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Alt 09.08.2011, 17:41   #5
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo, liebe Ida,

jetzt verstehe ich deine Intentionen, und durch die Kenntnis des Hintergrundes auch die Bedeutung des Inhalts. Wenn du diese Worte sozusagen im „Halbschlaf“ aufgeschrieben hast, sind es eigentlich „unterbewusste Eindrücke“ bzw. „Traumbilder“. Diese weisen natürlich nicht die strukturellen Zusammenhänge bewusster Gedankenbilder auf. Als „Versuch“ finde ich das aber durchaus interessant.


Wie du weißt, experimentiere ich selbst und versuche oft etwas „Neues“. Manches gelingt gut, anderes geht „daneben“, aber gelernt wird in jedem Fall. Und um das Lernen geht es doch, nicht wahr?


An einer nächtlichen Lesung in einem Rosengarten würde ich auch gerne teilnehmen, das war bestimmt ein sehr schönes Erlebnis. Gedichte in einer solchen Atmosphäre zu hören, das gab ihnen sicher ein ganz besonderes „Flair“.


Ja, der „Hintergrund“ änderte viel, jedenfalls an meiner Interpretation deines Werks. Einiges davon fand ich zuvor doch recht „rätselhaft“, jetzt hingegen völlig verständlich.


Zitat:
Ich kostete von dir
In einem Rosenhain
Im falschen Sternenschein
Warst du der Ohren Zier


Zitat:
Ich kostete von dir
in einem Rosenhain.
Zu falschem Sternenschein
war Sprache deine Zier.


Ich fragte mich, ob „dir“ ein LD sein könnte, und geriet durch „der Ohren Zier“ durcheinander. Aber wenn es sich um Lyrik handelte und der Rosenhain keine Metapher, sondern einen tatsächlichen Aufenthaltsort darstellte, wird mir natürlich die Bedeutung klar. Ebenso die Lichter und Kerzen als „falscher Sternenschein“. Jetzt gefällt mir dieser Begriff, denn er ist eine interessante Metapher für Kerzenschein. Der nächtliche Anblick vieler Kerzen kann durchaus mit „kleinen Sternen“ verglichen werden.

In der 2. Fassung finde ich die „Sprache als Zier“ besser, da „Ohren“ einfach weniger „lyrisch“ klingt, du verstehst sicher, was ich meine.

Zitat:
Schön war der Worte Klang
Jedoch im Widerstreit
Verging so schnell die Zeit
Dein Feenhauch-Gesang


Zitat:
Schön war der Worte Klang,
jedoch beim Widerstreit
verging im Lauf der Zeit,
dein Feenhauch-Gesang.


Ein Wort, ja, sogar einzelne Buchstaben oder Satzzeichen können erstaunlich viel verändern. Verzeih das etwas „exotische“ Beispiel, das ich anführen möchte, aber es ist sehr gut dafür geeignet:

Johann Wolfgang von Goethe, Götz von Berlichingen und sein „schwäbischer Gruß“:


„Vor Ihro Kaiserliche Majestät hab ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag's ihm, er kann
mich im Arsche lecken!“ – Nun, das hierbei entstehende „Vorstellungsbild“ ist ziemlich „drastisch“ und eher „Igitt“, nicht wahr?

Hier die „entschärfte“ Version, die sich im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt hat:


Leck mich am Arsch!“ – Der gravierende Unterschied liegt in der Vorstellung, die sich hier ergibt: am, nicht im. Sehr viel harmloser, und eher belustigend als „Pfui Teufel“. Ein einziger Buchstabe ändert die Aussage und das ganze Bild …

„Im“ Widerstreit lässt sich eher als eine Art „innerer Konflikt“ verstehen, wogegen „beim“ Widerstand klar wird, dass „der Worte Klang“ gemeint ist. Was du in deiner Antwort beschrieben hast: Der „Widerstreit“ so unterschiedlicher Themen wie „Liebe“ und „Ablehnung“. Deshalb mein Beispiel zur Anschauung. Für mich persönlich unterstreicht das die Wichtigkeit, auch über die Wahl einzelner Worte oder Buchstaben gut nachzudenken, denn der aus ihnen resultierende „Effekt“ kann größer sein, als man allgemein annimmt.


Zitat:
Wie Feuer und wie Wasser
Als Liebender und Hasser
Das Dunkel war erhellt



Zitat:
Den Liebenden und Hasser
trifft Feuerhauch und Wasser,
die Weichen sind gestellt.


(Mit Feuerglut und Wasser
war Liebendem und Hasser
die Dunkelheit erhellt. – Nur als Beispiel, das wäre mein Vorschlag gewesen.)

Ja, Feuer und Wasser, Liebender und Hasser, das sind die „Gegensätze“, die sich jedoch auch „anziehen“. Schließlich kann man nicht hassen, ohne zuvor geliebt zu haben; und Feuer sowie Wasser sind ohnehin das konträre Prinzip schlechthin.

Im Kerzenschein Shakespeares Sonetten zu lauschen, noch dazu umgeben von Rosenduft, das kann die Dunkelheit erhellen, ja …

Zitat:
Die Rosenblätter fielen
Entfernt von meim Fühlen
Wie Wind davon geschnellt


Zitat:
Die Rosenblätter fielen,
sie sind mit den Gefühlen
im Wind davon geschnellt.


(Die Rosenblätter fielen,
mit ihnen auch mein Fühlen;
wir schwebten durch die Welt. – Mir gefiel das „Schnellen“ von Rosenblättern nicht so sehr, ich fand „schweben“ atmosphärisch stimmiger.)

Hier muss ich Faldi ein klein wenig „korrigieren“: Nach „fielen“ gehört in seiner Version ein Semikolon oder ein Punkt.

Deine Gründe, weshalb du dein Original gerne behalten möchtest, verstehe ich natürlich. Betrachte meine Ausführungen als Anregungen.

Damit mein Kommentar nicht „lehrerhaft“ wirkt – das geschieht leider dann und wann, selbst wenn ich es ganz anders meine – möchte ich ein „Schlusswort“ hinzufügen:

"
Wissen ist das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt." (Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach, 1830 - 1916)

Ich werde Inspiration 2 noch kommentieren, sobald ich mich „eingelesen“ habe. Dort möchte ich gerne „unbeeinflusst“ heran, um zu sehen, was ich „herausfinde“.

Gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
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