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Alt 28.11.2015, 11:27   #10
wolo von thurland
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Hallo Sidgrani

Die ganze Entwicklung und Umarbeitung hier ist echt spannend. Könnte man von A bis Z in ein Schulbuch über "engagierte Gedichte" abdrucken, mit Gewinn für Lehrer wie Schüler.

Nun bin ich allerdings ein Fan von Metaphern, auch wenn sie mir selber normalerweise nicht gut "in der Hand liegen". Deshalb sähe ich kein Problem, wenn "der Dolch" hier weiterhin in ganzer Schärfe vorkäme, sofern man jeden Zweifel an der echten Meuchelabsicht des Lyrischen Ichs ausräumen könnte. (Welche bei Schiller hinwiederum einen wichtigen Teil der Dichtung darstellte.)

Der Missgriff mit dem Wort Bourgeoisie, welcher für die meisten Leser nicht mal Sinn ergibt, schädigt auch die Dolch-Metapher.

Aber wenn der bereinigt ist, könnte auch der Dolch bestehen bleiben, z.B. so:

Ich stoße diesen Dolch ins Mark
der Missgunst und der Apathie.
Wann wird die Liebe endlich stark
und zwingt den Wahnsinn in die Knie?

Wann blitzt der Dolch in eurer Hand?
Wann siegt das Herz, zwingt's den Verstand?
Durchtrennt nun fauliges Geflecht!
Barmherzigkeit wiegt mehr als Recht!

So müsste m.E. der Dolch unzweideutig als Waffe des Geistes (oder der Emotionen) verstanden werden können.
Dein Gedicht handelt ja gerade davon, dass die Liebe, die Gute Absicht, das Herz zu wenig ausrichten und fragt: Wann ist es endlich so weit, dass die drei genügend Schärfe und Durchsetzungskraft erreichen?
Darum finde ich dieses Dolchproblem (welches ich bei deiner Originalfassung durchaus auch habe) so interessant.

Gruss
Wolo

edit: Ich dachte eigentlich, s1 biis s3 mehr oder weniger wie im Original zu belassen. Aber Bodos neu hinzugefügte Idee (s.u.) macht irgendwie auch Sinn.

Geändert von wolo von thurland (29.11.2015 um 10:24 Uhr)
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