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Alt 25.08.2012, 20:44   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus larin,

ich fange direkt wieder mit Schopenhauer an, der sagte: "Die Welt ist meine Vorstellung".

Und wer diesen Vorstellungen nicht entspricht, der wird manchmal argwöhnisch beäugt.
So ist es immer, wenn sich jemand etwas "traut", was von der sogenannten Norm abweicht.
Warum auch sollte man sich die Mühe des Verstehens machen? Ein Spinner ist eben ein Spinner und bleibt ein Spinner.
Das Hinterfragen und die Akzeptans bleiben dabei eben oft auf der Strecke.

(Ich selbst kann das gut nachvollziehen. Vor ein paar Jahren zog ich von NRW nach Ratzeburg. Im Gegensatz zu meiner Heimatstadt ist das ein kleines, verträumtes Nest. Dort angekommen ließ ich mir mehr als fünf Jahre die Haare wachsen und trug einen Zopf. Dazwischen auch schon mal ein Stirnband oder einen schwarzen Hut. Da wird man dann ganz leicht zum Anschauungsobjekt. Vor ca. fünf Wochen ließ ich mir den Zopf dann abschneiden und da ich ein Mensch der Extreme bin, die Haare direkt auf drei Millimeter kürzen. Jetzt hatten sich die Leute endlich an meinen Anblick gewöhnt und nun dies. ) Tja, so ist das wohl, wenn alte Zöpfe fallen. )

In der Großstadt ist das freilich noch viel extremer. Da fallen lange Haare bei einem Mann wohl nicht so auf, aber es gibt da noch weit mehr Kuriositäten zu beobachten.
Die Menschen einfach mal so zu nehmen, wie sie sich darstellen, kommt natürlich dem "normalen Spießbürger" nicht in den Sinn. Er ist gefangen in seinen ureigensten kleinen Dogmen und lässt eine Nähe erst gar nicht zu, denn sie könnte ja andere Ansichten offenbaren, die seine Weltordnung durcheinander bringen.
Und dabei hasst er nichts so sehr wie Veränderung, ja er fürchtet sich gar vor ihnen und so lässt er sie nicht oder nur gezwungenermaßen an sich heran.
Dabei wäre es so einfach und kann letztendlich nur bereichernd sein.

Der Text stellt am Ende als logische Schlussfolgerung die Frage, was von den vielen Eindrücken letztendlich wohl überbleibt.
Die Antwort darauf ist nicht einfach. Ich denke, je mehr Eindrücke ein Mensch erfahren hat, je offener er anderen Menschen gegenüber war, umso mehr wird sich festsetzen, denn wer sich von den menschlichen Eigenschaften abwendet hin zu einem anderen Ideal, der wird sich verlieren in dem Nichts, das er sich selbst geschaffen hat, denn mit ihm wird seine Welt und seine Vorstellung davon untergehen und aufhören zu existieren.

Das aber ist beileibe kein Grund zur Sorge, denn jeder hat vor seiner Existenz schon einmal eine Ewigkeit nicht existiert, also wird er die nächste wohl auch unbeschadet überstehen.

Und dann, ja dann vielleicht sind die erfahrenen Eindrücke zur Stelle und schimmern hier und da hindurch, um dieses Mal etwas Neues zu bewirken, wie auch immer.
Wir werden es erfahren oder auch nicht und dann ist es auch gut...

So oder so haben wir unsere Gegenwart und diese kann uns niemand nehmen.
Also soll jeder nach seiner eigenen Vorstellung glücklich werden, auch wenn uns manches vielleicht bemitleidenswert erscheint.


Ein nachdenklicher und sozialkritscher Text, auf den es leider keine pauschale Antwort geben kann.

Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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