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Alt 08.08.2011, 19:27   #2
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Guten Abend, lieber Galapapa,

zunächst möchte ich sagen, dass du eine ansprechende Geschichte geschrieben hast. Die Schilderung des bäuerlichen Lebens, so, wie es früher war, hast du sehr schön dargestellt, wirklich.

Auch die Erkenntnis, wie sich der Anlass größter Angst (die Spinne) von einer "Bedrohung" zu einem "Segen" wandelt, ist sehr anschaulich. Ja, so manches, wovor wir uns fürchten, kann auch etwas "Gutes" sein. Gerade Spinnen sind ja Nützlinge - ich hatte auf meinem Balkon die Pflanzen voller winziger Fliegen, die Blätter verklebten regelrecht. Dann ließ sich eine Spinne nieder und bekam (absolut wahr!) Nachwuchs. Ich ließ sie, und nach ein paar Wochen war keine einzige Fliege mehr übrig. Die Pflanzen haben sich alle gut erholt. So kann es auch sein, nicht wahr?

(Das einzige Problem waren unzählige kleine Spinnennetze, aber ich widerstand jeder Staubwedelversuchung und ließ sie hängen.)

Nur - nun ja - formal ist doch einiges nicht so ganz stimmig, ich versuche, es dir aufzuzeigen:

