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Alt 18.06.2011, 15:43   #17
Blaugold
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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So, wie in dieser Diskussionsrunde zu lesen ist, gibt es vor allem über Begrifflichkeiten unterschiedliche Ansichten: Seele, Ich, Bewusstsein, Wissen, Erkenntnis etc.
Wie schon fast alle Denkmodelle zuvor, versucht der fragende Mensch eher Antworten von "dort" zu finden, als vom Naheliegendsten.
So, wie ich u.a. Schopenhauer auch verstehe, sollte zunächst der "Massstab", der zum Erkennen herangezogen wird untersucht werden.
Unter Massstab ist natürlich nichts anderes zu verstehen, als die (beschränkte) Fähigkeit des Gehirns und dessen "Software", das Denken - dazu gehört auch der Vorgang der Vorstellungen, der Fantasie, des Glaubens usw.
Schon der Begriff "Bewusstsein" meint im Grunde nichts anderes, als nur, sich eines Wissens klar zu sein! Oder: Ich bin das/mein Wissen.
Ich denke, also bin ich, setzt somit voraus, dass das eigene Denken erkannt wird (nichts anderes!!) und der Denker leitet daraus den Fakt des Existierens, bzw. des eigenen Seins ab. Soweit ok. Doch existiert deshalb ein Mensch nicht, wenn er dieses Bewusstsein nicht hat? Zuvor wurde schon dargelegt, dass Kinder ein ICH-Bewusstsein erst entwickeln müssen - nebenbei bemerkt, dieses ICH ist wohl erst im Laufe der Evolution im Mensch entstanden (vielleicht auch in diesem oder jenem Tier, z.B. in Delfinen, möglich).
Das ICH im Gehirn nahm also im Laufe der Jahre mit jeder Generation an Voraussetzungen zu, sich Gedanken über alles Mögliche zu machen und zu fragen! Da ist als bestes Beispiel eben ein Kind zu nennen, wenn es im "Fragealter" die Welt gedanklich begreifen möchte. Es ist kein Zufall, dass just in dieser Entwicklungsstufe des Kindes auch das ICH, das Ego herausgebildet wird, man denke nur an das Trotzalter, das parallel zur ICH - Entwicklung stattfindet: das bis dato in einer gewissen Symbiose vor allem mit der umgebenden mütterlich-beschützenden Umgebung sich entwickelnde Kind bekommt nun einen Willen zur Autonomie, um sich davor abzugrenzen. Erst jetzt begreift sich der junge Mensch als Individuum und fragt nach dem "Du".
Das "Du" ist somit alles, was als Welt um das ICH herum wahrgenommen wird.
Ich hab ein wenig ausgeholt, um das Wesen des Bewusstseins in der Wortbedeutung zu erläutern. Oft meinen wir damit aber etwas anderes.

Was, wenn der Denker nun aber nicht das „Du“ hinterfragen würde, also jede Art von Physik, Chemie, Philosophie, Religion und dergleichen, sondern, ob es etwas „hinter“ dem ICH gibt?
Denn das ist genauso „gemacht“, wie jede andere Gedankenkonstruktion!
Das wurde auch schon in diesem Faden zuvor angemerkt.
Eine abstruse Vorstellung ist für mich, dass es ein Weiterleben mit allem, was in diesem Ich und deshalb im Gehirn erzeugten „Illusionen“ ohne eben dieser „Hardware“ geben soll!
Das Gehirn ist im Grunde nichts anderes, als ein biomechanischer Computer. Damit werte ich dieses Wunder der Natur keineswegs ab, ich stelle jedoch das, was mit „Bewusstsein“ eigentlich wirklich gemeint ist um einiges höher!
Ist dieses anders gemeinte Bewusstsein nicht das, was allgemein als Spirit, Geist, Essenz, Göttlichkeit, Odem, Athma bezeichnet wird? Ich denke, ja.
Das ist unsterblich, denn es hat mit dem Gehirn nichts zu tun; wohlgemerkt, es kann auf das Gehirn „zugreifen“, doch das Gehirn kann nicht wirklich etwas erzeugen, das unsterblich ist.
Insofern werden alle Informationen nach dem Tod gelöscht, denn sie sind nur im Gehirn gespeichert, solange dieses „am Leben“ ist. Vergleich: Alle Infos auf der Festplatte sind weg, wird sie total zerstört. Das ist eine Tatsache. Und doch hat ein PC niemals Geist!! Lernen kann also nur auf dieser Ebene des Materiellen (Hirn) vollzogen werden. Geist ist vollkommen, kann, muss, braucht nichts zu lernen, um zu bestehen.
Geist hat allerdings auch nicht jenes „Bewusstsein“, das wir allgemein als „Wissen“ verstehen (s.oben.) Als unvergängliches Sein ist es sich selbst auch nicht zu einer Entwicklung, zu einem Werden verpflichtet, wie es die Neugier oder der materiell-biologische Lebenstrieb nötig hat!

Abschliessende Fragen: Wenn das Inividuum, der Mensch mit allen seinen Antrieben, Bedürfnissen und nach höherstrebenden Erkenntnissen unstet in der Welt der vergänglichen Dinge (dazu zählt auch die Philosophie) auf jede gefundene Antwort neue Fragen konstruiert – was will er denn schlussendlich wissen, wo doch alles Weltliche irgendwann sowieso das zeitlich unverrückbare Ende nach sich zieht?
Warum will das z.B. ein Kind vor der ICH-Entwicklung gar nicht wissen?
Kennt Ihr das Beispiel, wo sich ein Kind kurz nach der Individualisierung die Augen beim Verstecken spielen zu hält, weil es glaubt, sehe Ich die Welt nicht, sieht sie mich auch nicht?
Ein echtes Problem dabei ist, dass das Kind, solange es sich die Augen zu hält, niemals auf den Gedanken kommt, es könnte anders sein!
Kommt es auf den Gedanken, macht es nie wieder die Augen zu, nur um sich zu verstecken, oder?

Warum suchen wir Antworten auf unsterbliche Fragen in der Welt des Vergänglichen? Ist das nicht genauso naiv (und nicht Erfolg versprechend) wie folgendes Geschichtchen:
Ein Mensch wird gefragt, warum er stundenlang mitten in der Nacht, auf den Boden blickend unter einer Strassenlaterne suchend auf und ab geht. Er suche seinen Haustürschlüssel. Ob er auch sicher sei, ihn auch genau an der Stelle verloren zu haben? Nein. Warum er dann überhaupt so lang genau da suche? Weil es nur da hell ist!


Blaugold
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