Thema: Am Steinplatz
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Alt 15.09.2011, 20:50   #7
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus larin,

mir gefällt dieser Text auch.

Beim ersten Lesen dachte ich an eine Art von Teufelskult oder einen modernen Hexensabbat, weil wir uns ja hier auch in der Rubrik für Fantasy befinden.

Interessant auch die Kommentare und deine Antworten, die letztendlich schon Aufschluss über die wahren Hintergründe geben.

Die großen Verführer und Seelenfänger hat es zu allen Zeiten gegeben und das nicht nur auf Grund von Spiritualismus, sondern auch aus weltlich materiellen Gründen.
Wenn es den Leuten schlecht ging, brauchte nur einer mit Charisma daher zu kommen und ihnen das Blaue vom Himmel zu versprechen. Wenn dann noch die Gegenseite uneinig war und blass in der Vorstellung blieb, dann war es schnell geschehen.

Auf das Letztere aber zielt der Text nicht hin, hier geht es mehr um die Spiritualität.

Zitat:
also: ich glaube nicht, dass der mensch auf spiritulität je ganz verzichten wird können. vielleicht einzelne, aber nicht die spezies als solche.
warum?
das liegt in der natur der sache: wird sind einer vielzahl von tatsächlichen ( aber auch eingebildeten ) bedrohungen ausgesetzt.
als kind klammern wir uns an eltern - dann plötzlich gibt es keinerlei "schutz" mehr. der wunsch, einen großen , starken verbündeten zu haben bleibt aber irgendwie erhalten.
Ich bin der Meinung, daß die Menschheit durchaus gut auf religiöse Spirtualität verzichten könnte, es würde sie weiterbringen.
Daß es letztendlich nicht funktionieren wird, hat aber andere Gründe.
Ich behaupte, daß die große Masse einfach nicht genug Intellekt besitzt, die wirklich großen Philosophien zu verstehen, so daß es Religionen und ihre Absplitterungen als Ersatzphilosophien für das Volk geben muss.
Das liegt auch im Interesse eines (fast) jeden Staates, weil letztere ihren Bürgern nur wenige Moralvorstellungen vermitteln können, da sie im spirituellen Sinne nichts anzubieten haben.
Die ganz Armen im Geist, die gar nichts in der Birne haben, erheben sich dann im Lichte des Nationalstolzes mangels anderer Ideale.

Es ist auch eine Frage der Kultur, in der ein Mensch aufgewachsen ist.
Wenn er von klein an einer religiösen Gehirnwäsche unterzogen wurde, braucht er schon einen verdammt hohen Intellekt, um dieser Falle wieder entrinnen zu können, sonst wird ihn diese religöse Spiritualität immer verfolgen.

Letztendlich sind all diese religiösen Kulte und Riten ein Geschäft mit der Angst der Menschen, weil sie es nicht ertragen können, daß ihr Intellekt nach dem Tode der vollständigen Vernichtung anheimfallen wird.

Wenn das ganze Leben schon aus Leiden besteht, dann muss es ja wenigstens hinterher noch was zu holen geben.
Meinetwegen können sie glauben, was sie wollen, weil sowieso alles denselben Weg geht.
Also kann ich es mir leisten großzügig zu sein und milde über diese Kinder zu lächeln. Gut ausgedrückt hat dies Wolfgang Niedecken von der Kölner Rockband BAP in dem Lied "Verdamp lang her":

"Häss fess jegläuv dat wer em Himmel op dich waat, ich jönn et dir hann ich jesaat."

Macht mal, das ist euer Leben, vergeudet es ruhig mit sinnlosen und stupiden Hoffnungen. Vergesst das Leben hier, leitet die Welt von erfundenen Dogmen ab. Wenn's glücklich macht...

Es ist immer wieder Unterhaltung pur, sich diese Riten anzuschauen.
Also ob sich irgendetwas bewirken ließe, wenn der Paparatzinger mit seiner gequälten Visage und ein wenig Weihrauch sein Urbi et Orbi verkündet und Millionen Menschen vor Ehrfurcht auf die Knie fallen.
Nicht mal der dümmste Primat könnte eine solche Show abliefern.
Dafür muss man schon Mensch sein.

Und so geschieht es nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen, bis hinunter zu den irrsten Sekten und Abspaltungen und sonstigen Geistesverwirrungen. Man schaue nur einmal eine halbe Stunde "Bibel TV".
Da kann man sehen, wie irre und besessen von ihren Hirngespinsten diese Menschen sind.

