei ich damit noch in den Anfängen stecke.

Liebe larin, ich gehe mir jetzt auch einen Kaffee holen.

Liebe Grüße

Stimme der Zeit
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Alt 14.05.2011, 22:43   #2
Dana
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Liebe Stimme,

schon die ersten Verse:

Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit
Im Universum findet sich die Wahrheit,
sie reist durch Dimensionen voller Fragen.
zeigen auf, wie unendlich weit wir von der Wahrheit entfernt sind.
Aber auch umgekehrt: Sie kann direkt vor und in uns sein - wie die berühmte Brille auf der Nase.

Dein Gedicht ist spannend und fordert eben diese spannende Diskussion heraus. Dabei gestehe ich, dass ich solche "Debatten" sehr, sehr mag, wenn sie "unzänkisch" im Meinungsaustausch stattfinden. Eingebrachter Humor kann nur steigernd zu "Fantasiehöhenflügen" beitragen.

Du hast ins Sonett alles einfließen lassen: Träume, Realitäten, Religionen Wissenschaften, Fantasie und Freiheit - der Philosophie keine Grenzen gesetzt.

Ich habe auch die Kommentare und deine Antworten mit Begeisterung gelesen, trotz der hohen Wissenschaften, die den Leser fast erschlagen.
(Wir zwei leisten es uns öfter, bis zum Erschlaffen, viele erdenklichen Möglichkeiten auszusprechen - wissend, dass es immer nur unbewiesene und eigene Vorstellungen bleiben.)

Wir, unwesentlichen Kleinsteilchen des Ganzen, wissen evtl. vor unserem Seinbeginn, wie es ist. Vielleicht lösen wir uns schlicht aus Neugier (oder Karma) aus dem Ganzen und die Bedingung dabei ist, in der Materie nicht zu wissen.
Ein oder unser höheres Bewusstsein, das außerhalb der Materie vollkommen ist, erprobt sich in der materiellen Welt, immer und immer wieder. Genauso scheitert es immer und immer wieder.
Wir ahnen ein "EINS" auch hier, das durchaus denkbar wäre, wenn alle sich einig wären. Unsere Träume, Vorstellungen, Hoffnungen sind Zeugen dafür.
Wir scheitern an der Gier, Macht und an Kämpfen, die uns über die Geschichte immer aufzeigen, wie sehr wir uns vom gemeinen Wohl gelöst haben.

Da die Zeit nur unsere "Erfindung zur Orientierung" ist, spielt es keine Rolle, wann wir so weit wären. Dieses "Seinspiel" kann in der Unendlichkeit unendlich gespielt werden.

Selbst wenn wir alle es einmal schaffen sollten ein friedliches, harmonisches und gutes (ich weiß, alles nur unsere Wertungen) Erden- oder ...sein zu führen, würde es nicht bedeuten, dass es dann aufhörte. Im Gegenteil - wir würden weiterhin immer und ewig wiederkommen, um zu sehen, zu tasten, zu hören und zu fühlen.

Abgesehen von großen Wissenschaften, von Philosophien, von Geschichtskenntnissen über vergangene Kulturen, von Religionen - die zu erfassen schon schwer, wenn nicht gar unmöglich ist, frage ich nach
"Kleinigkeiten", die wir immer wieder erfahren, erleben und nicht erklären können?
Man geht an hunderten von Menschen vorbei, ohne sie wahr zu nehmen. Eine/einer ist es, die/der Blickkontakt aufnimmt, lächelt und weitergeht.
Es gibt "Versionen", die aussagen, dass sich zwei begegnet sind, die sich einander mit dieser Geste verziehen haben.

Warum sind uns völlig "Fremde" manchmal vertrauter als Personen, die wir länger kennen? Kennen wir den Fremden noch länger?

Sicher kann man speziell diese "Kleinigkeiten" als unwichtig, spinnerig und unwissenschaftlich abtun. Sie sind aber da und wollen uns etwas sagen. Wir hören/sehen nur ob der "Kleinigkeit" nicht hin. Dabei wissen wir von unendlichen Größen und von der Bedeutung des Kleinsten (Atome und noch kleiner).

Sind all diese Zufälligkeiten wirklich nur Zufälle oder fallen sie uns zu , damit wir erkennen und weiter kommen?

