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Alt 02.05.2011, 22:11   #27
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Moin Erich,

guter Ansatz, aber ich befürchte, du denkst die Denkfehler selbst hinein.

Das mag daran liegen, daß wir hier sicherlich nicht in der Lage sind, philosophische Abhandlungen zu verfassen, das würde nämlich Zeit und Rahmen sprengen, sondern lediglich die Oberfläche jener Thematik tangieren können, so daß meine Ausführungen vielleicht einen missverständlichen Charakter hatten.
Ich bin nämlich davon ausgegangen, daß wir über die Personifizierung der Thematik und gewisser daraus resultierender Eigenschaften schon längst hinaus seien, so daß ich nicht mehr jeden verwendeten Begriff erst näher erläutern müsste.

Der Begründung deiner Interpretation meiner verwendeten Termini würde ich sogar zustimmen, jedoch stimmen deine Auslegungen mit meiner zugrunde liegenden Intention nicht überein.

Das Konzept ist so zu verstehen:

Dieser Terminus ist gleichzusetzen mit einer Zusammenfassung gleicher oder vergleichbarer Beziehungen von Gegenständen oder Sachverhalten untereinander.

Du sagst:

Zitat:
Das Leben ist ein elektrochemischer Selbsterhaltungsprozess auf der Basis von Aminosäuren, der nach Milliarden Jahren der "Verfeinerung" ein Bewußtsein entwickelt hat, das noch sehr fehlerhaft und unfertig ist und deshalb keine Erklärung für sich selbst hat.
Betrachten wir einmal den fettgedruckten Teil deiner Aussage näher:

Selbstverständlich können wir Aminosäuren mit chemischen und physikalischen Methoden analysieren und Aussagen über Reaktion und Verhalten dieser organischen Verbindungen treffen.
Aber ihre eigentliche Substanz (hier: das selbstständige oder wesentliche Seiende) können wir nicht ermitteln.
Die Aussage " Das Leben ist ein elektrochemischer Selbsterhaltungsprozess" bleibt aber zu oberflächlich, denn der genannte Prozess beinhaltet lediglich die Aufrechterhaltung des Organismus' durch das vegetative Nervensystem, sowie die Wahrnehmung innerer und äußerer Vorgänge als einen unbewussten Vorgang.
Die Umwandlung von elektrochemischen Reizen der Großhirnrinde in optische, akustische und andere Wahrnehmungen ist ebenfalls ein autonom ablaufender Prozess.
Von dem aber, was diesen Prozess erzeugt und in Gang hält, wissen wir gar nichts, denn wenn es so einfach wäre, könnten wir künstliches Leben erschaffen, was aber definitiv nicht der Fall ist.
Wenn wir diese Aussage, trotz aller eingeworfenen Bedenken, jetzt aber einmal zugrunde legen, dann ergibt sich daraus, daß dieser Prozess nur unter bestimmten Bedingungen aufrecht erhalten werden kann.
Und hier kommt nun wieder das Konzept zum Tragen, nämlich die Zusammenfassung gleicher oder vergleichbarer Beziehungen von Gegenständen oder Sachverhalten untereinander.
Nun bräuchten wir also ein gemeinsames Merkmal, das ganz klar zu definieren ist:

Eine Eigenschaft der Menge aller (uns bekannten) Lebewesen ist, dass jedes Element dieser Menge Wasser zur Selbsterhaltung benötigt.

Somit muss zumindest diese Voraussetzung gegeben, also "konzeptioniert" sein.

Jetzt kommen wir zum Willen.

Bei diesem Terminus müssen wir unterscheiden zwischen dem individuellen Willen und dem Weltwillen.
Im Gegensatz zum menschlichen (individuellen) Willen, der ein geistiger Akt ist, von dem ein Impuls zur Verwirklichung bestimmter Ziele ausgeht, steht der Weltwille. Dieser ist absolut blind und vernunftslos und stellt die Urkraft und somit das Wesen der Welt dar, die damit zum Erzeugnis eines grundlosen Willens wird.

Der Wille an sich ist nach den Gegebenheiten seines Wirkens abzustufen und ist Ursache, wenn die Wirkung diesem gemäß ist, wie z. B. beim elastischen Stoß, ist Reiz, wenn die Wirkung ein Energiepotential entlädt, und schließlich Motiv, wenn die Wirkung als Umsetzung bestimmter Absichten berechnet wurde.
In diesen Formen also bestimmt der Wille alle Vorgänge der organischen und anorganischen Natur. Er objektiviert sich in der Erscheinungswelt als Wille zum Leben und zur Fortpflanzung. (Frei nach Arthur Schopenhauer)

Ich hoffe, die Verwendung dieser Termini nun klar dargestellt zu haben und verweise daher noch einmal auf meinen vorhergehenden Eintrag.