Zitat:
Der Tod einer Spinne

Es geschah an einem dieser heißen Tage Anfang Juli. Die Temperatur war auf weit über dreißig Grad angestiegen und am Horizont im Westen hatten sich riesige Kumulusberge aufgetürmt. An ihnen konnte man erkennen, wie der Sommertag wohl enden würde.
Die Heuernte war nach einem verregneten Juni noch voll im Gange. Überall konnte man das trockene Gras riechen und diesen wundervollen Sommerduft einatmen.
Auf einer der großen Baumwiesen zwischen Dorfrand und Wald arbeitete eine Frauim langen, dunklen Kleid und (entweder: blauem Schurz, oder: blauer Schürze) in der sengenden Nachmittagssonne. Anfang der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts pflegten die Bäuerinnen und Mägde sich noch so zu kleiden, ganz gleich, ob sie im Stall, am Herd oder auf dem Feld arbeiteten.
Einen Moment lang hielt die Frau inne und zog aus einer der Rocktaschen ein großes, blaues Taschentuch, um sich den Schweiß abzuwischen. Nicht nur das Kleid klebte am ganzen Körper, auch die nassen Haare am Kopf unter einem breitrandigen Strohhut.
Zu gern hätte sie eine Pause gemacht, sich ins frische Heu unter einen der Apfelbäume gesetzt, doch der Blick nach Westen ließ sie eilends weiterarbeiten. Die Wolken waren inzwischen bedrohlich schwarz geworden und zu einer mächtigen Wand angewachsen.
Der Bauer, sein halbwüchsiger Sohn und seine beiden älteren Schwestern waren mit der Magd des Hofes auf die beiden anderen Wiesen geeilt, um auch dort das Heu auf den nahenden Regen vorzubereiten. Dazu wurde es zunächst auf Wälle gerecht. Aus diesen Wällen heraus bildete man dann Heuhaufen, halbmannshoch, was bewirkte, dass nur die Oberfläche dieser Schochen nass wurde. Im Inneren blieb das Heu trocken. Nach dem Regen verteilte man das getrocknete Gras dann wieder auf die ganze Wiese, so dass die Sonne Feuchtgewordenes schnell abtrocknen konnte.
„Schade“, dachte die Bäuerin, „das war so schön dürr, das hätten wir morgen in die Scheune bringen können.“
Die Qualität des Heues hing sehr davon ab, wie schnell es getrocknet war und wie oft es darauf geregnet hatte. An der Farbe konnte man die Güte ablesen; verregnetes Heu war gelblich braun, bestes Heu war grün.
Alle zusammen hatten sie die Wälle gerecht, die Bäuerin blieb schließlich allein zurück, um die Heuhaufen aufzutürmen, während Bauer, Magd und Kinder sich an die zweite Wiese etwas entfernt am Waldrand machten.
Schon am Abend zuvor hatte der Bauer seine Stirn gerunzelt und sich nachdenklich am Kopf gekratzt, als er in den Himmel schaute. Lange, dünne Wolkenstreifen, an der Spitze hakenförmig gebogen, waren erste Vorboten der nahenden Front gewesen. Am Morgen dann hatte sich die ungünstige Entwicklung des Wetters abgezeichnet. Es war zunehmend schwül geworden und sowohl die hochfliegenden Schwalben als auch die ersten Wolken am Horizont zeigten die nahende Gewitterfront an.
Das Unwetter zog schneller heran, als gedacht. Der halbe Himmel war nun schon mit schwarzen Wolken bedeckt und ein fernes, dumpfes Grollen trieb die Frau zu noch schnellerem Arbeiten an.
Endlich, der letzte Schochen war aufgeschichtet und nun musste sie nur noch das, was von den Wällen im Gras liegengeblieben war, zusammenrechen und oben auf die Haufen legen.
Zuerst war es unheimlich still geworden, auch die Lerche über dem nahen Weizenacker war verstummt. Nur das immer lauter werdende Donnern war ab und an zu hören. Die Bäuerin rechte gerade das letzte Heu zusammen, als die ersten Windböen das Unwetter einleiteten.
„Hoffentlich sind die drüben auch fertig geworden“, dachte sie, den ängstlichen Blick zum Himmel gerichtet.
„Na ja, die sind bestimmt jetzt auch auf dem Heimweg.“
Sie nahm ihren Rechen auf die Schulter und stapfte eilends los, denn die ersten, dicken Wassertropfen hatten sie getroffen.
Ein gewaltiger Donnerschlag ließ sie zusammenzucken: „Da komm ich nie und nimmer trocken heim“, dachte sie und begann zu rennen.
Es war einer dieser gewaltigen Blitze, der den wolkenverdunkelten Tag grell erhellte und dem ohne Pause ein ohrenbetäubender Donnerschlag folgte, der die Frau vor Schreck innehalten ließ.
Inzwischen war ein mächtiger Sturm losgebrochen, der Regen hatte sich in einen Wolkenbruch verwandelt und ihr Strohhut flog, als sie auch nur für einen Moment die Hand vom Kopf nahm, unerreichbar davon.
Die Frau war bereits klatschnass, als ihr die kleine Hütte unter einem großen Wildkirschenbaum einfiel. Sie bog im Eilschritt nach rechts ab und rannte den Hang hinunter, bis sie wenig später bei dem Hüttchen ankam.
Es war zwar mehr ein Bretterverschlag, hatte aber ein Dach mit richtigen Ziegeln. Die Tür war nur mit einem Holzriegel verschlossen; drinnen war es ziemlich dunkel, denn es gab kein Fenster. Die Frau ließ die Tür offenstehen, um etwas Licht zu haben und lehnte ihren Rechen an die Wand. Ein Brett quer über zwei Holzklötzen bot ihr eine willkommene Sitzgelegenheit. Die von Angst Gehetzte war völlig außer Atem und bis auf die Haut nass. Ihr vornübergebeugter Körper bewegte sich beim Schnaufen auf und ab.
Sie erhob ihr Gesicht aus den Händen und lauschte. Zu den Geräuschen des sturmgepeitschten Regens gesellte sich ein unregelmäßig wiederkehrendes „Klack“, immer lauter und öfter.
Die Bäuerin bekreuzigte sich und in dem inzwischen ohrenbetäubenden Prasseln ging ihr Flüstern unter: „Oh Gott, Hagel!“
Sie schaute sorgenvoll zum Dach hinauf, als ein Blitz für einen Augenblick das Innere der Hütte grell beleuchtete. Über ihrem Kopf, nur einen halben Meter entfernt, erkannte sie in diesem Bruchteil einer Sekunde eine große Spinne, die dort in ihrem Netz hing.
Die Bäuerin hatte eine ungewöhnlich stark ausgeprägte Spinnenangst, so dass ihr bei diesem Anblick das Herz vor Entsetzen beinahe stehen blieb. Den explosionsartigen Knall des Donners, der dem Blitz folgte, nahm sie gar nicht mehr wahr. Als hätte sie den Leibhaftigen gesehen, begann sie laut zu schreien, packte ihren Rechen und rannte hinaus ins Unwetter.
Sie spürte weder den Hagel, der sie an den Armen und am Kopf traf, noch den Regen, der ihr ins Gesicht peitschte, sie schrie und rannte um ihr Leben.
Die völlig verängstigte Bäuerin war noch nicht weit gekommen, als ein weiterer gewaltiger Blitz sie blendete. Gleichzeitig mit dem grellen Licht betäubte ein Donnerschlag ihre Ohren. Sie wusste, der musste ganz in ihrer Nähe eingeschlagen sein, irgendwo hinter ihr.
Sie drehte sich im Lauf um und hielt dann für einen Augenblick inne. Was sie sah, sollte sie noch lange in ihren Träumen verfolgen und ihr das Leben lang im Gedächtnis bleiben: Der große Kirschbaum war in der Mitte gespalten und die Hälfte, die noch stand, brannte lichterloh, ebenso, wie das Hüttchen, das sie eben verlassen hatte.
Die Frau begann laut zu schluchzen: „Lieber Gott, lass mich lebend heimkommen! Ich bitte Dich, lieber Gott!“ Dabei zum Himmel hinauf zu schauen traute sie sich nicht, stattdessen rannte sie weiter und blickte sich nur noch ein einziges Mal um. Sie sah, wie das kleine Dach der Hütte in sich zusammenfiel und in den Flammen verschwand.
Völlig außer Atem kam sie schließlich ohne ihren Rechen zuhause an und fiel laut schluchzend dem Bauern in die Arme.