Zurück zur Erstaussage:

Zitat:
Zitat von Dana
Wir ahnen ein "EINS" auch hier, das durchaus denkbar wäre, wenn alle sich einig wären. Unsere Träume, Vorstellungen, Hoffnungen sind Zeugen dafür.
Wir scheitern an der Gier, Macht und an Kämpfen, die uns über die Geschichte immer aufzeigen, wie sehr wir uns vom gemeinen Wohl gelöst haben.
Diese zwei Seiten einer Medaille hindern uns daran, wirklich zu sehen. Wir werten.
Wenn ich an Kant und Schopenhauer anschließe und den Willen einsetze, dann erlaube ich mir zu denken und zu träumen. Beides schließt nicht aus, dass ich evtl. ein Wissen vertrete, das ich nicht beweisen kann:

Wir sind EINS und wir begegnen uns immer wieder.
Nicht unbedingt mit jedem "Forumsdichter" - aber ganz bestimmt immer wieder den Menschen, die wir lieben. In welcher Form und Eigenschaft sei dabei unbelassen.

Erkennst du, mit welcher Hingabe ich mich auf dein Gedicht eingelassen habe?
Es erklärt ein wenig den Sinn des Seins.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 15.05.2011, 14:38   #3
Stimme der Zeit
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Hallo, liebe Dana,

ich beginne mit dem Schluss deines Kommentars, wenn du erlaubst:

Zitat:
Erkennst du, mit welcher Hingabe ich mich auf dein Gedicht eingelassen habe?
Es erklärt ein wenig den Sinn des Seins.
Für den ersten Satz möchte ich mich von ganzem Herzen bedanken, das ist wohl das schönste Geschenk, das man bekommen kann.

Der zweite Satz - nun ja, ich möchte gerne geschmeichelt sein, fürchte aber, dass das über den Selbstanspruch der Verfasserin hinausgeht, es sind ja nur meine Gedanken ...

Zitat:
Wir, unwesentlichen Kleinsteilchen des Ganzen, wissen evtl. vor unserem Seinbeginn, wie es ist. Vielleicht lösen wir uns schlicht aus Neugier (oder Karma) aus dem Ganzen und die Bedingung dabei ist, in der Materie nicht zu wissen.
Das finde ich jetzt durchaus erstaunlich, denn genau diesen Gedankengang hatte ich auch schon. Ja, denn wenn wir wüssten, würde es nicht funktionieren. Was ich bereits weiß, das brauche ich nicht mehr zu lernen.

Zitat:
Ein oder unser höheres Bewusstsein, das außerhalb der Materie vollkommen ist, erprobt sich in der materiellen Welt, immer und immer wieder. Genauso scheitert es immer und immer wieder.
Ich persönlich glaube nicht an ein "wirkliches" Scheitern. Wie sagt das Sprichwort so schön: Aus Fehlern lernt man am meisten. Wenn also alles glatt liefe, würden wir nichts lernen, was dann "wirkliches" Scheitern wäre ...

Die duale Struktur des Universum macht einen Sinn, denn alles muss ein Gegenstück haben, damit es überhaupt funktioniert. Der größte Fehler der Religionen liegt darin, Prinzipien zu Göttern zu erheben: Gott ist das Gute, der Teufel das Böse. Gut und Böse sind nur Funktionsmechanismen, die existieren müssen, um eine Entscheidung möglich zu machen. Wer keine Wahl hat, kann nicht wählen - wir "wählen" ständig, bewusst und unbewusst. Das funktioniert nur mit Ja und Nein, denn ein "Vielleicht" bringt uns in unserer Entwicklung nicht weiter. Alles im Leben ist Entscheidung, unaufhörlich im "Großen" und im "Kleinen", die wiederum selbst Entscheidungsprinzipien sind. Kreise in Kreisen, die nicht "ins Sinnlose" führen, sondern zurück zu uns selbst.

