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Alt 13.07.2014, 05:11   #75
Lailany
Kiwifrüchtchen
 
Benutzerbild von Lailany
 
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Aus
"Hugdietrichs Brautfahrt" von Wilhelm Hertz.

Dieser Auszug fasziniert mich deshalb so sehr, weil er eindrucksvoll die Kraft der Bildersprache demonstriert.
Aus der schier überwältigenden Fülle der hier in 28 Kurzzeilen geschilderten Eindrücke und Einzelheiten ließe sich ein exquisites Gemälde schaffen. In solchen Momenten wünsche ich mir nichts sehnlicher, als malen zu können.

Sie trug ihn am Gestad entlang
Und glitt durch einen Felsengang.
Der mündete nach kurzer Zeit
In eine Grotte hoch und weit.
Still kreist die Fluth mit dichtem Schaum,
Und grüne Dämm'rung füllt den Raum;
Nur durch der Wölbung Ritzen bricht
In Streifen goldnes Tageslicht.
Doch durch die Pfeilerhallen,
Da geht ein seltsam Schallen,
Ein Klimpern und ein Klirren,
Ein Schnurren und ein Schwirren:
Es sitzt mit schilfdurchflocht'nem Haar
Am Webstuhl rings der Nixen Schar.
Die Stühle sind von schlankem Bau,
Korallenroth und veilchenblau,
Die Muschelschifflein hüpfen,
Die Perlenfäden schlüpfen,
Und von des Meersterns Spule rollt
Melodisch das geschmeid'ge Gold.
Sie weben Schleier und Gewand,
Zu fein der feinsten Menschenhand.
Sie weben Mäntel ohne Gleichen,
Unschätzbar in der Erde Reichen,
Mit lichten Wappenschildern
Und wundersamen Bildern
Aus uralt dunkeln Sagen
Von längst vergess'nen Tagen.
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"Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal

Geändert von Lailany (15.07.2014 um 06:43 Uhr)
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