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Alt 09.04.2009, 18:04   #1
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
Standard Kellertreppenmelancholie

In den Keller führt mit siebzehn Stufen
eine Treppe, halbrund, linksgedreht,
Hausfrau, aufgeteilt in den Berufen,
mehrmals täglich ab- und aufwärts geht.
Unten bunkern mächtige Stellagen,
was an Vorrat überdauern soll:
Dosen, Gläser, Flaschen, in Etagen,
eine Tiefkühltruhe, übervoll -

Waschmaschine , Trockner, Bügeleisen
hat an Technik sich dort angedient.
Winterschuhe, Koffer zum Verreisen,
alte Schulbücher vom Lieblingskind.
Also muss die Hausfrau ständig wandern:
Irgend was soll immer runter, rauf!
Was in einem Stockwerk Not tut, ruht im andern
oder läg' in diesem nur zuhauf.

Gib die leere Flasche in den Keller,
hol' die volle mit dem kühlen Saft,
geh' gleich nochmals, aber bitte schneller,
nimm' die Wäsche mit, du hast ja noch die Kraft!
Und so stapft die Hausfrau Kilometer -
warum baute man ihr keinen Lift?
Wär' doch klug gewesen, leider merkt man später
erst, wie sehr doch manche Dummheit trifft!

Plötzlich halten deine lieben Kniee
nicht mehr viel von Stiegensteigerei.
Wie ersparte man sich solche Mühe,
wenn das Nötigste in nächster Nähe sei!
Deshalb okkupiert das Katzenfutter
jetzt die Kellerstufe eins und zwei,
Apfeldicksaft, Mineralwasser holt Mutter
nun von Kellerstufe Nummer drei.

Vater darf auch nicht vergessen werden:
Ihm gebührt ein eigenes Revier!
Seinen Himmel garantiert auf Erden
Stufe vier , dort parkt das blonde Bier!
Auf der fünften Stufe tummelt sich an losen
Dingen, was man sonst noch sammeln will:
Inlineskater, Dünger für die Rosen,
Katzenstreu und etwas Plastikmüll....

So, nun muss man nie mehr steigen,
alles Wichtige im Nahbereich!
Doch der Teufel schläft nicht, das ist eigen!
Faulheit rächt sich meistens allzugleich.
In den Keller will mit vollen Armen
Hausfrau Wäsche bringen, es ist Waschtag heut.
Zeigt der Herrgott wirklich kein Erbarmen?
Keimt Verschwörung in den Dingen mit der Zeit?

Denn ein Zipfelchen der bunten Decke,
die an ihrer linken Seite hing,
hielt sich fest beim Dicksaft zu dem Zwecke,
dass er schlaufenmäßig sich drin fing.
"Hoppla!" dachte sich die blöde Flasche,
jäh des Gleichgewichtes so beraubt,
"Wenn den Dosenstapel ich erhasche,
wird's gleich rumpeln, dass es nur so staubt!"

Holter! Polter! Klirr! Tschin -Bumm! Es scheppert!
Über siebzehn Stufen dröhnt der Hall,
Dosen rollen, unten liegt, zertöppert
jene Dicksaftflasche und ein Wasserfall,
süß und klebrig, tropft von oben runter,
zwischen Katzenstreu und Inlineskates-
Steigt der Blutdruck? Werden müde Beine munter?
Freundlich fragt der Gatte: Na, wie geht's?

Mehr will ich zu alldem nicht mehr sagen!
Was Moral wär' oder aber Sinn,
weiß ich nicht, nur dass an manchen Tagen
ich so kellertreppenmelancholisch bin.........
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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