Thema: verzehren
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Alt 13.05.2014, 15:14   #4
Narvik
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo Walther,

ich habe mich eine Weile intensiv mit Gedankenlyrik beschäftigt.
Sie setzt sich mit gedanklich-weltanschaulichen Inhalten erlebnishaft auseinander. Diese Art der Lyrik verbindet die philosophische Gedanklichkeit der Lehrdichtung mit dem Gefühlsinhalt der Erlebnislyrik und führt damit zum gedanklichen Erlebnis. Die Gedankenlyrik bevorzugt antike bzw. traditionelle lyrische Formen wie das Epigramm, Ode, Sonett, Elegie und Hymne. Jedoch nicht nur formal, auch inhaltlich entspricht die Gedankenlyrik der Epoche der Klassik, weil deren Hauptthemen Ideal und Wirklichkeit, Moral und Vernunft, Kunst und Natur, Geschichte und Gegenwart in solchen Gedichten am angemessensten lyrisch zu gestalten sind.

Ich möchte einige Beispiele stellvertretend für Gedankenlyrik benennen:

„Prometheus“; „Gesang der Geister über den Wassern“; „Das Göttliche“ von Goethe;
„Unter den Alpen gesungen“ von Hoelderlin;
„Nur zwei Dinge“ von Gottfried Benn;
Und als Höhepunkt der Gedankenlyrik die so genannten philosophischen Gedichte Schillers u. a. „Die Götter Griechenlands“; „Das Ideal und das Leben“; „Der Spaziergang“; „Die Künstler“; (und natürlich nicht zu vergessen „die Sprüche des Confuzius“)

Wenn du das zur Diskussion gestellte Gedicht als „Gedankenlyrische Collage“ bezeichnest, dann erhärtest du damit meine Vermutung, dass es sich hierbei allenfalls um einen Versuch handeln kann.
Leider ist der Hinweis auf deine Poetologie in einer Literaturzeitschrift hier nicht sachdienlich, da ich darauf keinen Zugriff habe.

Es mag sein, dass ich nicht genau genug gelesen habe, aber hast du mal in Betracht gezogen, dass schlicht deine Verse nicht in der Lage sein könnten, die Intention des Autors dem Leser zu vermitteln?

Da ich lange Zeit abwesend war, habe ich mich gründlich durch dieses Forum gelesen und dabei ist mir aufgefallen, dass es vielen deiner Gedichte an Seele mangelt. Nicht dass ich ihnen die handwerkliche Kunst absprechen möchte, aber sie wirken kalt und künstlich konstruiert, eben wie Collagen, die zusammengesetzt wurden und dann doch nicht wie aus einem Guss wirken.

Natürlich kann ich hier nur meinen subjektiven Eindruck vermitteln, aber mehr kannst du auch nicht von mir erwarten.

Herzliche Inselgrüße

Narvik
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Nur der fröhliche Mensch allein ist fähig, Wohlgefallen am Guten zu finden. (Kant)
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