Gäbe es einmal außerirdischen Besuch, dann müsste man sich schämen für die menschliche Rasse.

Zitat:
dass aber die menschen sorge und fürsorge auch im emotional-seelischen bereich brauchen, ist nicht zu leugnen: "der mensch lebt nicht vom brot allein."
er kann nicht nur alleine vom brot leben. das liegt an seinem säugetier-gehirn, das vom ersten atemzug an auf ein "du" ausgerichtete ist.
Das liegt ebenfalls am Intellekt.
Nur weil die große Masse der Menscheit nicht dazu in der Lage ist, mit sich selbst auszukommen, braucht sie Gesellschaft, in die sie sich flüchten kann.
Und das nur, um eines der größten Leiden auszumerzen, die diese Existenz nun mal bedingt: Die Langeweile.
Dies liegt nämlich nicht am Säugetiergehirn, sondern an den Fähigkeiten desselben.
Deshalb sind auch viele Intellektuelle Einzelgänger, weil sie gar kein Verlangen verspüren, sich mit dem Rest der Welt auseinanderzusetzen.
Denn wenn sie es tun, ernten sie meist nur Undank und Häme.
Und wer hat schon Lust, ständig innerhalb der Gesellschaft dreiviertel seines Intellekts vorher an der Gaderobe abzugeben, nur um in diesem Niveau nicht unangenehm aufzufallen?

Ja, die Emotionen sind vorhanden und sind auch oft Motiv für die Handlungen.
Wenn sich diese Emotionen aber auf einen Gott richten und weg von den Menschen, dann stimmt da etwas nicht.
Auch wenn oft andere Motive vorgetäuscht werden, so ist ein religiöses Motiv immer ein egositisches, weil die Handlungen eines Menschen entweder einer positiven oder negativen Sanktion harren.

Und die ganz Frommen jeglicher Religion sind die schlimmsten.
Ihr Idealismus, der in Gläubige und Ungläubige unterteilt, ist keinen Deut besser, als der nationalsozialistische, wo auch zwischen wertem und unwertem Leben unterschieden wurde.

Und die sogenannten Seelsorger im emotional-seelischen Bereich leisten da gute Arbeit. Sie pflegen ihre Schäfchen bis zum Tod.

Zitat:
wie man das richtig macht, haben wir aber noch gar nicht wirklich gelernt. (die psychoanalyse ist erst hundert jahre alt).
Die Psychoanalyse ist sicherlich ein guter Ansatz.
Sigmund Freud, der als Begründer der Psychoanalyse gilt, hat im wesentlichen auch auf Feuerbachs, Schopenhauers und Nitzsches Philosophien aufgebaut.
Sein Verhältnis zur Religion war äußerst kritisch, so daß er diese als eine Art Kindheitsneurose (s. o.) bezeichnet. Womit er durchaus recht hat.

Zitat:
religion wird vielleicht einmal überflüssig werden. ethische maßstäbe aber werden wir immer brauchen.
und das wird noch viel arbeit werden (oder bleiben)- am steinplatz und auch sonstwo.
Ne, niemals.
Und weißt du auch warum?
Weil jetzt schon in der Masse Mensch eine geistige Degeneration stattfindet.
Das goldene Zeitalter geistiger Höhenflüge ist vorbei, wir haben unseren Zenit längst überschritten.
Da werden noch ganz andere Kulte auf die Menschen zukommen, wenn sie sich vorher nicht selbst ausgerottet haben.

Ethische Maßstäbe spielen dabei überhaupt keine Rolle mehr oder wenn, dann nur insofern sie den Mächtigen in die Hände spielen.

Und für das dumme Volk gilt wie eh und je, was Bertold Brecht sagte:

"Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral."

Das sagt alles über dieses Tier namens Mensch, das tatsächlich glaubt, nur weil es ein wenig abstraktes Denken beherrscht, es habe eine (unsterbliche) Seele, die von einem höchsten notwendigen Wesen erschaffen wurde.
Hehehe, das wird der Tod schon zeigen, wenn einfach das Licht ausgeht.
Vielleicht ist es die letzte bewusste Erfahrung.
Und wenn, dann die einzig wahre in dieser ganzen verschissenen Welt.


Gerne gelesen, weit abgeschweift, polemisiert und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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