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Alt 24.04.2021, 00:52   #3
AAAAAZ
Wortgespielin
 
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Hi MakaVeli,

Wir sprechen über ein Gedicht:
dh. Verdichtung eines Themas, unter Anwendung von lyrischen Mitteln, mit sprachlicher Reduktion und Konzentration, um den Leser bestenfalls auf einer Metaebene anzusprechen.
So hatte ich während des Lesens von "Monster oder so" genau auf diese Raffinesse des Verfassers gehofft, die ich von Gedichten erwarte. Jedoch der Text endet so, wie er sich schon nach wenigen Zeilen andeutet. Es ist wie der Witz, dessen Pointe von Anfang an klar ist Aber genau das macht einen Witz im Grunde witzlos und deinen Text langatmig. Auch als Vers libre kann ich unter dem Oberbegriff von Lyrik deinen Zeilen nicht viel abgewinnen. Da hilft es auch nicht, wenn gedichtähnliche Zeilenumbrüche dem ganzen so etwas wie ein gedichtähnliches Outfit verpassen wollen.

Dabei hat der Inhalt durchaus Sprengkraft, weshalb der Text in meinen Augen prosaisch wiederum gut funktioniert. Täter und Opfer werden stilisiert beschrieben und dynamisch entwickelt. In der Fokussierung auf die Geschichte und Entwicklung eines " Monsters" findet sich die beteiligte Gesellschaft auf der Anklagebank wieder. Das ganze liest sich wie eine konsekutive soziologische Fallbeschreibung.
Verbunden mit der Subjektivität des Autoren spricht der Text Gefühlswelten an, und durch den Einsatz von Wiederholungsmomenten vermag er die Betroffenheit beim Leser zu erhöhen und zu emotionalisieren. Der gesellschaftskritische Ansatz bleibt bei allem unüberhörbar. Manchem könnte das viel zu plakativ erscheinen, mich spricht es an.
Die Stärke des Textes liegt m.Ea. darin, dass er trotz aller Subjektivität auf politische Forderungen verzichtet. Der Leser darf auf jeden Fall noch seine eigenen Schlüsse und Bewertungen vornehmen. Und das ist schon viel.
Grüße, AZ

Geändert von AAAAAZ (24.04.2021 um 02:01 Uhr)
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