Thema: Ferne Flamme
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Alt 27.12.2010, 12:07   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Walther!

Vielen Dank für dein begeistertes "Mitleiden"!

Von wegen deinem Vorschlag:
Ich gebe dir Recht, dass dieses Wort dem von dir angeführten ähnlich klingt. Allerdings ist es ein relativ "neuer" Begriff, also bin ich - als "alter Kämpe" - gar nicht auf diese Idee gekommen.
Warum ich es dennoch so belassen will?
Hör mal auf die Wortmelodie! Was klingt weicher, lyrischer: Funken oder Gluten!?
Klar, das "G" vorn und das lange "u" lesen sich weicher, angenehmer, der lyrischen Stimmung angemessener. Find ich eben.
Hingegen dein Vorschlag? Ein fauchendes "F", ein kurzes "u", welches das "k" umso härter hervortreten lässt!
Sei mir also bitte nicht bös, wenn ich in diesem Fall das Risiko einer "Verwechslung" lieber in Kauf nehme! Ich bin eben ein alter "Klangjunkie" - für mich sind Sprachmelodie und Reimschema fast noch wichtiger als der Inhalt, weil bei mir eben die Schönheit der Sprache an sich immer im Vordergrund steht!
Deshalb bringt mich Rilke zum Weinen, und nur deshalb schreibe ich selbst: Bescheidene Versuche, seine Wortmagie auch nur annähernd zu erreichen!

Sozialkritisches Hinterfragen und flammende Aufrufe an die menschliche Geistestätigkeit sind für mich zweitrangig! Wenn sie die Reinheit und Schönheit der Sprache nicht transportieren, sind sie für mich nur Gebrabbel, Gewäsch, auch wenn ihr Ansinnen noch so wahr und gerechtfertigt sein mag.

Nur über die Melodie der Sprache, diese fast unterbewußt wirkende Magie der Lyrik, erreichen Inhalte letztlich das Herz des Hörers und vermögen ihn innerlich zu bewegen, gar zu zerbrechen - alles andere ist oberflächliche Hirnwichserei!

Ich maße mir allerdings nicht an, solches zu können! Lies Rilke, dann begreifst du, was ich meine. Nicht nur ein oder zwei der eben sattsam bekannten Werke, nein. Tauche richtig ein! Lies: "Mir zur Feier", "Dir zur Feier", " Das Buch der Bilder", "Neue Gedichte", "Der neuen Gedichte anderer Teil", "Das Stundenbuch", "Sonette an Orpheus", usw...
Am besten, du legst dir gleich das Gesamtwerk zu: Gibt's sehr schön beim Inselverlag! Ja, okay, er hat seeehr viel religiösen Schmonzes geschrieben, den man heutzutage als Kitsch bezeichnen könnte, wenn man ihm und seinem reinen Empfinden nicht geneigt ist. Aber selbst darin erkennt man in jeder Zeile seine geradezu geniale Sprachbeherrschung, die ans Magische grenzt!

Ich bin überzeugt, dass Rilke das Beste geschaffen hat, wozu die deutsche Sprache je fähig sein wird! Soviel dazu! Ich hoffe, diese etwas ausufernd geratene Lobeshymne hat dich nicht allzu sehr gelangweilt. Bin etwas ins Plaudern geraten...

LG, eKy
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