Thema: Die Sonne
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Alt 17.12.2012, 23:00   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo Christian,

ich habe die Verse mal sortiert, denn dieser "Klotz" wirkt auf den ersten Blick doch recht prosaisch.
Wenn man die Strophen in diese Form bringt, entsteht m. E. erst das Verständnis für den lyrischen Text.

Die Sonne weckt in aller Frühe
und vertreibt des Morgens Kühle.
Sie kommt aus dem Versteck hervor,
vertreibt die Schatten aus dem Moor,
Streicht zärtlich über feuchte Wiesen,
lässt Blumen, Bäume, Gräser sprießen
Und rüttelt mich aus meinem Schlafe,
ich mach die Fenster zu zur Strafe,
Damit ich wieder weiter schlafe.

Diese erste Strophe ist eigentlich gar nicht übel, obwohl ich eigentlich nicht weiß, was die "Strafe" hier zu suchen hat, außer daß sie sich auf Schlafe reimt.
Wem macht der Protagonist das Fenster also zur Strafe zu?
Der Sonne etwa?
Ich glaube nicht, daß die das in irgendeiner Weise tangiert.

Als ich um zwölf Uhr aufgewacht,
die Fenster wieder aufgemacht,
Verbirgt sie sich nun mir zum Trotze
hinter dem grauen Wolken Klotze,
Der leider nicht so Schnell verschwand
und sich als Klotz ans Beine band.

Hier finde ich die Einleitung nicht sehr gelungen, da es sich bei den ersten beiden Zeilen um unvollständige Sätze handelt, in denen jeweils das notwendige Hilfsverb fehlt. Das kann man einmal machen und sich mit einer gehobenen lyrischen Sprache rausreden, doch zwei Mal hintereinander wirkt es eher unbeholfen.
Außerdem muss es in Zeile 3 "verbarg" heißen, weil sich die ganze Strophe in der Vergangenheitsform darstellt.
Wobei der Tempuswechsel zu Strophe 1 nicht wirklich nachvollziehbar ist, spielt diese doch in der Gegenwart.

Am Abend, der Himmel endlich frei,
war´s mit dem Sonnenschein vorbei,
Die letzten Strahlen im Geäste
waren im Herzen mir ein Feste
die Vögel sangen ihre Lieder,
der Schein der Sonne warf sich nieder,
auf die dunkle ruhige See
und auf die Gipfel bedeckt mit Schnee.

"Am Abend, der Himmel endlich frei...", sag ehrlich, was ist das für ein Deutsch? Nicht besonders gut, nicht wahr?
Ein kleiner Widerspruch steckt dann in der dritten Zeile. Wenn es mit dem Sonnenschein vorbei war, wo kommen dann die letzten Strahlen her? Ist das kein Sonnenschein mehr, wenn auch ein ziemlich schwacher?
Der Rest der Strophe klingt ziemlich bemüht zusammen gewürfelt.

In Rosa getaucht war nun das Land,
die Sonne in dem Festgewand,
sich doch noch prachtvoll präsentierend
und über die Welt triumphierend,
verschwand erneut hinter den Bergen.
Der Tag weicht der Nacht und die Sonne den Sternen.

Auch hier wird der Widerspruch noch einmal deutlich sichtbar. In der Strophe davor steht eindeutig, mit dem Sonnenschein war es vorbei, doch hier präsentiert sie sich wieder prachtvoll im Festgewand.
Wenn sie über die Welt triumphieren würde, verschwände sie wohl nicht hinter den Bergen, was ja so auch nicht stimmt, weil der Tag zwar der Nacht weicht, die Sonne aber nicht den Sternen, ganz bestimmt nicht.
Die Sonne geht ja auch nicht im eigentlichen Sinne auf oder unter, sondern die Erde dreht sich um die eigene Achse und somit liegt eben immer eine Seite im Sonnenlicht und die andere nicht, natürlich im fließenden Übergang der Rotation.

Zitat:
Wäre dir sehr verbunden wenn du mir sagen würdest ob es einfach grottenschlecht ist oder ob man es verbessern könnte und wie.
Hm, ich würde sagen, hier stecken noch sehr viele Anfängerfehler drin.
Auch inhaltlich gibt der Text nicht viel Neues her, obwohl natürlich die Idee erkennbar ist.
Ob es sich lohnt, daran herum zu bessern, musst du selbst entscheiden.
Meines Erachtens kannst du das als Versuch und Erfahrung abhaken, wie man es besser nicht machen sollte.

Ich will dich nicht entmutigen, aber du hast nach einer Meinung gefragt und ich wollte ehrlich zu dir sein. Das ist noch nicht so dolle.
Wenn ich etwas anderes behauptete, würde dir das wahrlich nicht weiter helfen.


Trotzdem gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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