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Alt 25.06.2011, 00:15   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hi Blaugold,

ich glaube, hier liegt ein kleines Missverständnis vor, denn der Text will keineswegs eine fatale Weltsicht vermitteln.
Auch die Beantwortung deiner Fragen würde uns am eigentlichen Thema vorbeiführen, denn es geht hier nur am Rande um die Sünden, auch nicht darum, warum sie entstehen oder wie man sie aus der Welt schafft. Sie dient lediglich als Mittel zum Zweck.
Deshalb ist dies auch im Text nicht dargelegt.

Die Sünde ist ein religiöser Begriff der in den monotheistischen Religionen zu finden ist, denen ich auch gerne die nähere Definition überlasse.

Augustinus schreibt in aller Offenheit gleich zu Anfang seiner Bücher "De libero arbitrio" :

"Movet autem animum, si peccata ex his animabus sunt, quas Deus creavit, illae autem animae ex Deo; quomodo non parvo intervallo peccata referantur in Deum."
[Folgende Frage beunruhigt mein Gemüt: wenn die Sünden von jenen Seelen herstammen, welche Gott geschaffen hat, jene Seelen aber von Gott herstammen, wie ist es anders möglich, als daß die Sünden mittelbar auf Gott zurückfallen.]

Darauf baut das erste Quartett auf, denn die Christen sagen ja, daß jede Seele von Gott komme, aber von Geburt an mit Erbsünde behaftet sei.
Wenn die Seelen nun von Gott kommen, die Sünden aber von den Seelen, dann ist der einzig logische Schluss daraus, daß Gott auch der Urheber der Sünden ist.

Im christlichen Gebet "Vaterunser" heißt es "Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden."
Gott wird als der Allmächtige bezeichnet, ohne dessen Willen nichts geschieht.
Die Sünden, also die Verfehlungen der Gläubigen, geschehen aber nun mal und zwar an jedem Ort und zu jeder Zeit.
Wenn also Gottes Wille geschieht, die Sünden aber auch, dann wäre hier der logische Schluss, daß Gott entweder auch die Sünden will oder wenn er es nicht will und sie geschehen trotzdem, er nicht allmächtig wäre.
Das ist die Aussage des zweiten Quartetts.

Das erste Terzett sagt aus, daß, wenn man vom Glauben ausgeht und Gott allmächtig ist, alles nun auch so geschieht, wie es nach Gottes Willen auch geschehen soll, wie im Himmel so auf Erden (s.o.).
Die Frommen aber versuchen die Sünden zu bekämpfen und ihre Weltanschauung zu verbreiten, indem sie missionierend tätig werden, um das Seelenheil der Ungläubigen zu retten, indem sie ihnen zeigen, wie sündhaft sie doch seien.

Kommen wir zum zweiten Terzett und der Conclusio:

In der Theologie ist immer wieder vom Zorn Gottes die Rede, der die armen Sünder treffen wird.
In der Bibel aber steht geschrieben: Alles, was er (Gott) will, bewirkt er.
Wenn er also die Sünden will, wird er sie auch folglich bewirken, denn wenn er sie nicht wollte, so würde er ohne Zweifel alle Schandtaten mit einem Wink aus der Welt verbannen (hier wehen) und vernichten, denn wer könnte schon dem göttlichen Willen widerstehen?
Wie sollten Verbrechen gegen seinen Willen begangen werden, wenn Gott nicht bei jeder sündigen Handlung dem Verbrecher die Kraft dazu verleiht?
Und wenn ein Mensch gegen den Willen Gottes handelt, so ist also Gott schwächer als derjenige, der sich ihm widersetzt und ihn besiegt.
Daraus ergibt sich der logische Schluss, daß Gott die Welt so will, wie sie ist, denn wenn er eine bessere wollte, dann hätte er eine bessere.

Und jetzt kommen wir noch zum Titel:

Wir ich schon oben erörterte, wenn Gott die Sünden also nicht will, wie uns die Religion weiszumachen versucht, sie aber trotzdem geschehen, so muss er entweder für nicht vorausschauend oder nicht für allmächtig oder grausam erklärt werden.
Da aber dieser Gott lediglich das fantastische Produkt ideologisch verklärter Geister ist, folgt daraus, daß dies nur ein grausames Spiel mit einer verlogenen Moral ist, die sich nicht davor scheut, mit Belohnung und Strafe im Jenseits zu locken oder zu drohen.
Denn moralische Handlungen, die aus dieser Weltanschauung resultieren, sind erzwungen und erfolgen damit aus rein egoistischen Motiven und aus keinerlei Einsicht heraus.
Das ist nichts anderes, als geforderter und blinder Gehorsam. Was für ein sklavisches Dasein.