Es hat eine ganze Zeit gedauert, bis die Bäuerin sich von diesem Schrecken erholt hatte und erzählen konnte, was ihr widerfahren war. Mit bleichen Gesichtern hörten die Angehörigen, wie nahe die Frau dem Tod gewesen war. Ein paar Tage später geschah dann etwas sehr Eigenartiges:
Es kam, wie nicht anders zu erwarten, zur ersten Begegnung der Bäuerin mit einer Spinne seit jenem schlimmen Ereignis.
Das Tier saß, recht groß und haarig, in einer Ecke an der Decke der Stube. Die Frau stand zunächst wie erstarrt, aber kein Laut entwich ihrem Mund.
Niemand hat gesehen, wie sie sich langsam entspannte und ganz allmählich ein Lächeln in ihr Gesicht zog. Sie wischte sich die Tränen mit dem großen, blauen Taschentuch ab, während sie sachte rückwärts zur Tür ging.
Nie wieder hat sie sich beim Anblick einer Spinne erschreckt und niemals mehr einem dieser Achtfüßer etwas zuleide getan.
Lieber Galapapa, ich hoffe sehr, dass du mir jetzt nicht böse bist, wenn ich die leider sehr häufigen Wiederholungen markiert und an ein paar Formulierungen ein wenig „gefeilt“ habe.

Es ist eine sehr schöne Geschichte, und sie gefällt mir wirklich gut, vielleicht stören sie mich gerade deshalb doch etwas.

Da ich keine Expertin in Sachen Prosa bin, sondern nur im Laufe der Zeit sehr viel gelesen habe, kann ich nur versuchen, dir meine Gedanken mitzuteilen.

Die lila Farbe steht für grammatikalische Korrekturen, alle anderen Farben jeweils für eine bestimmte Wiederholung.

Wenn du erlaubst, möchte ich gerne ein paar Vorschläge machen, wie du die Wiederholungen etwas reduzieren könntest.

Denkst du nicht auch, dass es vielleicht besser wäre, ein paar „Varianten“ mehr zur Verfügung zu haben? Anstatt „die Bäuerin“ und „die Frau“ gäbe es auch noch „die Landwirtin“. Eventuell könntest du ihr am Anfang der Geschichte auch einen Namen geben? Dann stünden dir bereits 4 Möglichkeiten offen, wo es momentan nur 2 gibt.
Das könntest du nach ihrem ersten „Auftritt“ ganz unauffällig „einflechten“.

In der (ungefähr) ersten Hälfte deiner Geschichte gelingt es dir gut, „die Bäuerin/Frau“ innerhalb der Sätze zu erwähnen und die Satzanfänge zu variieren. Leider beginnst du danach recht häufig einen Satz damit. Wenn du vielleicht ein bisschen „umstellst“?

„Hätte/hatte/hat“ kommt zwar auch nicht selten vor, aber ich denke, es bewegt sich „im Rahmen“. Das größte Problem ist meines Erachtens nach das Verb „war“.

Aber glaube auf keinen Fall, dass ich die Geschichte nicht gerne gelesen oder keinen Gefallen an ihr gefunden hätte! Es sind eben die verflixten Wiederholungen, die mir leider gleich auffielen.

Es sind natürlich im Ganzen zu viele, um sie so einfach korrigieren zu können, eigentlich müsste deine Erzählung wohl umgeschrieben werden. Deshalb mache ich meine Anmerkungen eher im Hinblick auf künftige Geschichten von dir (die ich sehr gerne lesen werde! ).

Ich weiß von meinen Gedichten selbst sehr gut, wie leicht man beim eigenen Werk „betriebsblind“ ist und so manches einfach übersieht. Selbst nach mehrmaligem Lesen fällt etwas nicht auf, was ein anderer prompt sofort bemerkt …

Deshalb möchte ich zum Abschluss festhalten: Es ist eine sehr anrührende und schöne Erzählung, und ich hoffe, dass ich mich auf Weitere aus deiner Feder freuen kann.

Gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
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