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Alt 13.01.2014, 19:30   #6
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hi Chavi,

da habe ich ja noch einen schönen Text von dir gefunden, auch wenn er eher melancholisch ist.
Doch er ist wirklich zum Teil sehr lyrisch und romantisch, ohne an Kitsch zu grenzen, bis auf eine Ausnahme, aber dazu später.

Also m. E. ist das eines deiner besten Gedichte und darum lohnt es sich, daran zu arbeiten.

Erich hat schon einige Vorschläge und notwendige Änderungen dagelassen.
Ich gehe jetzt gar nicht mal auf die metrische Kritik ein (da müsstest du nur mit unnötigen Adjektiven auffüllen, was auch keine Lösung wäre), möchte dir aber dennoch eine kleine sprachliche und stilistische Überarbeitung anbieten.

Zitat:
Die Nacht begann, sich an den Tag zu schmiegen,
da drangen leise Flötentöne an mein Ohr.
Ich sah die Birkenzweige sich im Winde wiegen,
die Welt kam mir auf einmal so verloren vor.
Diese Strophe ist ganz wunderbar, die bleibt wie sie ist.

Zitat:
Im Geiste sah ich ihn an meiner Seite gehen,
ein Bündel lila Zweige in der kühlen Hand.
Wir blieben oft am Rand des Feldes stehen
und spürten den Lavendelduft, der uns verband.
Hier bitte nicht die "kühle" Hand.
Setz einen anderen Begriff ein, denn in der nächsten Strophe kommt "kälter" und "Eis" und die Erinnerung in dieser Strophe ist doch eher eine positive.
Und kann man Lavendelduft wirklich "spüren"?

Zitat:
Die Küsse wurden mit den Jahren immer kälter,
das Feuer unsrer Liebe ist erstarrt zu Eis.

Und auch die Sträucher des Lavendel werden älter,
so schließt sich irgendwann der Lebenskreis.
Ich nehme das einmal als eine Strophe.
Der erste Teil ist in Ordnung.

Bitte ändere auf jeden Fall im zweiten Teil in "des Lavendels" oder "der Lavendel".
Ich finde auch die "Sträucher" hier nicht sehr passend. Wiki bezeichnet den "Echten Lavendel" zwar als Strauch, aber das klingt auch nicht so schön und wenn ich an Lavendel denke, dann sehe ich eigentlich immer nur die kleineren Pflanzen.


Zitat:
An lila Zweigen bricht sich letztes Licht,
der Staub der Jahre flirrt durch Zeit und Raum.
Gebrochner Schwur, der wie mit Nadeln sticht,
er geistert jede Nacht durch meinen Traum.
Mit der Strophe hadere ich etwas. Sowohl vom Inhalt, als auch vom Ausdruck her, denn sie kann mit den anderen nicht mithalten.
Besonders Zeile zwei finde ich arg dick aufgetragen und Zeile drei ist sprachlich nicht so gut gelungen, wie die anderen.
Auch das unnötige "er" am Anfang der vierten Zeile stört das Gesamtbild einer ansonsten sehr lyrisch gehaltenen und ungestelzten Sprache.

Zitat:
Noch immer höre ich die Flöte weinen,
die Nacht ergreift Besitz vom trüben Tag.
Erinnerungen leben auf nur an den Einen,
der viel zu unentschlossen war und zag.
Letzte Strophe wunderbar, die bleibt so, wie sie ist.

Überarbeitungsvorschlag:

Die Nacht begann, sich an den Tag zu schmiegen,
da drangen leise Flötentöne an mein Ohr.
Ich sah die Birkenzweige sich im Winde wiegen,
die Welt kam mir auf einmal so verloren vor.

Im Geiste sah ich ihn an meiner Seite gehen,
ein Bündel lila Zweige in der zarten Hand.
Wir blieben oft am Rand des Feldes stehen
und atmeten Lavendelduft, der uns verband.

Die Küsse wurden mit den Jahren immer kälter,
das Feuer unsrer Liebe ist erstarrt zu Eis.

Und auch die Blüten des Lavendels werden älter,
so schließt sich irgendwann der Lebenskreis.

An lila Zweigen bricht sich letztes Licht,
Lavendeldüfte füllen Zeit und Raum.
Gebrochen ist der Schwur, gespenstisch sticht
er jede Nacht mich nadelspitz im Traum.


Noch immer höre ich der Flöte Weinen, (wenn du magst)
die Nacht ergreift Besitz vom trüben Tag.
Erinnerungen leben auf nur an den Einen,
der viel zu unentschlossen war und zag.

Also ich finde, es lohnt sich wirklich, die paar Dinge auszumerzen, denn ansonsten ist der Text wirklich sehr, sehr schön geworden.


Gerne gelesen, "melancholisiert" und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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