Leider hat dieser Unsinn seit mehr als zwei Jahrtausenden Tradition und wirkt auch heute noch in den verschiedenen Religionen.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß Religion auf ewig das bleibt, was sie schon immer gewesen ist: Die Philosophie für das gemeine Volk.

Das wissen auch die Funktonäre nur zu genau.
Und zu früheren Zeiten hätten mich solche Aussagen direkt in die Arme der Inquisition getrieben, denn welche Macht lässt es sich schon gefallen, daß ihr die moralische Grundlage entzogen wird und sie als Paradoxon entlarvt wird.

Und welche Sünde hat sie jemals verhindert? Welchen Mord, welche Schandtat, welchen Krieg? Nicht eine einzige, sie hat im Gegenteil viel Leid über die Menschen gebracht.

So sehe ich das jedenfalls...


Hallo wolo,

ich würde dich bitten, auch meine Antwort an Blaugold zu lesen, denn du nimmst die kritisierte Aussage aus dem Gesamtzusammenhang heraus.

Die Frommen sind diejenigen, die die Sünden verurteilen und am liebsten aus der Welt schaffen würden.
Das propagieren sie ganz laut, man muss nur einmal die Reden der Pfaffen jeglicher Konfessionen näher betrachten.
Sie wollen dich missionieren und zu ihrer Weltanschauung bekehren, denn alles andere ist falsch, sündig und gegen Gottes Wille.
Daß es das aber nicht ist, habe ich soeben im o.a. Beitrag anschaulich dargelegt und somit das Paradoxon der religiösen Moral demaskiert.
Das aber wollen sie nicht wahrhaben.

Kommen wir zur formalen Kritik:

M. E. wird "angeblich" auf keinen Fall auf der ersten Silbe betont. Also ich habe es zumindest immer angeblich, also xXx ausgesprochen.

Bei "herstammen" gebe ich dir grundsätzlich Recht und ich hatte lange überlegt, ob ich stattdessen nicht "entstammen" nehmen sollte, wo es eindeutig ist, was aber nicht ganz das aussagt, was ich meinte.
Schließlich habe ich mich für "herstammen" entschieden, weil ich dies m. E. hier trotzdem gut vertreten kann.
Es gibt in der deutschen Sprache, wie schon an anderer Stelle erwähnt, weder drei unbetonte, noch zwei betonte (in der Regel) Silben hintereinander.
So gibt es also auch keine drei betonten Silben hintereinander, denn wenn drei gleichberechtigte Silben (hier Gott- her - stamm...) aufeinanderfolgen, so wird die mittlere Silbe entweder bei unbetonten leicht betont oder aber bei betonten leicht abgesenkt. Das ergibt der natürlich Sprachrythmus.
Das geht gar nicht anders, weil "Gott" an dieser Stelle auf jeden Fall betont werden muss.

Ich habe jedenfalls keinerlei Schwierigkeiten, daß so im Jambus zu lesen und zwar ohne daß ich es mir zurechtbiege.
Es klingt ganz natürlich:

mit allem anderen von Gott herstammen.

xXxXxXxXxXx

Sonst dürfte man auch die letzte Silbe von "anderen" nicht leicht betont lesen.
Wie aber willst du das jetzt anders betonen?

Vielleicht so? xXxXxxxXXxx oder so? xXxXxXxXXx

Das glaube ich nun wirklich nicht...


Ich bedanke mich ganz herzlich für eure Kommentare und die Kritik...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


PS:

@Blaugold

Oh, ein Album von den ehemaligen 10cc-Mitgliedern Creme and Godley, welches ich noch nicht kenne. Ich werde mich darum bemühen, weil ich diese Truppe gern mochte.

"In nature, there are neither rewards nor punishment - there are only consequences"
[In der Natur gibt es weder Belohnung noch Bestrafung, sondern nur Konsequenzen (also zwingende oder mögliche Folgen bzw. Auswirkungen)]

Das halte ich für richtig, denn das ist durch den Satz vom zureichenden Grunde beweisbar.
Jedes Sein oder Erkennen kann und/oder soll in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden.
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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