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Alt 24.09.2025, 13:05   #1
ralfchen
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Standard Das Geständnis III



Das Geständnis III



Der Typ ist mühsam, nie hätte ich erwartet, dass ich es einmal in der Seele eines Verdammten so schwer haben würde. Er schläft lang, zeigt seit zwei Tagen keine Lust am Schreiben und tummelt sich neugierig in den diversen Postings; liest Geschichten und verhurt so seine Zeit in diesem Forum. Seine Träume sind jetzt abwechslungsreicher, aber davon habe ich nichts, denn die grellen Lichtlein der Inquisitionslaternen sind immer an und ich bin ungeduldig, will reden. In anderen Seelen war es leichter, da ich mit ihnen kurzen Prozess machte und nicht so sorgfältig mit dem darin herumlungernden Ich des Opfers hantieren musste. Ritsch-ratsch, machte ich meist und zog die Gardinen flugs runter.

Was für ein Vergnügen: es gibt nichts Amüsanteres, als das Verdampfen einer Seele - die nicht weiß wie ihr geschieht - gehirnhautnah zu erleben. Es ist wie ein Rausch; man will vor dem Ende noch darin herumplanschen. Seelen sind weich und widerstandslos, so als ob man mit dem Löffel in einen Pudding hackt. Sie wabbeln noch ein bisschen und wenn das, was sie zusammenhielt platzt, rinnen sie über den glatten Tellerrand der Physe.

Gedanken irren hin und her, wie verscheuchte Ameisen, in deren Haufen man heiß hinein gepinkelt hat. Erinnerungen verlöschen, da es kein Blut mehr gibt, um sie zu wärmen und noch ein wenig lebendig zu erhalten. Aber wie schon gesagt, das Vergnügen ist kurz, sie entbleichen und schnell hat man nichts mehr; so als würde man wie eine Zecke, in einer leeren Blutkonserve, nach den letzten schleimigen Resten suchen, die noch in Falten und Rändern kleben. Ich lecke die Seelen aus, sie schmecken unlauter, weil es etwas Verbotenes ist, sich am kollektiven Gut der Menschheit zu delektierten. An diesem entschwindenden Restchen, des anteiligen Psychoplasmas. Da könnte ich noch einiges erzählen, könnte gar manch entsetzte, unausgesprochene Frage beantworten. Aber die meisten unter euch sind es nicht wert, wollen mein Geständnis gar nicht lesen, scheuen die Tränen. Gut, ich habe es bemerkt, fühle, welch sabbernde Speicheltierchen hier ängsteln.

Ja, mein Gift ist bitterster Trunk; man kann mein Geständnis nicht lesen, beiseite legen und so tun als wäre nichts daraus erfahren worden. Aber was soll es? Ich bin es gewöhnt mit Jammerseelen umzugehen und es genügt, wenn nur eine handvoll meine köstlich gemixten Toxereien, über ihre Gedankenzungen träufeln. Schütteln aber nicht umrühren; so muss man Untugenden auf dem Tablett aus abgelaufenen Seelen kredenzen. 




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