Ich gehe auch davon aus, daß der Mensch ein absolutes Zufallsprodukt ist, obwohl wir nicht wissen können, ob unter ähnlichen Bedingungen und Umständen auf anderen Planeten eine vergleichbare Evolution stattgefunden haben könnte.
Trotz allem bleibt der Mensch, nach unseren jetzigen Erkenntnissen, das komplexeste und komplizierteste Konstrukt der Natur, dem wir durchaus Hochachtung schenken und nach den Ursachen seiner Entstehung forschen sollten. Ursache und Wirkung bleibt daher eine wunderschöne Phrase, mehr aber auch nicht.
Zitat:
Es gab nie eine "Schöpfung" als bewußten Akt.
Das habe ich auch nirgendwo behauptet.
Zitat:
Der Zusammenschluss mehrerer Molekülketten funktionierte einfach "besser" in punkto Selbsterhalt, und die Möglichkeit der Zellteilung (Klonung) schuf bessere Bedingungen zum Erhalt derselben - Masse macht's!
Worin liegt die Ursache dessen begründet, wenn nicht durch den Willen in der Natur und woher kam die erste Zelle? Es muss defacto eine Urzelle gegeben haben.
Zitat:
Die Teilung in Geschlechter funktionierte besser, da eine gewisse genetische Bandbreite eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit bietet, deshalb setzte sich dieses Konzept - zumindest für höhere und daher für Veränderungen anfälligere Lebensformen - durch.
Dieser Aussage stimme ich zu. Sie setzt aber wiederum einen Willen in der Natur voraus, denn hier ist schon eine Entscheidung gefallen und zwar weg von der simplen Zellteilung hin zur Geschlechterteilung. Da du dies selbst schon als Konzept bezeichnest, bist du auf dem richtigen Weg.
Zitat:
"Belebung" ist also nichts weiter als ein zufällig entwickelter elektrochemischer Prozess, der als simple Reaktion von Molekülketten begann und sich evolutionär fortsetzte.
Diese simple Reaktion von Molekülketten muss aber wiederum eine Ursache gehabt haben, denn jedes Sein oder Erkennen kann und/oder soll in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden.
Was war also der Auslöser?
Zitat:
Daher ist das Herstellen von Leben nur eine Frage der Zeit und des angesammelten Wissens.
Diese Aussage bleibt rein spekulativ, denn noch fehlt dieses Wissen, weil uns der Zugang zur Substanz (hier wieder: das selbstständige oder wesentliche Seiende s.o.) nach wie vor versperrt ist. Wir besitzen bisher weder einen Schlüssel, noch haben wir das dazugehörige Schlüsselloch gefunden.
Und mit simpler Technik kommen wir hier nicht weiter, weil das nicht vergleichbar ist, mit den Möglichkeiten eines bemannten Raumflugs oder der Computertechnik.
Ich will nicht behaupten, daß es unmöglich sei, aber dies ist noch ein weiter Weg. Eher haben wir "überlichtschnelle" Raumschiffe entwickelt, weil dies auf dem physikalischen Wege geschehen würde.
Solange wir das Phänomen "Leben" aber nicht entschlüsselt haben, bleibt es metaphysisch.
Zitat:
Zu unterstellen, nur, weil wir es noch nicht ganz verstehen und nicht können, wäre da irgendein diffuser höherer Plan am Werk, ist hochgradig unzulässig, wenn man auf dem vielbesungenen Boden der Objektivität bleiben will.
Ich habe nirgendwo von einem höheren Plan gesprochen, lediglich von einem Konzept, was ich weiter oben erläuterte.
Zitat:
Es liegt also keineswegs "auf der Hand", dass da "noch irgendetwas" sein muss.
Selbstverständlich liegt es auf der Hand, daß da noch irgendetwas sein muss. Wenn dem nicht so wäre, wüssten wir ja alles.
Da wir das aber nicht wissen, bleibt mir keine andere Möglichkeit dies als "Irgendetwas" zu bezeichnen. Daß ich damit keine Magie oder irgendwelche anderen Fantasmen gemeint habe, sollte eigentlich klar sein.
Doch solange dieses "Irgendetwas" sich vor unseren Sinnen versteckt, gehört es eindeutig zum Supranaturalismus, weil wir hier mit dem gesunden und sonst normalen Rationalismus einfach (noch) nicht weiterkommen, da uns die genannte Voraussetzung für ein erkenntnistheoretisches Fundament schlicht und einfach fehlt.
Zitat:
So zumindest würde ein Naturwissenschaftler die Welt erklären, würde ich meinen.
Du hast, stark vereinfacht versteht sich, eigentlich schon gut dargestellt, wie Leben funktioniert, doch wir drehen uns im Kreise, weil wir die auslösenden Ursachen und das "Warum" es funktioniert, immer noch nicht zufriedenstellend geklärt haben.
Simple elektrochemische Prozesse mögen vielleicht in der Galvanotechnik zum Erfolg führen, jedoch reichen sie bei Weitem nicht aus, um Leben zu erzeugen, zu erhalten und dieses vom Grunde aus zu erklären.

Soviel erst einmal zu meinen Denkfehlern...


Liebe Grüße

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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