Zitat:
Sicher kann man speziell diese "Kleinigkeiten" als unwichtig, spinnerig und unwissenschaftlich abtun. Sie sind aber da und wollen uns etwas sagen. Wir hören/sehen nur ob der "Kleinigkeit" nicht hin. Dabei wissen wir von unendlichen Größen und von der Bedeutung des Kleinsten (Atome und noch kleiner).
Außerdem, liebe Dana, ist alles eine Frage der subjektiv menschlichen Wertung. Wir sind es, die werten: Ein Ding, Ereignis, Gedanke bewertet sich nicht selbst. Von daher gibt es in Wirklichkeit keine "Kleinigkeiten". Nur wir Menschen denken so, denn das müssen wir auch, sonst würde der Entscheidungs- und Lernprozeß wiederum nicht funktionieren. Aber im Grunde genommen gibt es kein "wichtig" oder "unwichtig", kein "klein" oder "groß" ...

Zitat:
Sind all diese Zufälligkeiten wirklich nur Zufälle oder fallen sie uns zu , damit wir erkennen und weiter kommen?
Ich glaube überhaupt nicht an den Zufall. Wenn man alleine mal bedenkt, wie viele einzelne Faktoren (ganz objektiv gesehen!) zusammen gekommen sind, um auch nur unsere kleine Murmel (die Erde) und das Leben darauf zu ermöglichen, das wäre eine sehr, sehr lange Liste. Meine Überzeugung ist: Viel zu viel Zufall, als dass es Zufall sein könnte! Das Zusammenspiel unzähliger Faktoren ist notwendig, vom Abstand zur Sonne, der Beschaffenheit eben dieser; der elementaren Zusammensetzung unseres Planeten, seiner idealen Größe; nicht zu schweigen vom Mond, der genau die richtige Größe hat, genau den richtigen Abstand, der genau so lange im geeigneten Abstand bleiben wird, wie nötig; die Tatsache, dass wir uns in einer sehr "ruhigen Gegend" im Universum befinden, und, und, und ...
(Nur die Vorstellung von einem alten Mann mit Bart, also nee ...)

Zitat:
Wir sind EINS und wir begegnen uns immer wieder.
Ja. Nur nicht immer hier. In der Unendlichkeit muss es eine unendliche Anzahl an Möglichkeiten geben - Fakt: Alles ist möglich, immer und überall. Wir sollten uns selbst nicht so wichtig nehmen, indem wir stur behaupten, nur auf dieser einen Murmel gäbe es Leben. In der Ewigkeit und Unendlichkeit ist kein Irgendwo weit weg, das ist nur unsere Kurzsichtigkeit - im mehrfachen Sinne des Wortes.

Ich glaube daran, dass das "Einssein" immer ist - wir nehmen es nur während unserer "Lern-Lektionen" nicht wahr. Genau so soll es ja auch sein, siehe weiter oben.

Meine "Triebfeder" ist die Hoffnung, dass wir wachsen und werden können - damit das "Tier Mensch" irgendwann zum Menschsein findet, denn davon sind wir noch weit entfernt. Aber der "Trost" ist, wir haben ewig Zeit.

Herzliche Grüße

Stimme der Zeit

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Alt 16.05.2011, 21:47   #4
Falderwald
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Hi Stimme,

das ist wieder so eine interessante Diskussion, wie wir sie letzte Zeit hier öfter auf dem Eiland finden.
Es ist manchmal schwer hinterher zu kommen, so daß ich mich erst heute wieder zu Wort melde.

Hm, das ist die Frage.
Wenn wir nicht existieren, also nur eine Illusion sind, dann verlöre der Tod eigentlich seinen Schrecken, denn was nicht existiert, kann auch nicht sterben.
Dadurch würde sich allerdings wieder eine neue Frage eröffnen und zwar, wessen Illusion wir dann eigentlich sind.
Da sich "meine Illusion" ziemlich "real anfühlt", müsste schon ein gewaltiges Bewusstsein dahinter stehen, um sich diese, im wahrsten Sinne des Wortes, einzubilden.
Ich könnte theoretisch sogar damit leben, denn mir wird doch ein gewisser Handlungsfreiraum dabei gewährt, so daß ich zumindest das Gefühl habe, ein Individuum zu sein, dessen Gedanken frei sind.

