Thema: Am Steinplatz
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Alt 13.08.2011, 08:37   #4
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Guten Morgen, Stimme der Zeit,

heute ist mein Tag der "Restschuldaufarbeitung" (was liegen gebliebene Kommentare betrifft).
Aus dir ist da ja sichtlich was herausgeplatzt. Gut so.

Möglicherweise kann/ könnte man Religionen abschaffen.
Bei der Spiritualität dürfte es sich anders verhalten.
Ich denke, sie ist ein Teil des menschlichen Daseins und erfüllt eine bestimmte Aufgabe in seinem psychischem Funktionieren - wenn also Amtskirchen nicht mehr als der geeignete Raum dafür erscheinen, dann werden Sekten und Ersatzreligionen( Konsumzwang, Machtgier, Promiskuität, politische Strömungen)....dafür herhalten müssen.

Ich sage nicht, dass das besser ist.
Ich stelle nur fest: Der Mensch hat ein Bedürfnis nach einem irgendwie gearteten spirituellen Bezug: dem SINN.
Ich kenne keinen, der nicht in irgendeiner Weise nach dem "Sinn des Lebens sucht" - das macht kein einziges Tier.
Nur der Mensch, in der Bewusstheit seines endlichen irdischen Lebens tut das.
Und daraus ist seine Spiritualität entstanden.
Die lebt nun jeder anders. ( mehr oder weniger klug.)

Die Realvorlage für dieses Gedicht war eigentlich eine komplett harmlose Sache: Da war ein Seminar - und eine der Möglichkeiten dieses Seminares war es, auf dem "Steinplatz" Erfahrungen zu sammeln im Umgang mit Steinbearbeitung/Bildhauerei.
Am Ende der Woche wurden alle "Produkte" vorgestellt durch eine kleine Darbietung. Die Bildhauereigruppe studierte ein kleines Tanz -/Bewegungschauspiel(?) ein.

Ich beobachtete sie aus einiger Entfernung, von einem nahen Hügel.
Sah von der Ferne aus wie Schlangenbeschwörung oder ein ritueller Gottesdienst!
Da kam mir die Idee zu dem Gedicht.

Du siehst also: Was wir von außen beobachten, ist nie das, was es von innen her sein kann. Manches sehen wir als "gefährlich" an und es ist harmlos.
Manches erscheint uns harmlos, und es ist gefährlich.

Wenn wir beobachten, interpretieren wir es bereits - je nach unserer eigenen
Grundstimmung und unserem eigenen Erfahrungshintergrund.
Jede Interpretation beinhaltet bereits eine Entscheidung vor dem (nicht immer bewussten) Hintergrund eigener Entscheidungskritererien.

Wie hätte ein Bildhauer die Szene gesehen?
Wie ein Tanzlehrer?
Was hätte eine Soziologe herausgelesen?
Und was der Bauer, auf dessen Wiese sie standen?

Ich habe dich mit meinen Worten (wohin?) geführt oder auch verführt ( )- interessanterweise war die ursprüngliche sache aber gar nie dort!
toll, was "berichterstattung" so alles machen kann!

bei all dem geschipfe über die anderen verführer, sollte man niemals auf denjenigen vergessen, der in einem selber steckt!
und verführung, dieses spielchen haben wir alle gelernt, und zwar schon als kinder. (Mami, bitte kauf mir ein Eis, bite , bitte. Du bist viel leiber als der Papi....)
Im Grunde genommen versucht jeder, den anderen zu etwas zu "verführen" was ihm selber angenehm ist und "Vorteile" bringt.
Der Unterschied liegt nur im Maß des Druckes, der dabei ausgeübt wird, an der Bewusstmachung ( oder nicht -Bewusstmachung) des Vorganges selbst . Wie viel Möglichkeit gibt es dabei, "nein" zu sagen?

Verführen und verlocken aber: Das tun wir alle!
Was anderes wäre denn z.B. Reklame?
Und verführt -werden: Das wollen wir auch! ( hin und wieder zumindest.)
Ich vermute, dass das Lustvolle am Verführtwerden darin besteht, dass es uns einen Moment lang der Eigenverantwortung enthebt. ("Ich kann ja nix dafür, der Karli , der wollte es doch so.....")

Wie auch immer (und weil wir uns gerade am Steinplatz befinden):
Der werfe den ersten Stein, der meint, ihm könne "sowas" nicht passieren!

Ich denke:
Es kann grundsätzlich jedem alles passieren - in der einen oder anderen rolle...........



Hallo Thomas,
du siehst die Sache weit genug und somit richtig: wir sind nie davor gefeit, durch Worte verführt zu werden!
Und genauso wenig sind wir davor gefeit, selbst die Verführenden zu sein.
Da wir bevorzugt über Worte kommunizieren, ist der Missbrauch derselben alltäglich.
Das ist schon unheimlich.
Deshalb belasse ichs bei bei dem Wort "magier" - "Zauberer" klingt mir in dem Zusammenhang viel zu niedlich!

Wir Sprachgewandten betreiben alle eine gewisse Magie, so wie die Schauspieler; Politiker, Journalisten,.....
Die Frage ist nur: zum Nutzen der anderen oder zu ihrem Schaden?

Und es gehört deshalb für mich nicht in die "Finstere Nacht", weil es am hellichten Tag geschieht, vor useer Augen, immer und immer wieder.

Und der erste Schritt, sehen zu können,was offensichtlich ist, liegt für mich in der Erkenntnis:

Ich bin es auch. Auch ich bin so.

Sehr nachdenkliche Grüße,
larin
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