"Alles ist Eins".
Klingt gut, ist auch sehr wahrscheinlich, denn das Universum als Ganzes betrachtet, setzt sich aus allen Dingen zusammen, die sich in ihm befinden und es damit sozusagen erst bedingen.
Man könnte es aber auch herumdrehen und sagen: "Alles ist Nichts".
Wenn nämlich keine Auge da wäre, diese Welt zu betrachten, dann wüsste auch niemand etwas von ihrer Existenz.
Aber was wäre das für eine Existenz, wo kein Bewusstsein vorhanden ist, um ihr Dasein zu bestätigen?
Könnte es nicht vielleicht doch sein, daß die Natur das Bestreben, also den Willen hatte, wahrgenommen zu werden?
Zuerst als Lichtreiz bei den Pflanzen, dann als gefühlte Umwelt bei den Mikroorganismen, weiter zu den Tönen der niederen Wirbellosen, bis hin zu Geschmack, Geruch und Bildern in den Gehirnen der Wirbeltiere und endlich zum abstrakten Gedanken, der mit allen anderen Fähigkeiten vereint, dies alles erst bewusst entstehen lässt und sich nur im Menschen findet, der sie, diese allumfassende Natur, einfach bewundern muss, der erfahren und wissen will, der ihr in Kunst und Ästhetik nachzueifern trachtet und versuchen wird, ihr all ihre Geheimnisse zu entlocken, die sie noch für uns bereit hält und nach und nach preiszugeben bereit ist, wenn wir uns dementsprechend verhalten und ihr Werk, welches sie extra für uns geschaffen hat, zu würdigen wissen?
Wäre das nicht eine denkbare Möglichkeit?

Wäre es nicht denkbar, daß dieses Ding in mir, das Ich, die Seele, der Intellekt, das Selbsbewusstsein einfach nur der in mir manifestierte Wille der Natur zum Leben ist, der mich mit der nötigen Lebensenergie versorgt, solange mein endlicher biologischer Körper das mitmacht?
Ich glaube auch, daß mein Intellekt und mein Selbstbewusstsein mit dem Tode aufhört zu existieren.
Das besagt aber noch nicht, daß der in mir wohnende Lebenswille dabei auch zwangsläufig verloren gehen muss.
Wer weiß, vielleicht entschwindet dieser Wille hier und wacht sofort irgendwo und irgendwann wieder auf, durch zwei klar Augen seine Umwelt erblickend und mit einem Denkorgan ausgestattet, welches freilich wieder ganz von vorne anfangen muss, denn es muss lernen, sich in seiner neuen Umwelt und ihren Bedingungen zurecht zu finden.
Das wäre eine schöne These...

Mit der Philosophie ist es so, wie Schopenhauer sie beschrieben hat und sie zu allen Zeiten war.
Man muss Geld damit verdienen können und deshalb wird man genau das tun, was von einem erwartet wird, also modern und wichtig im Zeitgeist zu erscheinen.
Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben, was Schopenhauer ausdrücklich verurteilte, denn sein Streben galt der Wahrheit.
Selbstverständlich gab es rühmliche Ausnahmen, die sogar für ihre Überzeugung starben, aber selbst Kant musste nach dem Tode des alten Fritz' zurückrudern, weil er sonst nicht mehr sicher gewesen wäre.

Ein seriöser Wissenschaftler sollte sich vor der Behauptung hüten, daß mit dem Tod unsere "Existenz", was auch immer das ist, enden wird.
Er wird höchstens sagen, daß nach dem jetzigen Stand aller wissenschaftlicher Erkenntnisse die biologische Existenz endet. Was jedoch das eigentliche Wesen in uns ausmacht, kann er mit seinen empirischen Methoden nicht erfassen, so daß dieses eindeutig dem Bereich der Metaphysik zuzuordnen ist.
Und da gibt es ja bekanntlich viele Theorien, Thesen, Ideen, Ideale und Dogmen.

Ich denke nicht, daß der menschliche Denkfehler im Ausgehen von sich selbst als das Maß aller Dinge ist, denn von was sollte er sonst ausgehen?
Er kann ja nur von sich selbst ausgehen und zwar so, wie seine Sinne es ihm erscheinen lassen.

Es ist seine Vorstellung der Welt und er kann sich nur an und mit ihr messen.
Daß er seine Bedeutung dabei überschätzt, ist zweifelos täglich zu erkennen und liegt klar auf der Hand.
Aber Antworten wird er nur in sich selbst finden und nur wenn er es schafft, seiner inneren Stimme Gehör zu verschaffen, die ihm ständig zuflüstert: Du exitierst. Kannst du nicht denken, sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken?

Er hat nichts anderes zur Verfügung und leider sind nicht alle gleich ausgestattet, so daß jeder seine Möglichkeiten nutzen muss, um zu erfahren, wahrzunehmen und wenn möglich mitzuteilen, so wie es alle Künstler und auch wir Dichter tun.

Das ist meine Dichterseele...


Liebe Grüße

Falderwald


Servus larin,

ich glaube nicht, daß es ein Denkfehler ist, eine Logik hinter diesem ganzen System zu vermuten.
Das setzt nicht unbedingt ein höheres Bewusstsein voraus, sondern lediglich den Satz vom zureichenden Grunde, der da lautet: Jedes Sein oder Erkennen könne und/oder solle in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden.
Das setzt lediglich eine logische Folge voraus, die nicht einfach durch "funktional" ersetzt werden kann.
Funktional ist ein momentan funktionierendes System, weil es funktioniert, was aber keine weiteren Veränderungen unmöglich macht.
Es gibt immer eine Ursache, dann kommt ein Grund hinzu und dann kommt das Werden in Form einer Veränderung als logische Folge dabei heraus.
Wir sollten nicht vergessen, daß der Begriff "Logik" eine menschliche Erfindung ist, deren Prinzipien sind:
  1. Satz der Identität: Begriffe sollen stets die gleiche Bedeutung haben
  2. Satz des Widerspruchs: gleichzeitige Bejahung und Verneinung einer Aussage ist unmöglich
  3. Satz vom ausgeschlossenen Dritten: von zwei widersprüchlichen Aussagen kann nur eine richtig sein, keine Dritte
  4. Satz vom zureichenden Grund: nichts geschieht ohne einen Grund (s.o.)

Und diese Prinzipien habe ich konsequent angewendet, so daß meine Aussage von der Abwesenheit logischer Regeln m. E. durchaus einen Sinn macht und zwar genau in der Bedeutung, die der Begriff Logik symbolisiert.

Zitat:
die sache mit der selbstwahrnehmung möchte ich auch noch ergänzen:
es ist nicht selbstverständlich, dass wir unsere finger als unsere finger wahrnehmen. das körperbewusstsein entwickelt sich auch erst allmählich.
ein baby weiß noch nicht, das sein finger sein finger ist.
Dem Letzteren wage ich zu widersprechen.
Dann kneife ein Baby mal feste in den Finger. Es wird dir schon zeigen, daß es ganz genau weiß, wessen Finger da ein Schmerz zugefügt wurde.
Auch wenn es das komische Ding noch nicht unter dem Begriff "Finger" kennen kann, so weiß es jedoch schon ganz genau, daß es damit greifen kann und zu ihm gehört.
Ich kann mich genau daran erinnern, daß ich nach der Ärztin der erste Mensch war, mit dem meine jüngste Tochter Kontakt nach ihrer Geburt hatte.
Die Ärztin musste die Mutter versorgen und ich sollte das Baby waschen und trocknen. Sie hat bei der ersten Gelegenheit nach meinem Finger gegriffen und versucht, ihn festzuhalten. Auch wenn es ein Reflex war, so musste dieser über das vegetative Nervensystem ausgeführt werden und somit hat sie auch die Berührung, also einen Reiz, wahrgenommen, sonst hätte dieser Reflex nicht asugelöst werden können.

Zitat:
das "ich" ist das, wo der körper ist.
Hm, ich würde einfach ein "s" streichen, dann ist diese Aussage stimmig: das "ich" ist da, wo der körper ist.

Zitat:
über berührungen lernt das gehirn sein wahrnehmungen zu differenzieren.
Das ist nur teilweise richtig, denn das "Getaste" ist ja eine Wahrnehmung und damit einer der fünf Sinne.
Es ist ganz sicherlich ein wesentlicher Lernvorgang damit verbunden, der aber lediglich die räumlichen Dimensionen und die Oberflächenstrukturen, sowie Temperatur- wie Atmosphärenunterschiede betrifft.
Durch bloßes Betasten kann ich mir zwar ein "Bild" von einem Gegenstand machen, seine Größe einschätzen, wahrnehmen ob er hart, weich, rauh, glatt, kalt, heiß, trocken oder nass ist, aber niemals erfahren, wie er schmeckt, riecht oder ob er schallt.

Ich denke, der Einsatz in der Neonatologie bei den Frühchen hat da mehr psychologische Hintergründe.


Liebe Grüße

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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